Entscheidungsstichwort (Thema)
Umgangsregelungsverfahren: Gerichtliche Sachaufklärung bei Umgangsausschluss wegen Kindeswohlgefährdung; Mutwilligkeit eines Verfahrenskostenhilfeantrags für eine Besuchsregelung nach Tötung der Kindesmutter
Leitsatz (amtlich)
1. Die Tragweite eines Umgangsausschlusses wegen Kindeswohlgefährdung im Sinne von § 1684 Abs. 4 Satz 2 BGB und dessen verfassungsrechtliche Dimension stellt besondere Anforderungen auch an die gerichtlich gemäß § 26 FamFG gebotene Sachaufklärung und kann Anlass für eine sachverständige Begutachtung geben (im Anschluss an OLG Saarbrücken, Beschluss vom 25.8.2014 - 6 UF 64/14).
2. Ein VKH-Gesuch kann mutwillig sein, wenn mit dem Verfahren eine Neuregelung des Umgangs mit dem Kind angestrebt wird, die durch ein schwerwiegendes und zielgerichtetes Fehlverhalten des umgangswilligen Elternteils (Tötung der Kindesmutter) erforderlich wurde.
Normenkette
BGB § 1684 Abs. 4 S. 2; FamFG §§ 26, 76; GG Art. 6 Abs. 2; ZPO § 114
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Hannover vom 17.12.2014, mit welchem ihm die beantragte Verfahrenskostenhilfe versagt wurde, wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsteller, der wegen Totschlags zum Nachteil seiner Ehefrau (zugleich Mutter des betroffenen Kindes) und wegen gefährlicher Körperverletzung durch Urteil des LG Hannover vom 16.5.2014 zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren verurteilt wurde, ist der Vater des am 3.9.2011 geborenen Kindes A. Im vorliegenden Verfahren begehrt er - nach Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe - die Regelung von Umgangskontakten zwischen ihm und dem Kind, das seit der Tat in einer Pflegefamilie lebt. Eine Tante sei bereit, das Kind zum Antragsteller in die Justizvollzugsanstalt zu bringen.
Aus dem landgerichtlichen Strafurteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten ergänzend Bezug genommen wird, lassen sich folgende Hintergründe zur Tat und zum Tatablauf entnehmen: Die Kindeseltern lebten bis zur Trennung Anfang 2013 zusammen in Hannover. Nach der Trennung kam es zunächst zu Streitigkeiten um das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Umgangsrecht für den Sohn. Nach Einschaltung des Jugendamtes und des Familiengerichts einigten sich die Eltern auf einen wöchentlichen Wechsel in der Betreuung des Kindes. Nachdem der Antragsteller allerdings mit einem Niederbrennen des Kindergartens und einer Entführung des Sohnes gedroht hatte, erwirkte die Kindesmutter am 16.8.2013 eine einstweilige Anordnung, wonach sich der Antragsteller ihr und dem Kindergarten nicht mehr nähern durfte und er den Sohn nur unter Aufsicht des Jugendamts sehen sollte. Dennoch kam es Ende September 2013 zu einem körperlichen Übergriff des Antragstellers gegen die Kindesmutter. Im Rahmen eines familiengerichtlichen Verfahrens einigten sich die Eltern am 8.10.2013 auf ein 14-tägiges Umgangsrecht des Antragstellers mit dem Sohn von Freitags bis Montags und in den dazwischen liegenden Wochen von Montag auf Dienstag. Ab dem 1.1.2014 sollte erneut ein wöchentliches Wechselmodell praktiziert werden.
Am 29.10.2013 sagte die Kindesmutter kurzfristig zum Ärger des Antragstellers eine Verabredung mit ihm ab. Am späten Abend nahm der Antragsteller u.a. ein Klappmesser sowie eine metallene Klimmzugstange an sich und begab sich zu Fuß zur 5 km entfernt liegenden Wohnung der Kindesmutter, um diese zu töten. Die Kindesmutter hatte sich mit ihrem neuen Lebensgefährten und dem Sohn bereits im gemeinsam genutzten Schlafzimmer hingelegt, als der Antragsteller schließlich gewaltsam über den Balkon in die Wohnung einbrach, die Tür zur Schlafzimmertür aufriss und dort das Licht einschaltete. Den Lebensgefährten der Kindesmutter prügelte der Antragsteller mithilfe der Klimmzugstange aus der Wohnung und schloss sodann von innen die Wohnungstür ab. Er schlug sodann teils mit der Stange auf die Kindesmutter massiv und mehrfach ein, würgte sie und fügte ihr schließlich in der Küche tödliche Schnittverletzungen mit einem Fleischermesser zu. Als die Polizei eintraf, fand diese den am ganzen Körper zitternden und apathisch wirkenden Antragsteller im Schlafzimmer auf dem Boden sitzend mit dem Sohn auf dem Arm. Das LG stellte eine vorsätzliche Tötung durch den Antragsteller fest, dessen Hauptmotiv nach sachverständigen Ausführungen die gefühlte Sorge um das Wohlergehen des Sohnes gewesen sei. Eine verminderte Schuldfähigkeit des Antragstellers nach § 21 StGB wurde von der Kammer verneint.
Das AG hat die begehrte Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für das Umgangsverfahren mangels Erfolgsaussichten zurückgewiesen. Ein Umgang zwischen dem Antragsteller und dem Kind würde aktuell das Kindeswohl gefährden. Dem Kind sei es jedenfalls im jetzigen Alter nicht zuzumuten, sich mit d...