Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 27.08.2015; Aktenzeichen 3 O 110/15) |
Tenor
Es ist beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 27.8.2015 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Hannover durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
I. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich.
Eine Rechtssache hat dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auftreten kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. BGH NJW 2003, 1943, 1944; BGHR ZPO (1.1.2002) § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 "Bedeutung, grundsätzliche" 1).
Vorliegend fehlt es schon an der Klärungsbedürftigkeit. Eine Klärungsbedürftigkeit im vorgenannten Sinn liegt nur dann vor, wenn die zu entscheidende Rechtsfrage tatsächlich umstritten ist (vgl. BGH, a.a.O.) bzw. über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten besteht (vgl. BGH, Urteil vom 8.2.2010, Az.: II ZR 156/09, zitiert nach JURIS Rdz. 3). Eine Unklarheit im vorgenannten Sinn besteht u.a. dann, wenn die Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (BGH, a.a.O.). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es ist einhellige Meinung der Oberlandesgerichte, dass die Kündigung eines Bausparvertrages durch die Bausparkasse auf der Grundlage von § 489 BGB zulässig ist. In der Literatur abweichende Ansichten sind vereinzelt geblieben.
Eine mündliche Verhandlung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO Nr. 4 ZPO hält der Senat nicht für geboten.
II. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin hat auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Klägerin kann keine Feststellung des Fortbestands des Bausparvertrages verlangen. Der beklagten Bausparkasse steht auf der Grundlage von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ein Kündigungsrecht zu, nachdem die Zuteilungsreife des Bausparvertrages am 1.7.2004 eingetreten ist und daher über 10 Jahre zurückliegt.
Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 BGB kann ein Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen.
1. Der vorliegende Bausparvertrag ist als Darlehen i. S. von § 489 BGB zu qualifizieren.
Beim Bausparvertrag handelt es sich um einen einheitlichen Vertrag mit zwei Stufen. Der Bausparer spart bis zur Zuteilungsreife ein (verzinsliches) Guthaben an und kann nach Zuteilung ein Bauspardarlehen in Höhe der Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten Bausparsumme und dem bis zur Zuteilung angesammelten Guthaben in Anspruch nehmen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2011, Az.: 9 U 151/11, zitiert nach JURIS Rdz. 12; LG München I, Beschluss vom 18.11.2015, Az.: 35 O 4819/15, zitiert nach JURIS Rdz. 22). Vor diesem Hintergrund ist der Bausparvertrag bereits in der Ansparphase als Darlehensvertrag zu qualifizieren (OLG Hamm, Beschluss vom 26.10.2015k, Az.: I-31 U 182/15, 31 U 182/15, zitiert nach JURIS Rdz. 18; OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2001; OLG Köln, Beschluss vom 11.1.2016, Az.: 13 U 151/15; LG München I, a.a.O.), wobei die Einlagen des Bausparers das Darlehen an die Bausparkasse darstellen, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist (OLG Stuttgart, a.a.O.; OLG Koblenz a.a.O.). Erst mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens tauschen Bausparer und Bausparkasse ihre Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer (OLG Stuttgart, a.a.O. Rdz. 7; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2.10.2013, Az.: 19 U 106/13; OLG Koblenz, Beschluss vom 18.1.2016, Az. 8 U 1064/15 sub. II.1.; Staudinger/Mülbert, BGB, Bearbeitung 2015, § 488 Rdz. 539). Entgegen der Auffassung des LG Karlsruhe (Urteil vom 9.10.2015, Az:. 7 O 126/15, zitiert nach JURIS Rdz. 24 f.) löst sich die Bausparkasse durch die Kündigung daher nicht unzulässig aus ihrer Rolle als Darlehensgeberin. Das LG Karlsruhe übersieht, dass die Ansparphase bis zur Annahme der Zuteilung läuft und erst im Anschluss daran die Darlehensphase beginnt. Erst mit Zuteilung wechseln die Rollen der Parteien. Die bloß im Vertrag angelegte Möglichkeit, dass die Bausparkasse bei einem entsprechenden Verhalten des Bausparers Darlehensgeberin werden könnte, steht der Annahme des Kündigungsrechts nicht entgegen (OLG Hamm, Beschluss vom 30.12.2015, Az.: 31 U 191/15, zitiert nach JURIS Rdz. 17).
Die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist auch auf die beklagte Bausparkasse anwendbar. Eine Beschränkung des Kündigungsrechts auf Verbra...