Verfahrensgang
LG Stade (Aktenzeichen 1 O 221/19) |
Tenor
1. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf bis zu 550.000 EUR festgesetzt.
2. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass eine Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO nicht in Betracht kommen dürfte, da die Ausführungen des Landgerichts zur Haftung der Beklagten zu 3 dem Grunde nach zwar nicht zu beanstanden sind (dazu unter I.), der Tenor aber aus anderen Gründen (dazu unter II.) abzuändern wäre.
3. Termin zur mündlichen Verhandlung wird bestimmt auf Donnerstag, den 16. Februar 2023, 11:00 Uhr, Saal 150.
4. Zur Stellungnahme zu den nachfolgenden Ausführungen wird den Parteien sowie den Nebenintervenientinnen eine Frist von 6 Wochen gesetzt.
Gründe
I. Soweit die Beklagte zu 3 mit ihrer Berufung (allein) ihre Verurteilung zur Freistellung der Klägerin von ihrer Schadensersatzverpflichtung gegenüber der Nebenintervenientin zu 2. wegen der Beschädigung der beförderten PKW angreift, ist die Begründung des Landgerichts nicht zu beanstanden.
Das Landgericht hat seine Verurteilung der Beklagten zu 3 insoweit darauf gestützt, dass die Beklagte zu 3 als ausführende Frachtführerin gemäß §§ 425 Abs. 1, 437 HGB hafte und dass ein Haftungsausschluss nach § 426 HGB nicht in Betracht komme, weil sich die Beklagte zu 3 das Verschulden des Fahrdienstleiters der Beklagten zu 1 als Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 428 HGB zurechnen lassen müsse und die Beschädigung des Frachtgutes somit nicht unvermeidbar gewesen sei.
Dies hält nach Maßgabe der folgenden Ausführungen dem Berufungsangriff der Beklagten zu 3 stand:
1. Zutreffend ist das Landgericht zunächst davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 3 bei der Beförderung der streitgegenständlichen PKW als ausführender Frachtführer im Sinne des § 437 HGB agierte. Einen Frachtvertrag haben die Klägerin und die Beklagte zu 3 nicht abgeschlossen, sondern erfolgte der Vertragsschluss vielmehr im Verhältnis der Klägerin zur Nebenintervenientin zu 1 als Hauptfrachtführerin, während die spätere Beklagte zu 3 als "Enkelgesellschaft" der Nebenintervenientin zu 1 von dieser mit der tatsächlichen Transportdurchführung beauftragt wurde.
2. Der ausführende Frachtführer haftet dem Absender (hier der Klägerin) gemäß § 437 Abs. 1 S. 1 HGB wie der Frachtführer selbst, mithin für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes oder durch Überschreitung der Lieferfrist während der durch ihn ausgeführten Beförderung entsteht. Soweit die Klägerin und die Beklagte zu 3 darüber hinaus unstreitig (auch) durch den Allgemeinen Vertrag für die Verwendung von Güterwagen (AVV) miteinander verbunden sind, begründet dieser zugunsten der Klägerin keine zusätzliche oder alternative Haftung für die PKW-Schäden. Denn dieser regelt allein die Haftung für die Beschädigung der Güterwagen selbst (Art. 22 AVV), was Gegenstand des Tenors zu 1 und der diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts im angegriffenen Urteil, nicht aber Gegenstand der Berufung ist.
3. Zur Beschädigung bzw. Zerstörung der PKW kam es ferner während des Obhutszeitraums der Beklagten zu 3, nämlich im Sinne des § 425 HGB zwischen der Übernahme der Fahrzeuge und der Ablieferung beim Empfänger.
4. Zu Recht hat das Landgericht ferner den Haftungsausschluss nach § 426 HGB verneint. Insoweit hat es, was die Berufung einzig angreift, die Beklagte zu 1 wie auch den Fahrdienstleiter als Erfüllungsgehilfen der Beklagten zu 3 qualifiziert. Der Senat teilt auch diese Auffassung des Landgerichts:
a) Der ausführende Frachtführer hat für seine Leute wie auch für andere Personen, die er zur Ausführung der Beförderung einschaltet, ebenso einzustehen wie der vertragschließende. Auch für ihn gilt mit anderen Worten die Zurechnungsnorm des § 428 HGB (Herber/Harm in: Münchener Kommentar zum HGB, 4. Auflage 2020, § 437 Rn. 40).
b) Das Landgericht hat angenommen, dass sich die Beklagte zu 3 sowohl der Beklagten zu 1 als Eisenbahninfrastrukturunternehmen als auch ihres Fahrdienstleiters im Sinne des § 428 S. 2 HGB bei der Ausführung der Beförderung bedient hat. Dies hält einer rechtlichen Überprüfung stand:
aa) Der Senat verkennt nicht, worauf die Berufung insbesondere hinweist, dass die Beklagte zu 3 aufgrund der Monopolstellung letztlich keine andere Wahl hat als die Infrastruktur der Beklagten zu 1 einschließlich der von dieser eingesetzten Fahrdienstleitung zu nutzen. In der Tat wird der fehlende Einfluss - etwa bei Beamten oder anderen Bediensteten von Behörden - als Argument dafür herangezogen, dass diese nicht als Erfüllungsgehilfen im Sinne des § 428 S. 2 HGB gelten (Herber/Harm, a.a.O. Rn. 41; Schaffert in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 4. Auflage 2020, § 428 Rn. 8 m.w.N.). Allerdings hat der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Haftungszurechnung des Verschuldens des Eisenbahninfrastrukturunternehmens zulasten des Eisenbahnverkehrsunternehmens in seinem Urteil vom 17. Januar 2012 - X ZR 59/11, juris Rn. 11 - 14 - indes im Bereich der Personenbeförderung - bereits ausd...