Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungsdauer in der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung: Auslegung eines Änderungsantrages des Versicherungsnehmers in Bezug auf die beantragte Leistungsdauer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, wann bei einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung der Änderungsantrag unter Würdigung aller Umstände dahin auszulegen ist, dass die Leistungsdauer über die beantragte Versicherungsdauer hinausgehen soll.

 

Normenkette

VVG § 5 Abs. 3, § 172

 

Verfahrensgang

LG Stade (Urteil vom 12.04.2016; Aktenzeichen 3 O 225/15)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 12.4.2016 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Stade abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.683,07 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2015 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ab dem 01.07.2015 eine monatliche (Gesamt-)Rente in Höhe von 1.634,21 EUR zu zahlen, wobei eine Teilrente aus dem Versicherungsvertrag... 002 in Höhe von 85,20 EUR längstens bis zum 01.07.2034 und die weitere Teilrente aus dem Versicherungsvertrag... 003 in Höhe von 1.549,01 EUR längstens bis zum 01.12.2034 zu zahlen ist.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von der Beitragszahlungsverpflichtung zum Versicherungsvertrag... 003 ab dem 01.12.2014 zu monatlich 82,80 EUR - längstens bis zum Vertragsende am 01.12.2034 - freizustellen und bereits gezahlte Beiträge zurückzuzahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.217,45 EUR zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aus dem Urteil insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger nimmt die Beklagte aus zwei Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungen in Anspruch, nachdem die Beklagte ihre Leistungen unter Hinweis auf den Ablauf der vereinbarten Leistungsdauer eingestellt hatte.

Der am... 05.1974 geborene Kläger unterhält bei der Beklagten zwei Rentenversicherungen. Die Verträge hatte er im Jahr 1996 bei der XX. Lebensversicherungs-AG abgeschlossen, für die er auch als Versicherungsagent tätig war. Rechtsnachfolgerin der XX. Versicherung ist die Beklagte (im Folgenden wird einheitlich die Bezeichnung Beklagte verwendet).

Es bestand eine Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (ursprüngliche Versicherungs-Nr... -929, nunmehr Nr... 002, im Folgenden als "erster Vertrag" bezeichnet). In diesem Vertrag war ein Versicherungsbeginn am 01.07.1996 und ein Rentenbeginn am 01.07.2034 vereinbart (s. Versicherungsschein vom 03.07.1996, Anlage K 1, im Anlagenhefter, im Folgenden: AH). Bei einer Berufsunfähigkeit von mindestens 50 % sollten die vollständige Befreiung von der Beitragszahlung sowie die Zahlung einer monatlichen Rente in Höhe von 727,09 DM längstens bis zum 01.07.2034 erfolgen. Der monatliche Beitrag von 120 DM sollte bis zum Ende des Beitragszahlungsabschnitts, in dem der Versicherte stirbt, zu zahlen sein, längstens bis zum 01.07.2034.

Dem Vertrag liegen u.a. die Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung BU 5.1995 der Beklagten zugrunde (Bl. 11 ff. AH).

Daneben bestand eine zweite Rentenversicherung, die zunächst keine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung enthielt (ursprüngliche Versicherungs-Nr...85..., nunmehr Nr...003, im Folgenden: zweiter Vertrag).

Im Jahr 1998 wandte sich der Kläger telefonisch an die Beklagte, weil er in Bezug auf die beiden Versicherungsverträge Änderungen vornehmen wollte. Für den ersten Vertrag wünschte er eine Erhöhung der Berufsunfähigkeitsrente. In den zweiten Rentenversicherungsvertrag sollte - erstmals - eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung einbezogen werden.

Der Sachbearbeiter der Beklagten, Herr F., übersandte dem Kläger daraufhin vorbereitete Änderungsanträge, die er bereits handschriftlich entsprechend ausgefüllt hatte (Anlagen K 3/K 4, Bl. 18 ff./23 ff. AH).

Beide Anträge enthielten folgende Eintragungen "zu den technischen Daten nach der Änderung" (Bl. 18 und 23 AH):

Tarif

(s. Vers.-Form

Summe/Jahresrente DM

Beginn

Vers.-

Dauer

Beitrags-

zahlungs-

dauer

End-

Alter

Ablauf

(...)

Berufsunfähigkeits-

Zusatzvers.

BU94

13.500,-

01.12.97

37

37

60

01.12.34

- nur Beitragsbefreiung - Leistungsdauer (Jahre)

Der Kläger änderte diese Eintragungen jeweils wie folgt:

Berufsunfähigkeits-

Zusatzvers.

BU94

13.500,-

01.12.97

37

37

60

01.12.34

17

17

- nur Beitragsbefreiung - Leistungsdauer (Jahre)

Den jeweils eingetragenen Gesamt-Monatsbeitrag strich er durch und fügte "bitte ändern!" hinzu.

Unter dem 14.04.1998 sandte der Kläger die unterzeichneten Änderungsanträge an die Beklagte - zu Händen von Herrn F. - zurück. In seinem Anschreiben (Anlage K 2, Bl. 17 AH) wies er auf Folgendes hin: "Bit...

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