Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhebt der Beklagte eine Drittwiderklage (negative Feststellungsklage) gegen den Zedenten der Klageforderung

 

Leitsatz (amtlich)

Erhebt der Beklagte eine Drittwiderklage (negative Feststellungsklage) gegen den Zedenten der Klageforderung, so hat der Zedent bei einem sofortigen Anerkenntnis nur dann die Kosten der Drittwiderklage zu tragen, wenn er sich vorgerichtlich des Anspruches berühmt hat. Für ein Sich-Berühmen genügt die isolierte Abtretung auch dann nicht, wenn sie an den klagenden Ehepartner erfolgt.

Eine Motivforschung, ob die Abtretung aus prozesstaktischen Erwägungen erfolgt sein könnte, ist nicht geboten. Dass unter Veranlassung i.S.d. § 93 ZPO auch isoliert prozesstaktische Erwägungen fallen, ist der Vorschrift nicht zu entnehmen. Es ist dem Gesetzgeber vorbehalten, ob und inwieweit er ein derartiges Verhalten kostenrechtlich sanktionieren will.

 

Normenkette

ZPO §§ 93, 99 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 22.05.2014; Aktenzeichen 8 O 70/13)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Drittwiderbeklagten vom 5.6.2014 wird das Schlussurteil des LG Hannover vom 22.5.2014 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 14.7.2014 im Kostenausspruch (Tenor Ziff. 1.) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Gerichtskosten tragen der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte.

Der Kläger trägt 50 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten.

Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf die Wertstufe bis 1.500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. 1. Die sofortige Beschwerde ist gem. § 99 Abs. 2 S. 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

2. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Die Beschwerdegegnerin hat gem. § 93 ZPO die Kosten des Rechtsstreits hinsichtlich der von ihr erhobenen negativen Feststellungsklage zu tragen, weil die Beschwerdeführerin durch ihr Verhalten zur Erhebung der Klage keine Veranlassung gegeben und den Anspruch sofort anerkannt hat. Soweit das LG von einer Klageveranlassung seitens der Beschwerdeführerin aufgrund der Abtretung ihrer vom Kläger geltend gemachten Schadenersatzansprüche ausgegangen ist, vermag dem der Senat nicht zu folgen.

Veranlassung zur Klage hat ein Beklagter gegeben, wenn sein Verhalten vor Prozessbeginn ohne Rücksicht auf sein Verschulden und die materielle Rechtslage gegenüber dem Kläger so war, dass dieser annehmen musste, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen (Herget in Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 93 Rz. 3 m.w.N.; Bork in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2004, § 93 Rz. 13; Lackmann in: Musielak, ZPO, 11. Aufl. 2014, § 93 Rz. 2), mithin ein Verhalten gegeben ist, welches vernünftigerweise den Schluss auf die Notwendigkeit eines Prozesses rechtfertigt (Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 71. Aufl. 2013, § 93 Rz. 29 m.w.N.). Daraus folgt, dass es für die Frage, ob der Beklagte Anlass zur Klage gegeben hat, auf sein Verhalten vor dem Prozess ankommt (BGH, Beschl. v. 28.9.2006 - IX ZB 232/04, zitiert nach juris, Rz. 7). Dabei kommt es auf die vernünftige, objektivierte Sicht des Klägers an (Bork in Stein/Jonas, a.a.O., § 93 Rz. 13 m.w.N.). Bei einer negativen Feststellungsklage ist Veranlassung gegeben, wenn sich der Beklagte bestimmter Rechtspositionen berühmt und davon nicht Abstand genommen hat (Schneider in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 6. Aufl. 2014, § 93 ZPO Rz. 4).

Ein solches Verhalten ist vorliegend nicht feststellbar. Dass die Beschwerdeführerin vor Erhebung der negativen Feststellungsklage Anlass zur Klageerhebung gegeben hat, ist nicht ersichtlich.

a) Vorprozessual ist die Beschwerdeführerin nicht an die Beschwerdegegnerin mit Schadenersatzansprüchen herangetreten. Im Schreiben vom 19.10.2011 an die Beschwerdegegnerin (Anlage K 4, Bl. 29 d.A.) und im Güteantrag vom 23.12.2011 (Anlage K 2, Bl. 26 f.) hat lediglich der Kläger Schadenersatzansprüche gegenüber der Beschwerdegegnerin geltend gemacht.

b) Eine abweichende Beurteilung ist auch nicht deshalb geboten, weil der Kläger ausweislich der Klageschrift Schadensersatzansprüche "aus eigenem und aus abgeleitetem Recht" gegenüber der Beklagten geltend gemacht und sich insofern auf eine Abtretung der Ansprüche seitens der Beschwerdeführerin an ihn, betreffend die gemeinsame Fondsbeteiligung, bezogen hat. Gegen ein Sich-Berühmen eigener Schadenersatzansprüche gegenüber der Beschwerdegegnerin spricht bereits, dass der Beschwerdegegnerin die Abtretung zunächst unbekannt geblieben ist und sie offenbar erst durch das Schadenersatzverlangen des Klägers in seinem Schreiben vom 19.10.2011 darauf aufmerksam gemacht worden ist. Zu diesem Zeitpunkt war die Beschwerdeführerin aber nicht mehr Inhaberin der Ansprüche. Zudem hat die Beschwerdeführerin mit der Abtretung gegenüber der Beschwerdegegnerin gerade zu verstehen gegeben, ...

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