Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Angemessenheit der Vergütung von in freien, werbefinanzierten Onlinemagazinen veröffentlichten Artikeln

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Pauschalvergütung von 40 EUR bis 100 EUR für die Veröffentlichung eines Artikels mit einem Umfang von über 10.000 Zeichen in einem werbefinanzierten Onlinemagazin ist grundsätzlich als unangemessen i.S.d. § 32 Abs. 1 UrhG anzusehen.

2. Die nach Druckzeilen berechneten Honorare der GVR Tageszeitungen sind auf den Bereich der freien, werbefinanzierten Onlinemedien nicht übertragbar und kann zur Bemessung der angemessenen Vergütung nach §§ 32 Abs. 2, 36 UrhG auch nicht als Vergleichsmaßstab und Orientierungshilfe herangezogen werden.

3. Der Honorarübersicht im Tarifvertrag des Deutschen Journalisten-Verbandes DJV hat für die Bestimmung der angemessenen Vergütung eine indizielle Bedeutung.

4. Eine Pauschalvergütung von Artikeln in Onlinemagazinen ist nicht ausgeschlossen und kann nach der Honorarübersicht im Tarifvertrag des Deutschen Journalisten-Verbandes DJV zwischen 200 EUR und 700 EUR betragen.

 

Normenkette

UrhG §§ 32, 36

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 26.02.2016; Aktenzeichen 18 O 390/15)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 18. Zivilkammer des LG Hannover vom 26.2.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin ist ein Verlagsunternehmen und betreibt unter der Webseite ... die Onlinezeitschrift T., in der in den Jahren 2012 und 2013 insgesamt 14 vom Antragsteller verfasste Artikel zum Teil mit begleitenden Fotografien veröffentlicht wurden. Für seine Beiträge erhielt der Antragsteller von der Antragsgegnerin jeweils eine pauschale Vergütung von 40 bis 100 EUR. Die Lichtbilder des Antragstellers vergütete die Antragsgegnerin nicht.

Der Antragsteller beabsichtigt, die Antragsgegnerin auf Zahlung einer angemessenen Vergütung in Anspruch zu nehmen und beruft sich insoweit auf die "Vertragsbedingungen und Honorare für die Nutzung freier journalistischer Beiträge" des DJV - Deutscher Journalisten-Verband aus dem Jahr 2013.

Das LG hat den Antrag des Antragstellers vom 27.11.2015 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, der das LG nicht abgeholfen hat.

II. Die gemäß §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung nach § 114 Satz 1 ZPO für eine Klage vor dem LG besteht nicht.

1. Bedenken gegen die Zulässigkeit der angekündigten Stufenklage bestehen nicht.

Der Urheber kann bei Fälligkeit des Vergütungsanspruchs unmittelbar auf Zahlung des angemessenen Entgelts klagen, so dass Zahlungsklage und Klage auf Einwilligung nach § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG miteinander verbunden werden können (Wandtke/Grunert in Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 4. Aufl., § 32 UrhG Rn. 18). Vertragsanpassungs- und Zahlungsanspruch können auch im Wege der Stufenklage geltend gemacht werden (vgl. Soppe in BeckOK Urheberrecht, 11. Edition, § 32 Rn. 101).

2. Der Anspruch des Antragstellers auf Einwilligung in die Änderung der zwischen den Parteien bestehenden Vergütungsabrede gemäß § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG ist dahingehend begründet, dass nunmehr eine angemessene Vergütung als vereinbart gilt. Der dem Antragsteller damit als direkt auf Zahlung der Differenz zwischen der vereinbarten unangemessenen und der angemessenen Vergütung zustehende Anspruch (vgl. BGH, Urteil vom 21.5.2015 - I ZR 62/14 - GVR Tageszeitungen I, juris Rn. 34) übersteigt aber einen Betrag von 5.000,00 EUR nicht.

a) Der Kläger kann Zahlung einer angemessenen Vergütung nach § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG von der Antragsgegnerin verlangen. Die von der Antragsgegnerin gezahlte Pauschalvergütung von 40 bis 100 EUR für die vom Antragsteller verfassten Onlineartikel ist unangemessen.

b) Unter welchen Voraussetzungen eine Vergütung angemessen ist, ist in § 32 Abs. 2 UrhG bestimmt. Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 UrhG ist eine nach gemeinsamen Vergütungsregeln (§ 36 UrhG) ermittelte Vergütung angemessen. Gibt es keine solche von Vereinigungen von Urhebern und Werknutzern aufgestellten gemeinsamen Vergütungsregeln, ist eine Vergütung angemessen, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entspricht, was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit, insbesondere nach Dauer und Zeitpunkt der Nutzung, unter Berücksichtigung aller Umstände, üblicher- und redlicherweise zu leisten ist (§ 32 Abs. 2 Satz 2 UrhG; BGH, Urteil vom 21.5.2015, a.a.O., juris Rn. 10).

Nach der gesetzlichen Systematik unterliegt die Prüfung der Angemessenheit der Vergütung gemäß § 32 UrhG einer bestimmten Reihenfolge (Wandtke/Grunert in Wandtke/Bullinger, a.a.O., § 32 UrhG Rn. 24). Vorrangig ist zu fragen, ob sich Kriterien für eine angemessene Vergütung aus einem Tarifvertrag ergeben (§§ 32 Abs. 4, 36 Abs. 1 Satz 3 UrhG). Ist eine tarifvertra...

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