Entscheidungsstichwort (Thema)
Subunternehmereinsatz kein Anfechtungsgrund
Leitsatz (amtlich)
Nach § 4 Nr. 8 VOB/B hat der Unternehmer zwar grundsätzlich die Pflicht zur Ausführung der Leistung im eigenen Betrieb. Andererseits ist ein Subunternehmereinsatz im Baugewerbe allgemein üblich und es kann nach Treu und Glauben sogar ein Zustimmungsanspruch ggü. dem Auftraggeber bestehen. Im Regelfall ist deshalb ein Recht des Auftraggebers zur Anfechtung des Bauvertrages wegen arglistiger Täuschung, gestützt auf den Vorwurf der fehlenden Offenbarung eines Subunternehmereinsatzes, zu verneinen.
Ferner ist die vorprozessual rügelose Hinnahme des Subunternehmereinsatzes als dessen die Anfechtung ausschließende Bestätigung aufzufassen (§ 144 BGB).
Normenkette
BGB §§ 123, 144; VOB/B § 4 Nr. 8
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 28.06.2006; Aktenzeichen 5 O 241/04) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des LG Lüneburg vom 28.6.2006 teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 96.407,02 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.7.2004 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin werden zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin ¼ und der Beklagte ¾.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Streitwert:
Berufung 106.844,91 EUR
Anschlussberufung 21.478,16 EUR
128.323,07 EUR
Gründe
I. Die Klägerin begehrt Werklohn für Malerarbeiten nach Kündigung des Vertragsverhältnisses und späterer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung durch den Beklagten.
Der Beklagte, von Beruf Architekt, war Bauherr des bei Lüneburg errichteten und eröffneten Golf- und Tagungshotels Adendorf. Er beauftragte die Klägerin durch Telefax vom 12.3.2004 (Anl. K 4; Bl. 92 d.A.) mit der Ausführung der Malerarbeiten zum Pauschalpreis von 200.000 EUR (abzgl. 3 % Skonto). Zugrunde lag ein LVZ (Anl. K 3; Bl. 36 ff. d.A.), welches der Beklagte auf der Grundlage eines zuvor von der Klägerin abgegebenen Angebots (Anl. K 1 u. 2; Bl. 18 ff. u. 21 ff. d.A.) ausgearbeitet hatte. Vereinbart war die Geltung der VOB/B.
Die Arbeiten begannen vereinbarungsgemäß am 15.3.2004 in der 12. Kalenderwoche. Die Fertigstellung war in der 25. Kalenderwoche vorgesehen. Die Ausführung der Arbeiten hatte die Klägerin noch am Tag ihrer eigenen Beauftragung und unstreitig ohne Information oder gar Genehmigung des Beklagten der P. & W. GmbH als Subunternehmerin übertragen. Insoweit war intern ein Pauschalpreis von netto 123.350 EUR (nach Abzug von 3 % Skonto) vereinbart (Anl. K 16b; Bl. 121 ff. d.A.).
Schon kurze Zeit nach Aufnahme der Arbeiten kam es zu Unstimmigkeiten der Parteien, weil die Klägerin unter Berufung auf zurückgelassene Mängel der Vorhandwerker diverse Behinderungsanzeigen beim Beklagten erstattete, während dieser der Klägerin einen mangelhaften Fortschritt der Arbeiten vorwarf. Er legte der Klägerin einen Bauzeitenplan vor, den diese jedoch nicht akzeptierte (Anl. K 8 u. 9; Bl 107 f. u. 109 f.).
Mit Schreiben vom 23.4.2004 erklärte der Beklagte zunächst den Teilentzug der Arbeiten betreffend den Bauteil A (Anl. K 11; Bl. 113 d.A.). Durch weiteres Schreiben des Beklagten vom 27.4.2004 erfolgte sodann der vollständige Entzug des Auftrags. Wörtlich heißt es u.a. (Anl. K 12; Bl. 114 d.A.):
"Sie halten die Termine gemäß Bauzeitenplan und Ihre selbst angezeigten Fertigstellungstermin nicht ein. Sie befinden sich erhebliche Wochen im Verzug!
Aufgrund dieser Vertragsverletzungen entziehen wir ihnen hiermit den Auftrag."
Die Klägerin hat bestritten, in Verzug gewesen zu sein. Sie sieht die Kündigung des Beklagten als freie Kündigung gem. § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B an und verlangt gem. § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B die vereinbarte Vergütung abzgl. ersparter Aufwendungen. Unter Berücksichtigung von ihr behaupteter Zusatzleistungen hat sie eine Schlussrechnung vom 9.7.2004 nebst Anlage 1 über insgesamt (erbrachte Leistungen 43.434,65 EUR + Zusatzleistungen 26.353,90 EUR + entg. Gewinn 40.834,79 EUR =) 128.323,07 EUR brutto erstellt (Anl. K 19, K20; Bl. 203 f., 205 f. d.A.). Dies ist die Klageforderung.
Der Beklagte hat nichts bezahlt und will nichts bezahlen. Er hat mit der Klageerwiderung die Anfechtung der Auftragserteilung wegen arglistiger Täuschung erklärt, weil die Klägerin unter Verstoß gegen die Eigenleistungsverpflichtung aus § 4 Nr. 8 VOB/B die Arbeiten komplett an ihre Subunternehmerin weitergegeben hatte. Dies habe sie, ausweislich der Tatsache, dass sie die P. & W. GmbH am Tage ihrer eigenen Beauftragung als Subunternehmerin beauftragt hat, von vornherein vorgehabt, ihm, dem Beklagten, aber n...