Verfahrensgang

LG Lüneburg (Urteil vom 28.07.2016; Aktenzeichen 3 O 274/15)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Lüneburg vom 28.7.2016 geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 70.000,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.9.2014 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf EUR 70.000,00 festgesetzt.

 

Gründe

I. Durch Beschluss des AG Schwerin vom 01.9.2014 wurde auf den Eigenantrag der Y. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) vom 04.8.2014 das Insolvenzverfahren über deren Vermögen eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt (Anlage K 1, Bl. 27 d.A.). In dieser Eigenschaft macht er Ansprüche nach Insolvenzanfechtung gegenüber der Beklagten geltend.

Die Beklagte, ein Maschinenbauunternehmen, berechnete der Schuldnerin im Jahr 2012 für von ihr erbrachte Leistungen mit drei Rechnungen vom 31.10.2012

EUR 119.952,00

(Rg.-Nr. 210 120 410 3,

Fälligkeit: 14.11.2012)

EUR 19.992,00

(Rg.-Nr. 201 204 104,

Fälligkeit: 30.11.2012) und

EUR 1.049,64

(Rg.-Nr. 201 204 113,

Fälligkeit: 30.11.2012), insgesamt EUR 140.993,64.

Die Schuldnerin zahlte an die Beklagte Teilbeträge in Höhe von

EUR 15.000,00

am 15.2.2013,

EUR 20.000,00

am 17.4.2013,

EUR 15.000,00

am 20.6.2013,

EUR 5.000,00

am 23.8.2013,

EUR 5.000,00

am 19.11.2013,

EUR 5.000,00

am 08.4.2014 und

EUR 5.000,00

am 06.5.2014,

insgesamt EUR 70.000,00. Eine Ratenzahlungsvereinbarung hat die Schuldnerin mit der Beklagten nicht ausdrücklich vereinbart. Mahnungen hat die Beklagte nicht an die Schuldnerin versandt.

Der Kläger hat behauptet, dass die Schuldnerin bereits seit Anfang Februar 2013 zahlungsunfähig gewesen sei. Er hat die vorstehend genannten Zahlungen nach § 133 Abs. 1 InsO angefochten und nimmt die Beklagte insoweit auf Rückzahlung in Anspruch.

Das LG hat die Klage - nach Anhörung der Parteien - abgewiesen. Ein Rückerstattungsanspruch des Klägers nach §§ 143 Abs. 1, 133 Abs. 1 InsO scheitere an der fehlenden Kenntnis der Beklagten von einem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin, während die übrigen Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung vorlägen.

Der Beklagten sei die - im Februar 2013 bestehende - Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht positiv bekannt gewesen. Ihr seien auch keine Umstände bekannt gewesen, die aus ihrer Sicht zwingend auf eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hindeuteten. Wenngleich sie die ihr gegenüber bestehenden Zahlungsrückstände der Schuldnerin kannte, habe sie nichts von anderen Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber weiteren Gläubigern gewusst.

Es könne zur Überzeugung des erkennenden Gerichts nicht festgestellt werden, dass die Schuldnerin der Beklagten gegenüber erklärt habe, dass sie die fälligen Verbindlichkeiten nur in Raten begleichen könne. Die von der Schuldnerin - zum Teil in beträchtlicher Höhe - geleisteten Teilzahlungen stünden zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der Angaben des Geschäftsführers der Beklagten mit den üblichen Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in Einklang und seien als solche kein eindeutiges Indiz für eine Zahlungseinstellung oder Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin. Die Beklagte habe die Schuldnerin wegen der bestehenden Rückstände auch nicht gemahnt. Sie habe der Schuldnerin vielmehr noch bis Dezember 2013 weitere Projektaufträge angeboten und darüber mit ihr verhandelt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 ZPO auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er den geltend gemachten Anspruch weiter verfolgt. Insbesondere rügt der Kläger, dass das LG die in der Rechtsprechung des BGH entwickelten Grundsätze zur Feststellung der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen der Vorsatzanfechtung verkannt habe.

Des Weiteren sei die Entscheidung des LG teilweise widersprüchlich. Während das LG einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH zu den Voraussetzungen einer Zahlungseinstellung im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO (vgl. BGH, Urteil vom 18.7.2013 - IX ZR 143/12 [Rn. 7], juris; Urteil vom 08.1.2015 - IX ZR 203/12 [Rn. 13], juris) unter anderem damit begründet habe, dass durch die Nichtzahlung fälliger Gläubiger Forderungen für die beteiligten Verkehrskreise eindeutig zum Ausdruck gekommen sei, dass die Schuldnerin ihre Verbindlichkeiten nicht mehr habe bezahlen können, habe das LG im Widerspruch hierzu angenommen, dass dies für die Beklagte nicht gelte.

Der Kläger beantragt, das Urteil des LG Lüneburg (Az. 3 O 274/15) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an d...

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