Leitsatz (amtlich)

1. Die Mängelhaftung des (Bau-)Unternehmers ist verschuldensunabhängig. Der Unternehmer haftet für Mängel deshalb unabhängig davon, auf welchem Umstand der Mangel beruht.

2. Ein Verstoß des Nachfolgeunternehmers (hier: des Fliesenlegers) gegen seine Prüfungs- und Hinweispflicht bezüglich des Vorgewerks (hier: der Vorschalenbeplanung) ist dem Bauherrn nicht als Mitverschulden anzurechnen. Denn der nachfolgende Unternehmer ist im Verhältnis zu dem ersten Handwerker kein Erfüllungsgehilfe des Bauherrn.

3. Die Planungsverantwortung trifft originär den Bauherrn selbst. Das Fehlen einer Ausführungsplanung führt deshalb nicht dazu, dass der Unternehmer die Ausführungsplanung übernehmen muss.

 

Verfahrensgang

LG Stade (Urteil vom 23.04.2015; Aktenzeichen 3 O 230/14)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Stade vom 23.4.2015 unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 21.918,37 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten p. a. über dem jeweiligen Basissatz seit 30.05.2014 sowie weitere 1.171,67 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle etwaigen weiteren über 21.918,37 EUR hinausgehenden angemessenen Aufwendungen zu ersetzen, die auf die Beseitigung der im Urteil des LG Stade vom 23.4.2015 in Verbindung mit diesem Urteil zugesprochenen Mängelpositionen zurückgehen, hinsichtlich der Mängelpositionen Unterhang-Decken-konstruktion im Erdgeschoss und im Obergeschoss, Gipskarton-Vorschalen im Erdgeschoss im Küchen- und Esszimmerbereich sowie Vorwandkonstruktion im Badezimmer im Obergeschoss jedoch nur in Höhe von 75 %.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 56 % und der Beklagte zu 44 %.

Die Kosten des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz tragen der Kläger zu 40 % und der Beklagte zu 60 %.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschwer für den Beklagten: über 20.000,00 EUR

Beschwer für den Kläger: unter 20.000,00 EUR

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von dem Beklagten Vorschuss für die Beseitigung von Mängeln an Werkleistungen des Beklagten sowie Feststellung der Verpflichtung des Beklagten, auch die den Vorschuss übersteigenden Mängelbeseitigungskosten zu tragen.

Der Beklagte erbrachte im Rahmen einer umfangreichen Renovierung und Umgestaltung des Hauses des Klägers Tischlerei- und Innenausbauarbeiten.

Der Kläger hat den Beklagten unter Bezugnahme auf das in dem selbständigen Beweisverfahren 3 OH 4/12, LG Stade, eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. K. vom 10.10.2012, das Ergänzungsgutachten vom 01.11.2013 und die mündliche Anhörung des Sachverständigen im Termin vom 24.4.2014 (Bl. 159 ff. der OH-Akte) wegen einer Vielzahl von Mängeln in Anspruch genommen.

Wegen der Einzelheiten sowie wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 282 - 288 d.A.) Bezug genommen.

Das LG hat der Klage auf der Grundlage der Sachverständigengutachten aus dem selbständigen Beweisverfahren und nach Zeugenvernehmung teilweise stattgegeben und den Beklagten - unter Zuerkennung eines Kostenvorschussanspruchs des Klägers in Höhe von 39.300,00 EUR und unter Berücksichtigung einer unstreitigen offenen Werklohnforderung des Beklagten in Höhe von 8.981,63 EUR - zur Zahlung von 30.318,37 EUR verurteilt sowie die weiter gehende Erstattungspflicht des Beklagten festgestellt. Im Übrigen ist die Klage abgewiesen worden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er die vollständige Klageabweisung begehrt.

Der Beklagte greift das Urteil ausdrücklich nur wegen einzelner Mängelpositionen an:

Zum Punkt "Unterhang-Deckenkonstruktion im Erdgeschoss und im Obergeschoss" behauptet er, er habe für die Oberflächen der abgehängten Decken lediglich die niedrigste der für Innenputzarbeiten geltenden Qualitätsstufen Q1 angeboten und demnach auch nur geschuldet, die nach den Ausführungen des Sachverständigen K. auch eingehalten sei. Der Sachverständige K. sei aber fälschlich von der Qualitätsstufe Q 3 ausgegangen, die aufgrund dessen, dass die Flächen gestrichen und nicht tapeziert wurden, hätte erfüllt sein müssen. Dies sei bei der Höhe der Mangelbeseitigungskosten zu berücksichtigen.

Er, der Beklagte, sei im Übrigen davon ausgegangen, dass der Maler als Folgeunternehmer die Fugen zwischen den Rigipsplatten und zur Wand mit dem notwendigen Qualitätsstandard fertigstellen w...

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