Leitsatz (amtlich)
1. Macht der Auftragnehmer wegen eines gestörten Bauablaufs eine Entschädigung gem. § 642 BGB geltend, hat er u.a. eine konkrete, bauablaufbezogene Darstellung unter Berücksichtigung von Ausgleichsmaßnahmen vorzulegen.
2. Darzulegen ist vom Auftragnehmer dabei, wie er den Bauablauf tatsächlich geplant hatte, d.h., welche Teilleistungen er in welcher Zeit erstellen wollte und wie der Arbeitskräfteeinsatz erfolgen sollte. Dem ist der tatsächliche Bauablauf gegenüberzustellen.
3. Darzulegen sind auch etwaige Möglichkeiten, andere Bauabschnitte vorzuziehen oder Arbeitskräfte anderweitig einzusetzen.
Tenor
I. Es wird erwogen, die Berufung der Klägerin gegen das am 18. Januar 2022 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
II. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf bis 95.000,- Euro festzusetzen.
III. Der Klägerin wird Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 17. Juni 2022 gegeben.
IV. Der Beklagten wird eine Stellungnahme anheimgestellt, die allerdings ebenfalls bis zum 17. Juni 2022 erfolgen müsste.
Gründe
I. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten. Die Berufung hat nach vorläufiger Beurteilung auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Dabei ist der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die vom Landgericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Im vorliegenden Fall ist unter keinem der vorgenannten Gesichtspunkte eine Änderung der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts zu Gunsten der Klägerin veranlasst. Hierfür sind folgende Erwägungen maßgeblich:
1. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Entschädigung aus § 642 BGB jedenfalls insoweit, als er noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, nicht zu.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 2020 - VII ZR 33/19, BGHZ 224, 328-344) erfordert § 642 BGB eine Abwägungsentscheidung des Tatrichters auf der Grundlage der in § 642 Abs. 2 BGB genannten Kriterien. Dabei ist die angemessene Entschädigung im Ausgangspunkt an den auf die unproduktiv bereitgehaltenen Produktionsmittel entfallenden Vergütungsanteilen einschließlich der Anteile für allgemeine Geschäftskosten sowie für Wagnis und Gewinn zu orientieren (BGH, aaO). Die angemessene Entschädigung gemäß § 642 BGB ist im Ausgangspunkt daran zu orientieren, welche Anteile der vereinbarten Gesamtvergütung einschließlich Wagnis, Gewinn und allgemeinen Geschäftskosten auf die vom Unternehmer während des Annahmeverzugs unproduktiv bereitgehaltenen Produktionsmittel entfallen (BGH, aaO). Der Tatrichter hat daher festzustellen, inwieweit der Unternehmer während des Annahmeverzugs Produktionsmittel unproduktiv bereitgehalten hat, und die hierauf entfallenden Anteile aus der vereinbarten Gesamtvergütung zu berücksichtigen, wobei er nach § 287 ZPO zur Schätzung berechtigt ist (BGH, aaO). Zu den Vergütungsanteilen für die vom Unternehmer unproduktiv bereitgehaltenen Produktionsmittel gehören nicht die infolge des Annahmeverzugs ersparten Aufwendungen einschließlich darauf entfallender Anteile für allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn (BGH, aaO). Im Hinblick auf das Kriterium des anderweitigen Erwerbs hat der Tatrichter weiterhin zu prüfen, ob der Unternehmer seine Produktionsmittel während des Annahmeverzugs anderweitig - produktiv - eingesetzt hat oder einsetzen konnte (BGH, aaO). Die Darlegungs- und Beweislast für die in § 642 Abs. 2 BGB genannten Kriterien trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Unternehmer als Anspruchssteller, der die Tatsachen für die vom Tatrichter vorzunehmende Abwägungsentscheidung beizubringen hat (BGH, aaO).
b) Ausgehend davon hält der Senat an seiner Rechtsprechung fest (vgl. zuletzt Senat, Urteil vom 06. Oktober 2021 - 14 U 39/21), dass zur schlüssigen Darlegung eines Anspruchs aus § 642 BGB unter anderem eine konkrete, bauablaufbezogene Darstellung unter Berücksichtigung von Ausgleichsmaßnahmen erforderlich ist. Darzulegen ist vom Unternehmer dabei, wie er den Bauablauf tatsächlich geplant hatte, d. h. welche Teilleistungen er in welcher Zeit erstellen wollte, und wie der Arbeitskräfteeinsatz erfolgen sollte; dem ist der tatsächliche Bauablauf gegenüberzustellen; sodann sind die einzelnen Behinderungstatbestände aufzuführen und deren tatsächliche Auswirkungen auf den Bauablauf zu erläutern (vgl. OLG Düssel...