Leitsatz (amtlich)

Zur Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen der Beigeladenen im Verfahren vor der Vergabekammer nach Rücknahme des Nachprüfungsantrags im Beschwerdeverfahren (§ 128 Abs. 4 GWB n.F.)

 

Normenkette

GWB § 128 Abs. 4, § 78

 

Tenor

Die Antragsstellerin hat die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners sowie der für das Verfahren nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB angefallenen Kosten zu tragen.

Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für das Verfahren vor der Vergabekammer war notwendig.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 35.900 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 25.3.2010 hat die Vergabekammer beim Nds. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Regierungsvertretung Lüneburg - den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen. Dagegen hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde zum OLG Celle eingelegt und eine Entscheidung gem. § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB beantragt, die der Senat durch Beschluss vom 26.4.2010 abgelehnt hat. Daraufhin hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 27.4.2010 ihren Nachprüfungsantrag zurückgenommen.

II. Nach der Rücknahme des Nachprüfungsantrages durch die Antragstellerin war über die Kosten des Nachprüfungsverfahrens zu entscheiden.

1. Die Antragstellerin hat die für die Tätigkeit der Vergabekammer anfallenden Kosten (Gebühren und Auslagen) gem. § 128 Abs. 1 und 3 GWB i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG zu tragen. Auch die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners sind der Antragstellerin nach § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB aufzuerlegen. Die

Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch den Antragsgegner vor der Vergabekammer war gem. § 128 Abs. 4 Satz 4 GWB i.V.m. §§ 1 Abs. 1 NVwVfG, 80 Abs. 2 VwVfG für notwendig zu erklären.

Dagegen findet eine Erstattung etwaiger der Beigeladenen im Verfahren vor der Vergabekammer entstandenen Kosten nicht statt.

a) Nach § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB sind Aufwendungen des Beigeladenen zu Lasten des unterliegenden Verfahrensbeteiligten nur erstattungsfähig, wenn die Vergabekammer sie als billig erachtet. Dabei setzt die Erstattungsfähigkeit jedenfalls voraus, dass der Beigeladene sich mit demselben Rechtsschutzziel wie der obsiegende Verfahrensbeteiligte aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt hat (OLG Brandenburg, Beschl. v. 9.2.2010 - Verg W 10/09, zitiert nach juris Tz. 46).

b) Dieser für die kostenrechtliche Berücksichtigung des Beigeladenen maßgebende Grundsatz ist auch bei der Kostenentscheidung nach Rücknahme des Nachprüfungsantrags von entscheidender Bedeutung.

aa) Dem steht der Wortlaut des § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB, wonach der Antragsteller nach Rücknahme seines Nachprüfungsantrages die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners und der Beigeladenen zu erstatten hat, nicht entgegen (a.A. Summa, in. jurisPK-VergR 2. Aufl., § 128 GWB Rz. 32.9). Die verfahrensrechtliche Stellung des Beigeladenen hat sich dadurch nicht geändert. Es bleibt ihm weiter überlassen, sich aktiv auf Seiten des Antragsstellers oder der Vergabestelle am Nachprüfungsverfahren zu beteiligen oder eine rein passive Rolle einzunehmen. Vor diesem Hintergrund hat die bisherige Rechtsprechung der Vergabesenate den Beigeladenen kostenrechtlich nur dann wie einen Antragsteller oder Antragsgegner behandelt, wenn er die durch die Beiladung begründete Stellung im Verfahren auch nutzt, indem er sich an dem Verfahren beteiligt (BGHZ 169, 131, 152 f.).

Dafür muss eine den Beitritt eines Streithelfers vergleichbare Unterstützungshandlung erkennbar sein, an Hand derer festzustellen ist, welches (Rechtsschutz-)Ziel ein Beigeladener in der Sache verfolgt (OLG Celle, Beschl. v. 27.8.2008 - 13 Verg 2/08). Ist eine solche nicht ersichtlich, handelt es sich bei den entstandenen Aufwendungen des Beigeladenen nicht um solche zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.

bb) Dass der Gesetzgeber an diesem Grundsatz durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts etwas ändern wollte, ist der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfes (BT-Drucks. 16/10117, 25), nicht zu entnehmen. Dieser hatte mit § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB vielmehr die Einführung der nach altem Recht nicht vorgesehenen Verpflichtung des Antragstellers im Blick, im Fall der Antragsrücknahme dem Antragsgegner seine notwendigen Auslagen zu erstatten (BT-Drucks. 16/10117, 10). Die Aufnahme auch der Beigeladenen in diese Regelung beruht auf einem Änderungsvorschlag des Bundesrates, da ihre Schlechterstellung vermieden werden sollte (vgl. BR-Drucks. 349/08, 28). Auch insoweit gilt aber die Begründung des Regierungsentwurfs (a.a.O. S. 25) fort, wonach die Aufwendungsregelung dem verwaltungsrechtlichen Kostengrundsatz für die Antragsrücknahme entspreche und auf dem Gedanken beruhe, dass die Rücknahme des Nachprüfungsantrags regelmäßig nur in den Fällen erfolge, in denen seine Abweisung vermieden werden solle, weshalb die Einführung einer Billigkeitserwägung nach § 269 Abs. 3 ZPO nicht geboten gewesen sei. Nach den in Bezug genommenen verwa...

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