Leitsatz (amtlich)

1. Eine Sicherungsabrede in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers, nach der der Auftragnehmer eine Vertragserfüllungsbürgschaft von 10% der Netto-Auftragssumme zu stellen hat, ist wirksam.

2. Werden neben der Vertragserfüllungsbürgschaft von 5% nicht nur von jeder Abschlagszahlung 5% einbehalten, sondern darüber hinaus von der letzten Abschlagsrechnung noch ein weiterer Betrag von 3,60% so lange einbehalten, bis nach Abnahme eine Gewährleistungsbürgschaft gestellt wird, führt dies zu einer unangemessenen Übersicherung des Auftraggebers.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 20. November 2013 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 12. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die beklagte Versicherung als Bürgin für die Vertragserfüllung der mittlerweile insolventen Bauunternehmerin S. GmbH in Anspruch.

Die V. GmbH, die ihre Ansprüche insoweit an die Klägerin abgetreten hat, schloss am 25./29. März 2010 mit der S. GmbH (im Folgenden Generalunternehmerin) einen Generalunternehmervertrag bezüglich der schlüsselfertigen Erstellung eines Nahversorgungszentrums mit einem typisierten L.-Lebensmittelmarkt, Getränke- und Drogeriemarkt in S. Der Generalunternehmervertrag enthält unter § 7 u. a. folgende Regelungen:

"Zahlungen/Rechnungen

1. Voraussetzungen für die vom Auftraggeber gemäß dem in § 2. Ziffer 3. y) aufgeführten Zahlungsplan (laut Anlage 8e) geschuldeten Zahlungen, ist die Vorlage einer prüffähigen Rechnung unter Ausweis der geschuldeten Mehrwertsteuer durch den Auftragnehmer mit Angabe der bereits erhaltenen Abschlagszahlungen, wobei die Rechnungsbeträge vom Auftraggeber erst nach sachlicher und fachlicher Prüfung sowie Freizeichnung durch den bauleitenden Architekten zu Zahlungen anzuweisen sind.

Die Abschlagszahlungen erfolgen entsprechend dem Leistungsstand mit 5 %-igem Sicherheitseinbehalt. Die Zahlung der Schlussrechnung erfolgt nach VOB Abnahme des Bauvorhabens, Prüfung der Schlussrechnung, Abrechnung der Nebenkosten und Vorlage einer Gewährleistungsbürgschaft durch den Auftragnehmer.

2. Die Rechnungsstellung des Auftragnehmers erfolgt nach Erreichen des im Zahlungsplan vereinbarten Leistungsstandes (= Baufortschritt). Die Rechnung wird grundsätzlich zuerst dem Architekten zur Prüfung eingereicht. Die Rechnung ist 8 Werktage nach Rechnungsstellung und Vorlage beim AG und nach Erreichen des im Zahlungsplan vereinbarten Leistungsstands zur Zahlung fällig. Bei Zahlung innerhalb dieser Frist gewährt der Auftragnehmer dem Auftraggeber Skonto in Höhe von 5 % auf den Bruttorechnungsbetrag."

Im Hinblick auf "Sicherheitsleistungen" ist in dem Generalunternehmervertrag in § 8 Folgendes geregelt:

"1. Zur Sicherstellung aller Ansprüche des Auftraggebers im Zusammenhang mit der vertragsgemäßen Erfüllung der Verpflichtungen, die aus diesem Vertrag resultieren, stellt der Auftragnehmer vor Unterzeichnung dem Auftraggeber eine unbefristete, selbstschuldnerische Vertragserfüllungsbürgschaft einer Großbank, Sparkasse oder eines Kreditversicherers unter Verzicht auf Einrede der Anfechtung, Aufrechnung, Vorausklage und Vorausbefriedigung (§§ 770 Abs. 1, 2, 771, 772 BGB) sowie Verzicht auf Rechte nach § 768 BGB.

1.1 Die Höhe der Vertragserfüllungsbürgschaft beläuft sich auf 5 % der Netto-Auftragssumme.

1.2 Die hierfür anfallenden Gebühren trägt der Auftragnehmer.

1.3 Die Erfüllungsbürgschaft ist nach erfolgter Abnahme und nach Vorlage des Gebrauchsabnahmescheins an den Auftragnehmer zurückzugeben.

2. Der Auftraggeber ist berechtigt, zur Sicherstellung seiner Gewährleistungsansprüche, die aus diesem Vertrag resultieren, von den Abschlagszahlungen (vgl. § 7, Ziffer 2.) einen Betrag in Höhe von 5 % der Gesamtabrechnungssumme des Auftragnehmers einzubehalten.

2.1 Dieser Sicherheitseinbehalt wird vom Auftraggeber nicht verzinst.

2.2 Der Auftragnehmer kann den Sicherheitseinbehalt jedoch nach mängelfreier Abnahme durch eine unbefristete, selbstschuldnerische Gewährleistungsbürgschaft einer Großbank, Sparkasse oder eines Kreditversicherers unter Verzicht auf Einrede der Anfechtung, Aufrechnung, Vorausklage und Vorausbefriedigung (§§ 770 Abs. 1, 2, 771, 772 BGB) sowie Verzicht auf Rechte nach § 768 BGB ablösen."

Mit dem Nachtrag 2 vom 15. Juli/5. August 2010 haben die V. GmbH und die Generalunternehmerin als Vergütung einen Pauschalpreis von 1,8 Mio. Euro vereinbart und dem Nachtrag einen Zahlungsplan beigefügt, in dem die einzelnen Zahlungen nach der Fertigstellung bestimmter Gewerke festgelegt worden sind. Danach sollte die 20. und letzte Zahlung von 3,6 % der Netto-Auftragssumme, mithin 65.000 Euro, nach "Abna...

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