Leitsatz (amtlich)

1. Hat sich ein Fehler der Architektenleistung in dem fertigen Bauwerk niedergeschlagen, schuldet der Architekt von vornherein nur noch Schadensersatz. Ein solcher Anspruch setzt nicht voraus, dass gegenüber dem Architekten eine Mängelrüge erhoben oder ihm Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben wird.

2. Ein Tragwerksplaner ist kein Fachmann für den Brandschutz. Aufgabe des Statikers ist es lediglich, statische Berechnungen und Feststellungen dem Bauherrn bzw. dessen Architekten vorzuschlagen. Der Bauherr oder sein Architekt entscheiden dann über die tatsächliche Umsetzung der aufgezeigten Möglichkeiten, also über das "Ob" und "Wie".

3. Der Architekt muss prüfen, ob und wie die Möglichkeiten der Statik mit den Wünschen des Auftraggebers und den Brandschutzvorschriften kompatibel gemacht werden können, nicht aber der Tragwerksplaner.

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 30.05.2011; Aktenzeichen 19 O 137/10)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung ihres weiter gehenden Rechtsmittels das Urteil des LG Hannover vom 30.5.2011 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, an die Klägerin 84.538,11 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.8.2008 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.935,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.7.2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Gerichtskosten in beiden Instanzen trägt die Klägerin 55 % und die Beklagte zu 1 45 %. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 trägt die Klägerin vollständig. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte zu 1 45 %. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 trägt die Klägerin 18 %. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Seite i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht Gewährleistungsansprüche wegen fehlerhaft erbrachter Architektenleistung der Beklagten zu 1 und fehlerhafter Planung des Beklagten zu 2 als Statiker geltend.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin. Sie ist der Auffassung, die geltend gemachten Gewährleistungsansprüche seien nicht verjährt:

Die Verjährung sei spätestens ab dem Erhalt des Schreibens vom 18.12.2007 gehemmt gewesen. Dazu behauptet sie, die Mängel seien am 18.12.2007 gerügt worden und es hätten sich danach bis zur Klageerhebung Verhandlungen zwischen den Parteien ergeben.

Sie ist zudem der Auffassung, beide Beklagten hätten arglistig gehandelt. Aus der Zeichnung, die der Beklagte zu 2 als Statiker gemacht habe, sei für die Beklagte zu 1 erkennbar gewesen, dass die Detailzeichnung nicht den Brandschutzanforderungen entspreche. Beide Beklagte hätten erkannt, dass ein Mangel vorliege. Sollten sie den Mangel nicht erkannt haben, dann hätten sie das Wissen nicht gehabt, derartige Zeichnungen zu erstellen und die Ordnungsgemäßheit dieser Detailzeichnung zu überprüfen. Aus dem Sachverständigengutachten ergebe sich, dass dieser Mangel sofort erkennbar gewesen sei. Auch der Mitarbeiter der Stadt L. hätte diesen Fehler sofort erkannt. Das Herstellen der Detailzeichnung durch den Beklagten zu 2 sei bewusst, vorsätzlich und damit arglistig erfolgt.

Schließlich liege ein Organisationsverschulden bei der Beklagten zu 1 vor.

In gleicher Weise argumentiert die Klägerin hinsichtlich der behaupteten Mängel bei der Dachabdichtung und der Brandschutzmängel im Dachbereich. Die Klägerin trägt vor, die Mängel seien sofort für jeden sichtbar und so gravierend, dass man sie nicht übersehen könne. Die Beklagte zu 1 habe überhaupt keine Bauüberwachung getätigt oder die dazu abgestellten Mitarbeiter seien mit Blindheit geschlagen gewesen oder hätten nicht die Sachkunde gehabt, die Mängel zu erkennen.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des Urteils des LG Hannover vom 30.5.2011 den in erster Instanz gestellten Anträgen stattzugeben, nämlich:

1. die Beklagte zu 1 zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 102.140,80 EUR nebst 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz auf 90.000 EUR seit dem 1.8.2008, auf 8.640 EUR seit dem 1.12.2009 und 3.500,80 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. den Beklagten zu 2 zu verurteilen, als Gesamtschuldner mit der Beklagten zu 1 an die Klägerin einen Betrag i.H.v. 84.538,11 EUR nebst 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1.12.2009 zu zahlen;

3. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 2.051 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshän...

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