Normenkette

ZPO §§ 101, 494a

 

Verfahrensgang

LG Verden (Aller) (Aktenzeichen 4 O 330/02)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die weiter erforderlichen Anordnungen werden dem Einzelrichter der 4. Zivilkammer des LG Verden übertragen.

Beschwerdewert: 1.322,20 Euro.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.

1. Die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde ergibt sich aus § 567 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 99 Abs. 2 ZPO analog.

Das LG hat den Antrag der Beschwerdeführerin, den Klägern auch die Kosten aufzuerlegen, die der Beschwerdeführerin als Streitverkündete im selbstständigen Beweisverfahren entstanden sind, mit der Begründung zurückgewiesen, die Beschwerdeführerin sei im Hauptsacheverfahren nicht Nebenintervenientin gewesen, so dass für eine Kostenentscheidung nach § 101 ZPO kein Raum bestehe. Mangels Beteiligung der Beschwerdeführerin im Hauptsacheverfahren komme auch keine Entscheidung durch Urteil gem. § 321 ZPO in Betracht.

Geht es – wie hier – nicht um die Anfechtung einer ergangenen Kostenentscheidung, sondern darum, dass ein Gericht den Erlass einer Kostenentscheidung überhaupt ablehnt, so findet § 99 Abs. 1 ZPO, der eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung ohne gleichzeitiges Rechtsmittel in der Hauptsache für unzulässig erklärt, keine Anwendung (vgl. BGH NJW 1959, 291 [292]; OLG Zweibrücken MDR 1990, 253; Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 98 Rz. 1; Musielak/Wolst, ZPO, 3. Aufl., § 99 Rz. 2). Ein Rechtsmittel bleibt hier vielmehr nach allgemeinen Grundsätzen zulässig. In diesen Fällen ist dann, wenn das Gericht die an sich gebotene Ergänzung des Urteils gem. § 321 ZPO nicht vornimmt, die sofortige Beschwerde gegen den Erlass einer Kostengrundentscheidung ablehnenden Beschluss in entspr. Anwendung von § 99 Abs. 2 ZPO zuzulassen (zur entspr. Anwendung von § 99 Abs. 2 ZPO vgl. Musielak/Wolst, ZPO, 3. Aufl., § 99 Rz. 2; Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 98 Rz. 6).

2. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet.

Das LG war verpflichtet, über die der Beschwerdeführerin im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten gem. § 101 ZPO auch dann im Urteil des Hauptsacheverfahrens zu entscheiden, wenn im Hauptsacheverfahren – wie hier – keine erneute Streitverkündung erfolgt und der Streitverkündete des selbstständigen Beweisverfahrens dem Rechtsstreit auch nicht gem. § 66 Abs. 1 ZPO als Nebenintervenient beitritt.

§ 101 ZPO differenziert schon nach seinem Wortlaut nicht danach, ob die Kosten der Nebenintervention im selbstständigen Beweisverfahren und/oder im anschließenden Hauptsacheverfahren entstanden sind. Vielmehr sind die durch eine Nebenintervention entstandenen Kosten grundsätzlich dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den §§ 91 bis 98 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Das selbstständige Beweisverfahren und das anschließende Klageverfahren sind insoweit als Einheit anzusehen. Hierfür spricht bereits die Regelung in § 493 Abs. 1 ZPO, wonach die selbstständige Beweiserhebung einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleichsteht. Kostenrechtlich kommt dies ferner in § 37 Nr. 3 BRAGO zum Ausdruck, wonach zum Rechtszug auch das selbstständige Beweisverfahren zählt. Der Rechtsanwalt kann mithin identische Gebührentatbestände, die sowohl im selbstständigen Beweisverfahren als auch im späteren Klageverfahren anfallen, nur einmal verlangen.

Die Beschwerdeführerin hatte hier auch keine Möglichkeit, eine zu ihren Gunsten ergehende Kostenentscheidung bereits im selbstständigen Beweisverfahren zu erreichen. Zwar kann grundsätzlich auch der Streithelfer des Antragsgegners im selbstständigen Beweisverfahren einen Antrag auf Anordnung der Klagerhebung gem. § 494a Abs. 1 ZPO stellen. Das gilt im Hinblick auf § 67 ZPO jedenfalls dann, wenn er sich hiermit nicht in Widerspruch zum Verhalten des Antragsgegners setzt, dieser also etwa ausdrücklich erklärt, keinen derartigen Antrag stellen zu wollen (vgl. OLG Karlsruhe v. 16.7.1999 – 19 W 45/99, OLGReport Karlsruhe 1999, 437 = NJW-RR 2001, 214; OLG Oldenburg v. 8.7.1994 – 8 W 51/94, NJW-RR 1995, 829 [830]; Zöller/Herget, § 494a Rz. 2; Musielak/Huber, § 494a Rz. 2; a.A. OLG Koblenz, NJW-RR 2001, 1726 für den hier indessen nicht einschlägigen Sonderfall, dass der Streithelfer mit dem Antrag eine Klage gegen sich selbst erzwingen will).

Hier hatte die Beschwerdeführerin einen derartigen Antrag auf Anordnung der Klagerhebung auch am 5.7.2002 gestellt (Bl. 82 d.A. 4 OH 31/00 LG Verden). Der Erlass eines Beschlusses gem. § 494a Abs. 1 ZPO kam jedoch deshalb nicht in Betracht, weil die Antragsteller bereits am 5.7.2002 Klage erhoben hatten, die dem Antragsgegner am 26.7.2002 zugestellt wurde. Hierauf wurde die Beschwerdeführerin auch durch gerichtliche Schreiben vom 9.7.2002 und 23.8.2002 hingewiesen (Bl. 83 und 85 d.A. 4 OH 31/00 LG Verden).

Um lediglich die von ihr begehrte Erstattung ihrer im selbstständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten zu erreichen, konnte der Beschwerdeführerin...

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