Leitsatz (amtlich)
1. Die Leckage der Kraftstoffzuleitung im Motorraum, die einen Brandschaden verursacht, aufgrund dessen das Fahrzeug unbrauchbar wird, stellt auch bei einem 10 Jahre alten Gebrauchtwagen keinen gewöhnlichen Verschleiß, sondern einen gewährleistungspflichtigen Mangel dar.
2. Der gewährleistungspflichtige Autoverkäufer ist auch zur Entschädigung des Nutzungsausfalls verpflichtet. Dies folgt nicht aus dem Gesichtpunkt des Verzuges, vielmehr handelt es sich um einen Schadensersatzanspruch aus §§ 280, 281 BGB. Diesem Anspruch steht auch der Rücktritt vom Kaufvertrag nicht entgegen (Anschluss an BGH, Urt. v. 28.11.2007 - VIII ZR 16/07, ZIP 2008, 319).
Normenkette
BGB §§ 280-281, 434 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 16.11.2007; Aktenzeichen 3 O 305/06) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Lüneburg vom 16.11.2007 wird zurückgewiesen.
2. Auf die Berufung der Klägerin wird das vorgenannte Urteil teilweise geändert:
Die Beklagte wird verurteilt, über den bereits zuerkannten Betrag von 3.000 EUR hinaus weitere 1.204 EUR (Nutzungsausfallentschädigung) nebst Verzugszinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2006 an die Klägerin zu zahlen sowie sie in Höhe weiterer 95,69 EUR von der vorgerichtlichen Honorarforderung ihres Prozessbevollmächtigten freizustellen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Klägerin 2/3 und die Beklagte 1/3. Die Kosten des Berufungsrechtszugs fallen der Beklagten zur Last.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Streitwert für das Berufungsverfahren:
Berufung der Klägerin: 1.204 EUR
Berufung der Beklagten: 3.500 EUR
Gesamt: 4.704 EUR.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Berechtigung der Klägerin zum Rücktritt von einem Pkw-Kaufvertrag.
Die Klägerin kaufte bei der Beklagten im Juni 2006 für 3.000 EUR einen 10 Jahre alten Ford Galaxy, laut Kaufvertragsurkunde vom Streitverkündeten, dem Voreigentümer D. R., ohne jegliche Garantie/Gewährleistung" (Bl. 7 d.A.). Zwei Monate später, am 19.8.2006, brannte der Motorraum des Wagens aus. Seitdem ist das Fahrzeug nicht mehr fahrbereit. Die Klägerin hat den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt.
Das LG hat die Beklagte als gewerbliche Händlerin als gewährleistungspflichtig angesehen und sie antragsgemäß zur Rückzahlung des Kaufpreises, Zug um Zug gegen Rückgabe des Wagens verurteilt. Wegen der weiterhin von der Klägerin begehrten Nutzungsausfallentschädigung i.H.v. 43 EUR täglich gemäß Tabelle von Sanden/Danner vom Schadenstag bis zum 26.3.2007 hat das LG die Klage abgewiesen. Zwar habe sich die Beklagte mit der Rückabwicklung des Kaufvertrags in Verzug befunden, jedoch sei der Entzug der Nutzungsmöglichkeit hierauf nicht zurückzuführen.
Die Beklagte hat gegen ihre Verurteilung Berufung eingelegt, mit der sie weiterhin die vollständige Klageabweisung erstrebt. Demgegenüber hat die Klägerin gegen die teilweise Klageabweisung betreffend die Nutzungsentschädigung, allerdings - entsprechend der eingeschränkt erfolgten Bewilligung der Prozesskostenhilfe - nur in Höhe eines Teilbetrags von 1.204 EUR, ihrerseits Berufung eingelegt.
II. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, diejenige der Klägerin ist begründet.
1. Die Berufung der Beklagten, mit der sie weiterhin die Klageabweisung erstrebt, ist nicht begründet.
a) Es fehlt zunächst nicht an der Passivlegitimation der Beklagten, weil nicht sie, sondern im Rahmen eines Agenturgeschäfts der Streitverkündete R. als Verkäufer des Fahrzeugs anzusehen wäre. Denn tatsächlich hatte die Beklagte zum Zeitpunkt des Verkaufs an die Klägerin das Fahrzeug bereits erworben aufgrund eines mit der Ehefrau R. geschlossenen Kaufvertrags vom 2.6.2006.
Zwar ist in dem Kaufvertragsformular als Verkäufer D.R. eingetragen. Auch trägt dieser die Überschrift "Gebrauchtwagenkaufvertrag von Privat zu Privat" (Bl. 7 d.A.). Jedoch hat die Beklagte selbst vorgetragen, dass diese Art der Vertragsgestaltung gewählt worden ist, um die Regelungen über den Verbrauchsgüterkauf auszuschalten. In einem solchen Fall liegt aber ein unzulässiges Umgehungsgeschäft vor. Insoweit kann auf die Ausführungen des LG in dem angefochtenen Urteil unter Ziff. II.1. in vollem Umfang Bezug genommen werden.
Lediglich ergänzend ist insoweit noch auszuführen, dass die Beklagte ihre Passivlegitimation in erster Instanz auch zugestanden hat, indem sie diese in der Klageerwiderung in keiner Weise in Abrede genommen hat. So heißt es auf S. 2 der Klageerwiderung (Bl. 29 d.A.):
"Richtig ist, dass die Klägerin den streitgegenständlichen Pkw bei der Beklagten erworben hat,..."
Im selben Schriftsatz heißt es auf S. 5 (Bl. 32 d.A.):
"Es ist nicht so, dass die dem Verkäufer, sprich der Beklagten, zustehende Art der Nacherfüllung fehl geschlagen hat."
Hat die Beklagte sich danach im Rechtsstreit zunächst selbst als Verkäuferin bezeichnet und zur Klageverteidigung lediglich Ausführungen zum Vorliegen eines Mangels bei Übergabe gemacht, so ist sie gehindert...