Leitsatz (amtlich)

Der Entzug von mit Spargelkulturen bewirtschafteten Grundstücksflächen im Flurbereinigungsverfahren kann im Einzelfall nach den Grundsätzen von Treu und Glauben auch für den Pächter, der mit dem Eigentümer nur mündliche und nach §§ 585a, 594a BGB kündbare Pachtverträge geschlossen hat, unter dem Gesichtspunkt des Entzuges des Pachtrechts als vermögenswerter Rechtsposition nach § 88 Nr. 5 FlurberG einen Entschädigungsanspruch auslösen, dessen Höhe sich auf der Grundlage nicht nur der ver-bleibenden Pachtdauer bis zur nächstmöglichen ordentlichen Kündigung, sondern darüber hinaus bis zum Ende (Verbrauch) der bereits angelegten Spargelkultur bemisst.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 585a, 594a; FlurBerG § 88; GG Art. 14

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 13.12.2000; Aktenzeichen 7 O 500/99 (Baul.))

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 02.10.2003; Aktenzeichen III ZR 114/02)

 

Tenor

Die Berufung der Beteiligten zu 1) (…) gegen das am 13.12.2000 verkündete Urteil der Kammer für Baulandsachen bei dem LG Hannover wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beteiligte zu 1) zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beteiligte zu 1) darf die Vollstreckung des Beteiligten zu 2) durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Antragstellerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Wert der Beschwer für die Beteiligte zu 1): 75.636,79 Euro.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die angemessene Höhe einer dem Beteiligten zu 2) zu gewährenden Entschädigung nach Enteignung von ihm zum Spargelanbau genutzter Grundstücksflächen.

Auf der Grundlage eines seit 29.4.1997 unanfechtbaren Planfeststellungsbeschlusses der Bezirksregierung … vom 31.10.1996 wurden der Beteiligten zu 1) bedingt durch den vierspurigen Ausbau der Bundesstraße … Flächen der Gemarkungen …, … und … zu Eigentum übertragen. Mit Beschluss vom 11.12.1996 wurde für die genannten Flächen die Flurbereinigung angeordnet, die die Beteiligte zu 3 als Unternehmensflurbereinigung durchführte. Mit dem Eigentümer der Flächen, der Erbengemeinschaft … wurde am 2.10.1997 mit Besitzübergang zum 1.1.1997 ein Bauerlaubnisvertrag abgeschlossen, ferner ein weiterer Bauerlaubnisvertrag mit dem Beteiligten zu 2) vom 12.4.1998 mit rückwirkendem Besitzübergang zum 1.10.1997.

Der Beteiligte zu 2) hatte hier in Rede stehende Flächen seit dem Jahre 1978 auf der Grundlage eines mit der Erbengemeinschaft … mündlich geschlossenen Pachtvertrages zum Teil selbst und zum Teil im Wege der Unterverpachtung an Dritte mit Spargelanbau bewirtschaftet. Mit Wirkung vom 2.1.1998 schloss der Beteiligte zu 2) mit der Erbengemeinschaft ferner einen schriftlichen Pachtvertrag für die Dauer vom 1.1.1998 bis 31.12.2007.

Mit der Ermittlung der angemessenen Entschädigung für den Entzug der Flächen hat die Beteiligte zu 3) im Einvernehmen mit der Straßenbauverwaltung im Verwaltungsverfahren die vereidigte Sachverständige für Gartenbau Frau Dipl. agr. … beauftragt. Diese hat in zwei Gutachten vom 4.12.1997 sowie 4.6.1998 schriftliche Gutachten erstellt. Auf der Grundlage des letztgenannten Gutachtens hat die Beteiligte zu 3 die seitens der Beteiligten zu 1) an den Beteiligten zu 2) zu leistende Entschädigung auf insgesamt 87.369,57 Euro (170.880 DM) festgesetzt.

Gegen diese Entschädigungsfestsetzung haben sowohl die Beteiligte zu 1) als auch der Beteiligte zu 2) Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt.

Die Beteiligte zu 1) hat gemeint, dass die gutachterlichen Ausführungen der Sachverständigen … keine hinreichend nachvollziehbare und deshalb für eine gerichtliche Festsetzung ausreichende Grundlage einer Entschädigung in der genannten Höhe bildeten. Insbesondere habe die Sachverständige sowohl für Kosten als auch die Erträge der Spargelanlage Zahlen und Werte übernommen, die nicht durch ausreichend konkrete und sichere Feststellungen gedeckt seien. Die Entschädigungshöhe könne deshalb nur anhand der Richtwertdeckungsbeiträge der Landwirtschaftskammer … – bereinigt um die Vermarktungskosten – ermittelt werden. Danach ergebe sich hier jedoch nur eine Entschädigung zur Höhe von 11.732,77 Euro (22.947,30 DM).

Die Beteiligte zu 1) hat beantragt, die Entschädigungssumme für die Spargelanlage auf 22.947,30 DM festzusetzen.

Der Beteiligte zu 2) hat beantragt, diesen Antrag zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 2) hat seinerseits beantragt, die Entschädigungssumme auf 92.707,96 Euro (181.321 DM) entsprechend dem ersten Gutachten der Sachverständigen … festzusetzen.

Die Beteiligte zu 1) hat beantragt, diesen Antrag zurückzuweisen.

Das LG hat Beweis erhoben durch mündliche Erläuterung ihrer schriftlichen Gutachten seitens der Sachverständigen … Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 14.11.2000 Bezug genommen.

Mit Urt. v. 13.12.2000 hat das LG die Anträge auf gerichtliche Entscheidung sowohl der Beteiligten zu 1) als auch des Beteiligten zu 2) zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer ausge...

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