Leitsatz (amtlich)

Haben die Parteien bei Abschluss eines Vergleichs Kostenaufhebung vereinbart und die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens besonders erwähnt, so kann dies dafür sprechen, dass eine Teilung und Erstattungsfähigkeit dieser Kosten vereinbart werden sollte.

 

Normenkette

ZPO §§ 92, 485 ff.

 

Verfahrensgang

LG Hildesheim (Aktenzeichen 2 O 110/01)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird geändert.

Die auf Grund des am 13.6.2001 vor dem LG … geschlossenen Vergleichs von dem Beklagten der Klägerin zu erstattenden Kosten werden auf 3.878, 15 DM (1.982,87 EUR) festgesetzt.

Die Beschwerdeentscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beklagten nach einem Beschwerdewert von 3.878, 15 DM (1.982,87 EUR) auferlegt.

 

Gründe

I. Die Parteien haben den zugrundeliegenden Rechtsstreit mit Vergleich beendet, in dem es zu den Kosten heißt:

Die Kosten des Rechtsstreites und des selbstständigen Beweisverfahrens 22 OH 19/98 werden gegeneinander aufgehoben.

In dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss hat es der Rechtspfleger abgelehnt, die Gerichtskosten des Beweissicherungsverfahrens auszugleichen. Dagegen wendet sich die Beschwerde, wobei der Beklagte in seiner Stellungnahme vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses einer Ausgleichung der Gerichtskosten zugestimmt hatte.

II. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist nach §§ 11 Abs. 1 RpflG, 104 Abs. 3 S. 1 ZPO zulässig. Sie ist auch begründet und führt zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses.

1. Haben die Parteien in einem Vergleich vereinbart, dass die Kosten gegeneinander aufgehoben werden, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last (92 Abs. 1 S. 2 ZPO). Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten bewendet es für diesen Fall dabei, dass jede Partei diese selbst zu tragen hat.

Nach der bisherigen gefestigten Rechtsprechung des Senats sind die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens im späteren Hauptsacheverfahren als außergerichtliche Kosten des Antragstellers anzusehen, sie gehören daher grundsätzlich nicht zu den erstattungsfähigen Gerichtskosten, wenn die Kosten im Vergleichswege gegeneinander aufgehoben worden sind (OLG Celle v. 12.6.1996 – 8 W 153/96, OLGReport Celle 1996,166; ebenso OLG Nürnberg JurBüro 1996, 33 f.; OLG Hamm JurBüro 2000, 257 f.; Baumbach/L./Hartmann, 60. Aufl. 2002, § 91 ZPO Rz. 199 f.; a.A. jedoch: OLG Düsseldorf v. 9.11.1993 – 10 W 113/93, BauR 1994, 406 = OLGReport Düsseldorf 1994, 55; OLG Karlsruhe JurBüro 1997, 533; OLG Zweibrücken JurBüro 1997, 534; Zöller/Herget, 23. Aufl. 2002, § 91 ZPO Rz. 13, Stichwort 'Selbständiges Beweisverfahren', jeweils m.w.N.). Diese streitige Frage bedarf im vorliegenden Fall nur einer eingeschränkten Überprüfung, die zu einer teilweisen Änderung der Beurteilung dieser Rechtsfrage durch den Senat führt. Nach neuerer Rechtsprechung des Senates kommt bei Kostenaufhebung (im Rahmen eines zwischen den Parteien geschlossenen Vergleichs) und besonderer Erwähnung der Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens in Betracht, dass nach dem Willen der Parteien außergerichtliche Kosten wie Gerichtkosten behandelt werden sollen, mit der Folge, dass diese erstattungsfähig sind. So ist der Senat im Unterschied zu den in dem angefochtenen Beschluss erwähnten Entscheidungen (8 W 40/99 und 8 W 598/99) bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen bereits von einer Erstattungsfähigkeit der Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens ausgegangen (8 W 3/02).

Die Auslegung des zwischen den Parteien geschlossenen Vergleichs ergibt auch hier, dass diese ein Regelung dahingehend treffen wollten, dass die Kosten des vorausgegangenen selbstständigen Beweisverfahrens zwischen den Parteien zu teilen sind.

Schon der Wortlaut spricht dafür, dass die Parteien mit dieser Formulierung eine Teilung der Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens vereinbaren wollten.

Hätten sie die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens überhaupt nicht besonders erwähnt, so wären die dort den Antragstellern entstandenen Gerichtskosten nach der Rechtsprechung des Senats nicht als außergerichtliche Kosten des nachfolgenden Hauptsacheverfahrens auszugleichen. Die von den Parteien besonders hervorgehobene Regelung der Kosten gerade des selbstständigen Beweisverfahrens, bezweckte eine Regelung oder Klarstellung in Abweichung von dem Grundsatz, dass jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat. Hätten die Parteien eine solche Regelung nicht treffen wollen, so wäre die besondere Erwähnung der Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens neben den Kosten des Rechtsstreits zumindest überflüssig und sogar missverständlich gewesen. Ein derartiges Verhalten kann den Parteien regelmäßig nicht unterstellt werden. Vor allem aber spricht das indiziell zu berücksichtigende nachträgliche Verhalten der Parteien für die Vereinbarung einer Kostenteilung. Dass die Parteien nicht davon ausgegangen sind, ihre Auslagen im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens selbst tragen ...

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