Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Auslegung von § 51 Abs. 3 Satz 2 GKG

 

Leitsatz (amtlich)

§ 51 Abs. 3 Satz 2 GKG ist unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens einschränkend auszulegen. Er erfasst insbesondere Fälle, in denen eine Verzerrung des Wettbewerbs eher unwahrscheinlich ist, da sich ein vernünftiger Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer durch den Verstoß in seiner Entscheidung nicht beeinflussen lassen wird.

 

Normenkette

GKG § 51 Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

LG H. (Beschluss vom 06.02.2014; Aktenzeichen 24 O 58/13)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beklagten vom 11.2.2014 gegen die Streitwertfestsetzung durch Beschluss des LG H. vom 6.2.2014 wird der angefochtene Beschluss abgeändert und der Streitwert auf 5.000 EUR festgesetzt.

Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Der Kläger, ein u.a. in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragener Verbraucherschutzverband, hat die Beklagte, eine Fahrzeughändlerin, im Klagewege in Anspruch genommen, es zu unterlassen, im Internet Werbematerial für neue Personenkraftwagen unter Angabe der Motorleistung zu verbreiten, ohne dabei Verbrauchsangaben nach § 5 Pkw-EnVKV zu machen.

Das LG hat den Streitwert nach abschließender Entscheidung auf 5.227 EUR festgesetzt. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Beschwerde.

II. Die gem. § 68 Abs. 1 GKG zulässige Beschwerde der Beklagten hat nur in geringem Umfang Erfolg:

1. Das LG hat den Streitwert des mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsantrags zutreffend mit 5.000 EUR bemessen.

a) Der Streitwert eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs, der - wie hier - auf einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 5 Pkw-EnVKV gestützt wird, ist im Regelfall jedenfalls dann mit 5.000 EUR zu bemessen, wenn die Sache - wie auch vorliegt - nach Art und Umfang einfach gelagert ist (OLG Celle, Urt. v. 5.12.2013 - 13 U 154/13, juris Tz. 22 m.w.N.). Anhaltspunkte, die eine abweichende Festsetzung geböten, bestehen nicht.

b) Insbesondere ist der Streitwert nicht nach § 51 Abs. 3 Satz 2 GKG auf 1.000 EUR festzusetzen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob diese Vorschrift überhaupt auf Unterlassungsklagen eines nach dem Unterlassungsklagengesetz anerkannten Verbandes Anwendung findet. Denn es liegen bereits die allgemeinen Voraussetzungen dieses Auffangstreitwertes nicht vor:

Der Sach- und Streitstand bietet im vorliegenden Fall genügende Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwertes, insbesondere unter Berücksichtigung von Rechtsprechung zu vergleichbaren Unterlassungsansprüchen (vgl. dazu auch die näheren Erwägungen in dem Beschluss des Senats vom 11.11.2011 - 13 W 101/11, juris Tz. 6 ff.). Die Auffassung, ungenügend seien Anhaltspunkte schon dann, wenn Unklarheiten oder Zweifel verblieben, und wenn man verschiedener Meinung sein könne (Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl., § 51 Rz. 8), erscheint zu weitgehend, weil unterschiedliche Auffassungen bei Ausübung des Schätzungsermessens nach § 3 ZPO regelmäßig vertretbar sind.

Gegen die Anwendbarkeit des § 51 Abs. 3 Satz 2 GKG spricht auch, dass die Vorschrift nach den Gesetzesmaterialien insbesondere in den Fällen zur Anwendung kommen soll, in denen eine Verzerrung des Wettbewerbs eher unwahrscheinlich ist, da sich ein vernünftiger Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer durch den Verstoß in seiner Entscheidung über den Kauf einer Ware (...) nicht beeinflussen lassen wird (BT-Drucks. 17/13057, 30 f.). Denn um einen solchen Fall handelt es sich hier nicht. Eine Beeinflussung eines Verbrauchers durch das Unterlassen von Verbrauchsangaben eines Pkw ist nicht "eher unwahrscheinlich".

Es kann deshalb offen bleiben, ob die Begründung des Gesetzentwurfs nicht ohnehin zu kurz greift, weil in den Fällen, in denen sich Marktteilnehmer durch den Verstoß in seiner Entscheidung über den Kauf einer Ware nicht beeinflussen lassen wird, regelmäßig mangels geschäftlicher Relevanz bereits der Verbotstatbestand des § 1 UWG nicht erfüllt ist (so: Köhler in: Köhler/Bornkamm, 32. Aufl., § 12 UWG Rz. 5.3; vgl. auch: OLG Stuttgart, Beschl. v. 2.1.2014 - 2 W 63/13 und 2 W 77/13, juris Tz. 11; allerdings können in Fällen wie dem vorliegenden, in denen bereits nach § 5a Abs. 4 UWG eine wesentliche Beeinträchtigung anzunehmen ist, Unterlassungsansprüche nach dem UWG bestehen, obwohl tatsächlich eine Beeinflussung des Verbrauchers unwahrscheinlich ist).

Im Übrigen dürfte der Anwendungsbereich von § 51 Abs. 3 Satz 2 GKG unter Berücksichtigung der allgemeinen Zielrichtung des Gesetzes im Regelfall auf geringfügige Wettbewerbsverstöße durch Kleinunternehmer zu beschränken sein (vgl. Köhler, a.a.O.; OLG Stuttgart, a.a.O., Tz. 11, 13). Gerade Kleinunternehmer und Existenzgründer sollten vor Abmahnkosten geschützt werden, die teilweise eine existenzbedrohende Belastung darstellten (BT-Drucks. 17/13057, 30 f.). Auch hiernach ist § 51 Abs. 3 Satz 2 GKG vorliegend nicht einschlägig.

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