Verfahrensgang
AG Celle (Aktenzeichen 23 F 23229/99) |
Gründe
Auf Grund des Prozessvergleichs vom 15. Oktober 1992 hat der Kläger für die Beklagte, seine am ##### geborene Tochter, monatlichen Kindesunterhalt von 615,00 DM zu zahlen. Mit seiner Klage verlangt er die Änderung dieses Unterhaltstitels dahin, dass er ab April 1999, nach dem 18. Geburtstag der Beklagten, ihr gegenüber nicht mehr zu Unterhaltszahllungen verpflichtet ist. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und die Hilfswiderklage der Beklagten auf Auskunftserteilung über das Einkommen des Klägers abgewiesen. Mit ihrer Berufung ficht die Beklagte dieses Urteil teilweise an: Sie. wendet sich nicht mehr gegen die Abänderung des Unterhaltstitels schlechthin, verlangt aber dessen Aufrechterhaltung in Höhe monatlicher 362,00 DM ab April 1999, 380,00 DM für Juli 1999 und 212,00 DM ab August 1999. Ihre Widerklage verfolgt sie nicht mehr weiter.
Die Berufung hat Erfolg. Zu Unterhaltszahlungen in der von der Beklagten nunmehr geltend gemachten Höhe bleibt der Kläger auch nach Eintritt der Volljährigkeit der Beklagten verpflichtet. Da das Einkommen der Mutter der Beklagten unstreitig unterhalb des ihr zu belassenden Selbstbehalts von 1.800,00 DM liegt, ist allein der Kläger zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtet. Grundlage der Unterhaltsbemessung ist nur das Einkommen des Klägers. Beide Parteien gehen im Berufungsverfahren übereinstimmend davon aus, dass der Unterhaltsbedarf der Beklagten der 4. Altersgruppe und der 12. (höchsten) Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle zu entnehmen ist: bis Juni 1999 monatlich 1.102,00 DM, ab Juli 1999 1.120,00 DM.
Vom Unterhaltsbedarf abzusetzen ist zunächst das eigene Einkommen der Beklagten. Sie erhält unstreitig eine monatliche Ausbildungsvergütung von netto 640,00 DM ab April 1999 und von netto 808,00 DM ab August 1999. Hiervon sind monatlich 108,00 DM an ausbildungsbedingten Aufwendungen abzuziehen. Höhere Aufwendungen hat die Beklagte nicht dargelegt. Sie unterschreiten den in der Düsseldorfer Tabelle für in der Regel angemessenen gehaltenen Pauschbetrag von monatlich 150,00 DM, sodass dieser nicht abzuziehen ist. An wöchentlichen Fahrtkosten zur Berufsschule in Lüneburg entstehen die Kosten der Pkw-Fahrt vom Wohnort H#### zum Bahnhof U####: 20 km x 2 x 42 Wochen x 0,52 DM : 12 = rund 73,00 DM zzgl. 5,00 DM monatliche Kosten der Bahncard (die Kosten der Bahnfahrt von U#### nach L#### erhält sie erstattet). Außerdem hat die Beklagte als Auszubildende in der Praxis einer Tierärztin erhöhte Kosten für Kleidung bzw. Kleiderreinigung, die sie angemessen auf monatlich 30,00 DM schätzt. Es verbleibt ihr daher ein anzurechnendes Einkommen von (640,00 DM - 108,00 DM) 532,00 DM bzw. (808,00 DM - 108, 00 DM) 700, 00 DM.
Die Beklagte lebt im Haushalt ihrer Mutter, die deshalb das Kindergeld bezieht. Das ist bei der Bedarfsbemessung zu berücksichtigen. Das Kindergeld ist (entgegen der Berechnung der Parteien) nicht in voller Höhe, sondern nur in Höhe eines hälftigen Anteils auf den restlichen Unterhaltsbedarf der Beklagten anzurechnen, ab April 1999 somit in Höhe von 125,00 DM, ab Januar 2000 in Höhe von 135,00 DM. Das folgt aus § 1612 b Abs. 1 BGB. Das Kindergeld wird zur Hälfte auf den Unterhalt angerechnet, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil das Kindergeld nicht erhält, weil ein anderer Elternteil hier gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG die Mutter vorrangig berechtigt ist. Da die Vorschrift des § 1612 b BGB keine Einschränkung auf minderjährige Kinder enthält, gilt sie auch für die Beklagte als volljähriges Kind. Allerdings werden von der Vorschrift des § 1612 b BGB nicht die Fälle erfasst, in denen wegen Leistungsunfähigkeit des anderen nur ein Elternteil barunterhaltspflichtig ist und das Kind einen eigenen Hausstand hat. Dann kann gemäß § 64 Abs. 3 Satz 1 EStG nur der barunterhaltspflichtige Elternteil das Kindergeld beziehen, obwohl an sich auch der andere Elternteil Anspruch auf Kindergeld hat. Der barunterhaltspflichtige Elternteil muss den vollen Unterhalt zahlen, darf aber das Kindergeld behalten; er wird in voller Höhe des Kindergeldes vom Unterhalt entlastet. Wohnt dagegen das Kind wie vorliegend beim leistungsunfähigen Elternteil, ist dieser gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG vorrangig zum Bezug des Kindergeldes berechtigt; das Kindergeld wird dann nur zur Hälfte auf den Barunterhalt angerechnet. Wegen dieser Ungleichbehandlung des barunterhaltspflichtigen Elternteils wird in der Literatur teilweise vertreten, dass im letztgenannten Fall die Vorschrift des § 1612 b Abs. 3 BGB entsprechend anzuwenden sei (so Becker in FamRZ 1999, 65 f.). Nach dieser Vorschrift ist Kindergeld in voller Höhe auf den Barunterhalt anzurechnen, wenn es nicht an den Barunterhaltspflichtigen ausgezahlt wird. Dies aber nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nur in dem Ausnahmefall, dass "nur der barunterhaltspflichtige Elternteil Anspruch auf Kindergeld" hat. Kindergeldberechtigt sind in der Regel beide Elternteile, auch wenn da...