Leitsatz (amtlich)
1. Wird in einem Haftpflichtversicherungsvertrag vereinbart, dass der Versicherer Versicherungsschutz für den Fall gewährt, dass eine versicherte Person von einem Dritten geschädigt wird und die daraus entstandene Schadensersatzforderung gegen den Dritten nicht durchgesetzt werden kann, sowie der Umfang des Versicherungsschutzes sich im Übrigen nach dem Deckungsumfang der Privathaftpflichtversicherung richtet, so kommt ein Versicherungsschutz in Betracht, wenn der Versicherungsnehmer einem Dritten ein Darlehen gewährt hat, dieses nicht zurückgezahlt wird, und der Versicherungsnehmer nachweist, dass der Darlehensnehmer von vornherein nicht zur Rückzahlung in der Lage und/oder willens war (Eingehungsbetrug gem. § 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB, § 826 BGB).
2. Zur Bindungswirkung und Voraussetzungsidentität bei einem Versäumnisurteil für den späteren Deckungsprozess in einem solchen Fall.
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 23.10.2009; Aktenzeichen 13 O 376/07) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 23.10.2009 verkündete Urteil des Einzelrichters der 13. Zivilkammer des LG Hannover wird auf ihre Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Kläger die Kosten des Versäumnisurteils des LG vom 13.8.2008 trägt.
2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht Ansprüche aus einer Haftpflichtversicherung geltend, der die AHB (Bl. 15 ff.) sowie die Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen zur Privathaftpflicht "K." (Bl. 19 ff.) zugrunde liegen. In Ziff. 6.1 BBR-K. heißt es u.a.:
"Darüber hinaus besteht Versicherungsschutz für Schadensersatzansprüche, denen ein vorsätzliches Handeln des Schädigers zugrunde liegt ..."
Der Kläger begehrt von der Beklagten Deckung für ein nach seiner Behauptung von ihm einem H. H. gewährten Darlehen über 85.000 EUR. In einem Darlehensvertrag vom 8.12.2004 heißt es (Bl. 17 der Beiakten 5113 Js 4694/05 StA Frankenthal):
"Hiermit bestätige ich, H. H., Aufenthaltsort in ..., dass ich von meinem Freund P. E.,... in ... 85.000 EUR (in Worten: fünfundachtzigtausend) am 8.12.2004 in bar erhalten habe. Ich bestätige durch meine Unterschrift, dass ich das Geld erhalten habe, und versichere, dass ich es bis 25.12.2004 zurückzahlen werde. Als Sicherheit verpfände ich mein Hausboot nebst Liegeplatz in H. Die Papiere wurden Herrn E. übergeben. Ich versichere, für den Fall, dass von dem Pfandrecht durch Herrn E. Gebrauch gemacht wird (für den Fall, dass ich das Darlehen nicht pünktlich zurückzahle), dass ich ihm alle Rechte an der Pfandsache verschaffen werde. Ich versichere, dass Rechte Dritter nicht bestehen. Nach Darlehensrückzahlung werden beide Originale des Vertrages vernichtet. Kopien haben keine Relevanz."
Der Kläger ist im Besitz eines sog. "M. brief" für ein Schiff in ... (Beiakten Bl. 16, 155). H. H. gab am 18.12.2004 vor dem AG Bad Dürkheim die Eidesstattliche Versicherung ab. Am 1.2.2005 erstattete der Kläger Strafanzeige gegen Herrn H.; das Verfahren (Beiakten) ist wegen des unbekannten Aufenthalts des Herrn H. vorläufig eingestellt worden gemäß staatsanwaltlicher Verfügung vom 22.11.2006 (Beiakten Bl. 163). In einem Rechtsstreit vor dem LG Frankenthal erging zugunsten des Klägers ein Versäumnisurteil über 85.000 EUR zzgl. Zinsen gegen Herrn H. Die von diesem an den Kläger zu erstattenden Kosten wurden auf 4.957,58 EUR festgesetzt. Der Kläger meldete den Schaden am 12.9.2007 bei der Beklagten an (Bl. 23 f.), die Leistungen verweigerte (Bl. 30, 32).
Der Kläger hat behauptet, er habe Herrn H. am 8.12.2004 ein Darlehen über 85.000 EUR gewährt, welches bis zum 25.12.2004 habe zurückgezahlt werden sollen. Herr H. habe von Anfang an nicht vorgehabt, ihm das Darlehen zurückzuzahlen, was sich schon an der Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung am 18.12.2004, an einer Bedrohung des Klägers am 24.12.2004 und am Untertauchen des Herrn H. gezeigt habe.
Die Beklagte hat demgegenüber insbesondere gemeint, es sei nicht ersichtlich, dass es sich um einen Eingehungsbetrug gehandelt habe.
Mit Urteil vom 12.12.2008 hat das LG sein klagabweisendes Versäumnisurteil vom 13.8.2008 aufrechterhalten. Der Senat hat mit Urteil vom 30.4.2009 das Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen. Dieses hat die Zeugin S., die Lebensgefährtin des Klägers, als Zeugin vernommen. Es hat sodann der Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 13.8.2008 stattgegeben. Versichert sei auch ein deliktischer und vertraglicher Schadensersatzanspr...