Leitsatz (amtlich)
1. Wird die familiengerichtliche Genehmigung eines von dem Ergänzungspfleger im Namen des minderjährigen Kindes mit dem allein sorgeberechtigten Elternteil abgeschlossenen Erwerbs- und Übertragungsvertrages über ein dem Kind gehörendes Grundstück verweigert, besteht für den erwerbenden Elternteil in der Regel keine Beschwerdeberechtigung nach § 59 Abs. 1 FamFG.
2. Das Familiengericht ist im Rahmen der Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens bei der Entscheidung über den Genehmigungsantrag daran gebunden, allein die Interessen des Minderjährigen, nicht aber die Interessen sonstiger Dritter in den Blick zu nehmen.
3. Rein ideelle oder familiäre Interessen können es in der Regel nicht rechtfertigen, einen für das minderjährige Kind wirtschaftlich erheblich unvorteilhaften Vertrag zu genehmigen.
Verfahrensgang
AG Lüneburg (Beschluss vom 06.07.2011) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Lüneburg vom 6.7.2011 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligte zu 1. trägt die Kosten des Beschwerdeverfahren nach einem Wert von 97.500 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die familiengerichtliche Genehmigung eines Grundstücksübertragungsvertrages.
Die Übergeberin (im Folgenden: Betroffene) ist die minderjährige Tochter der Übernehmerin (im Folgenden: Kindesmutter), die aus einer langjährigen nichtehelichen Lebensgemeinschaft der Kindesmutter mit dem im Jahre 2009 gestorbenen Vater der Betroffenen hervorgegangen ist. Die Betroffene ist als Alleinerbin ihres verstorbenen Vaters im Wege gesetzlicher Erbfolge alleinige Eigentümerin eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Erbbaurechtsgrundstückes mit einem Verkehrswert von rund 195.000 EUR geworden. Das Erbbaurechtsgrundstück ist mit einer Finanzierungsgrundschuld belastet, wobei das mit dem Grundpfandrecht besicherte Darlehen, dessen alleiniger Darlehensnehmer der verstorbene Vater der Betroffenen war, derzeit noch zur Höhe von rund 30.000 EUR valutiert und laufend mit monatlichen Leistungsraten i.H.v. rund 300 EUR bedient werden muss.
Am 25.10.2010 schlossen die Betroffene, vertreten durch den vom AG bestellten Ergänzungspfleger, und die Kindesmutter einen notariellen Übertragungsvertrag, in dem die Betroffene der Kindesmutter 1/2 Mitberechtigungsanteil an dem Erbbaurechtsgrundstück übertrug. Als Übertragungsgrund war in der Urkunde aufgeführt, dass die Kindesmutter dem verstorbenen Vater der Betroffenen im Zusammenhang mit der Bebauung des Grundstückes 'ca. 50.000 EUR zur Verfügung gestellt' habe und daneben gemeinsam mit ihm den laufenden Abtrag auf das Baufinanzierungsdarlehen geleistet habe. Als Gegenleistung verpflichtete sich die Kindesmutter, die Betroffene für die Zeit ihrer Minderjährigkeit von allen erbbaurechtsbezogenen Lasten zivilrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Art freizustellen. Über den Eintritt der Volljährigkeit hinaus sollte die Betroffene so lange weiter freigestellt werden, bis sie sich wegen der Erzielung auskömmlicher Eigeneinkünfte oder wegen des Anwachsens eines geerbten oder geschenkten Vermögens wieder zur Hälfte an der Tragung der Grundstückslasten beteiligen könne.
Die Rechtspflegerin bei dem AG hat die familiengerichtliche Genehmigung des Übertragungsvertrages versagt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kindesmutter.
II.1. Die Beschwerde der Kindesmutter gegen die Entscheidung des AG ist gem. § 58 Abs. 1 FamFG statthaft. Sie ist aber im Übrigen unzulässig, weil es der Kindesmutter an der erforderliche Beschwerdeberechtigung (§ 59 Abs. 1 FamFG) fehlt. Nach allgemeiner Auffassung hat der Dritte, der bei einem nach § 1821 Abs. 1 BGB oder § 1822 BGB genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäft dem Mündel, Pflegling oder Betreuten als Vertragspartner gegenübersteht, kein eigenes Beschwerderecht, wenn das Gericht die Genehmigung versagt. Denn nach §§ 1828, 1829 BGB ist die Entscheidung über die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts oder ihre Versagung nur für den Vertreter des Mündels, Pfleglings oder Betreuten selbst bestimmt, dem es gem. § 1829 Abs. 1 Satz 2 BGB selbst überlassen bleibt, die Entscheidung des Gerichts dem Dritten mitzuteilen. hierzu verpflichtet ist er nicht (MünchKomm/Wagenitz BGB, 5. Aufl., § 1829 Rz. 9). Bereits dies verdeutlicht, dass durch die Versagung der Genehmigung kein eigenes Recht des am Vertrag beteiligten Dritten i.S.d. § 59 Abs. 1 FamFG verletzt werden kann, weil es an der Unmittelbarkeit des Eingriffes in dessen subjektiven Rechte fehlt. ein bloß berechtigtes rechtliches oder wirtschaftliches Interesse an der Genehmigungserteilung reicht nicht aus (vgl. OLG München MDR 2009, 1001. OLG Rostock NJW-RR 2006, 1229 f.. OLG Schleswig BtPrax 1994, 142, 143. OLG Frankfurt Rpfleger 1979, 423). Soweit im Einzelfall unter besonderen Umständen Ausnahmen von diesen Grundsätzen zugelassen worden sind (vgl. hierzu Palandt/Diederichsen, BGB, 70. Aufl., § 1828 Rz. 20), liegen solche Sachverhaltskonstellationen hier erkennbar nicht vor.
Schließlich kann die Beschw...