Leitsatz (amtlich)
Erhebt der Zweitschuldner, der mehr als 4 Jahre nach dem Schluss des Jahres, in dem das Verfahren beendet worden ist, auf Zahlung der Gerichtskosten in Anspruch genommen worden ist, die Einrede der Verjährung, hat der Kostenbeamte zu ermitteln, wann erstmals eine Vollstreckung gegen den Erstschuldner erfolglos geblieben bzw. aussichtslos erschienen ist.
Normenkette
GKG §§ 5, 31
Verfahrensgang
LG Hannover (Beschluss vom 23.04.2012; Aktenzeichen 25 O 54/06) |
Tenor
Auf die als Beschwerde geltende sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 11.5.2012 werden der am 30.4.2012 zugestellte Beschluss des Vorsitzenden der 5. Kammer für Handelssachen des LG Hannover vom 23.4.2012 und die Nichtabhilfeentscheidung der Kostenbeamtin vom 28.3.2012 aufgehoben.
Die Sache wird an die Kostenbeamtin zur erneuten Entscheidung über die Abhilfe hinsichtlich der Erinnerung des Antragstellers vom 22.3.2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Antragsteller, der im zugrunde liegenden einstweiligen Verfügungsverfahren einen Beschluss vom 26.5.206 erwirkt hat, in dem die Kosten des Verfahrens dem Antragsgegner auferlegt worden sind, wendet sich mit der Beschwerde gegen die Zurückweisung seiner Erinnerung gegen die Kostenrechnung vom 14.3.2012, mit der er als Zweitschuldner für die angefallenen Gebühren gem. Nr. 1311 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG auf Zahlung von 588 EUR in Anspruch genommen wird. Mit dem am 14.3.2012 eingegangenen Schreiben vom 7.3.2012 hatte die Zentrale Vollstreckungsstelle der Oberfinanzdirektion N. zuvor mitgeteilt, dass die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Antragsgegners und Entscheidungsschuldners erfolglos geblieben sei bzw. aussichtslos erscheine.
Der Antragsteller erhebt die Einrede der Verjährung und vertritt die Ansicht, dass der Landeskasse die wegen des Zeitablaufs von rund 6 Jahren zu vermutende frühere Kenntnis der Oberfinanzdirektion hinsichtlich der zu vermutenden Erfolglosigkeit eventueller Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Erstschuldner anzulasten sei.
Die durch den Bezirksrevisor vertretene Landeskasse hat auf fernmündliche Nachfrage mitgeteilt, dass sie auch für das Beschwerdeverfahren an ihrer im Erinnerungsverfahren abgegebenen Stellungnahme vom 30.3.2012 festhalte.
II. Die gem. § 66 Abs. 2 GKG zulässige Beschwerde hat in der Sache vorläufigen Erfolg.
Zwar hat das LG die Erinnerung des Antragstellers als das gemäß § 66 Abs. 1 GKG zuständige Gericht des ersten Rechtszuges durch den Vorsitzenden Richter der Kammer für Handelssachen, der insoweit nicht als Einzelrichter zu entscheiden hatte, zu Unrecht mit der Erwägung zurückgewiesen, dass die Verjährungsfrist für den Zweitschuldner nicht vor der Kenntniserlangung der Landeskasse von dem Schreiben der OFD N. vom 7.3.2012 über die erfolglose Vollstreckung gegen den Erstschuldner habe beginnen können.
Eine endgültige Entscheidung über die Erinnerung kann jedoch erst erfolgen, wenn die Kostenbeamtin ermittelt hat, wann die tatsächlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Antragstellers als Zweitschuldner gem. §§ 31 Abs. 2 Satz 1, 22 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. §§ 8, 33 Abs. 2 KostVfg eingetreten sind.
1. Der Senat teilt die Auffassung des OLG Düsseldorf (vgl. BeckRS 2010, 04544), dass der Lauf der vierjährigen Verjährungsfrist gemäß § 5 Abs. 1 GKG für den Zweitschuldner regelmäßig nicht bereits mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem das Verfahren beendet worden ist, also hier mit dem 31.12.2006, sondern erst mit dem Vorliegen der Voraussetzungen des §§ 31 Abs. 2 GKG, 8 Abs. 1 KostVfg. Nach dieser zwingenden Vorschrift soll der neben dem Erstschuldner gem. § 30 Abs. 1 GKG als Gesamtschuldner haftende Zweitschuldner erst dann in Anspruch genommen werden, wenn eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Erstschuldners erfolglos geblieben ist oder aussichtslos erscheint. Die Inanspruchnahme des Zweitschuldners ist mithin nur zulässig, wenn sich seine Sekundärhaftung dadurch in eine Primärhaftung umwandelt, dass der Erstschuldner zahlungsunfähig ist (vgl. Oestreich, GKG, 2010 § 5 Rz. 4).
Der Senat lässt es in Übereinstimmung mit dem OLG Düsseldorf (a.a.O.) offen, ob § 31 Abs. 2 GKG die Wirkung einer aufschiebenden Bedingung oder einer gesetzlichen Stundung zukommt. In beiden Fällen beginnt die Verjährungsfrist für den Zweitschuldner nicht vor Eintritt der Voraussetzungen für eine Zweitschuldnerinanspruchnahme zu laufen. Die Verjährungsfrist, auf die gem. § 5 Abs. 3 GKG die Vorschriften des BGB anzuwenden sind, mag zwar durch ein gesetzliches Leistungsverweigerungsrecht gem. § 205 BGB nicht gehemmt sein (vgl. OLG Celle - 19. OLG Celle - JurBüro 2008, 324). Sie beginnt jedoch gem. § 199 BGB nicht vor dem Entstehen des Anspruchs. Dies setzt entweder den Eintritt der Bedingung für die Inanspruchnahme des Zweitschul...