Leitsatz (amtlich)
Laborfachärzte, die einer Laborgemeinschaft niedergelassener Ärzte durch Subventionen ermöglichen, O I- und O II-Untersuchungen zu Preisen deutlich unterhalb der Honorarsätze des EBM anzubieten, um auf diese Weise Nachfrage auf Leistungen ihrer eigenen Facharztpraxis zu lenken, handeln unter dem Gesichtspunkt des „übertriebenen Anlockens” wettbewerbswidrig.
Normenkette
UWG § 1
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Aktenzeichen 7 O 99/00) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 3.5.2001 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des LG Lüneburg teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Den Beklagten wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs niedergelassenen Ärzten entweder selbst oder unter der Bezeichnung „Arbeitsgemeinschaft …” Laboruntersuchungen der Bereiche O I und O II zu Preisen anzubieten, die unterhalb der Honorarsätze für technische Laborleistungen des EBM liegen, und/oder für derartige Laboruntersuchungen Preise zu berechnen, die unterhalb der vorbezeichneten Honorarsätze liegen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Die Beklagten können die Vollstreckung hinsichtlich der Hauptsache durch Sicherheitsleistung i.H.v. 26.000 Euro, hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger hinsichtlich der Hauptsache ebenfalls i.H.v. 26.000 Euro, hinsichtlich der Kosten i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leisten.
Der Wert der Beschwer beträgt für beide Parteien über 20.000 Euro.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger betreiben in …, die Beklagten in … eine Gemeinschaftspraxis für Labormedizin. Beide Parteien erbringen ärztliche Leistungen für Patienten in …, … und … .
Die Beklagten sind außerdem Mitgesellschafter der Laborgemeinschaft „…”, die unter derselben Adresse wie die Beklagten ebenfalls Laboruntersuchungen durchführt. Bis zum 1.10.2000 waren sie außerdem Geschäftsführer dieser Arbeitsgemeinschaft.
Niedergelassene Ärzte dürfen einfache Laboruntersuchungen – im Abrechnungssystem als O I- und O II-Leistungen bezeichnet – selbst ausführen und ggü. ihren kassenärztlichen Vereinigungen abrechnen. Letzteres dürfen sie auch dann, wenn eine Laborgemeinschaft diese Untersuchungen ausgeführt hat, sofern sie Mitgesellschafter dieser Gemeinschaft sind. Die anderen Laboruntersuchungen – sog. O III-Leistungen – können nur Fachärzte für Labormedizin ggü. den Kassen abrechnen. Wenn solche Untersuchungen notwendig werden, überweist der niedergelassene Arzt den Patienten einem Laborarzt, der dann untersucht und selbst ggü. den Kassen abrechnet. Die Kassen rechnen die Laborleistungen nach einem eigenen Tarifsystem ab, dem seit dem 1.7.1999 gültigen Labor-EBM (einheitlicher Bewertungsmaßstab).
Die Arbeitsgemeinschaft … stellte ihrerseits ihren Mitgliedern für O I- und O II-Untersuchungen nur Kosten in Rechnung, die wesentlich niedriger waren als die Honorarsätze des EBM. Auf die vergleichende Zusammenstellung Bl. 174 wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 13.4.2000, Bl. 5 ff., wandten sich die Beklagten als Fachärzte für Labormedizin an die Gemeinschaftspraxis … in … und stellten sich als Laborfacharztpraxis vor. Diesem Schreiben beigefügt war eine Preisliste der Arbeitsgemeinschaft … . Ob diese Sendung auch das Vorstellungsschreiben der Arbeitsgemeinschaft Bl. 26 f. enthielt, ist zwischen den Parteien streitig.
Die Kläger erwirkten gegen die Beklagten eine einstweilige Verfügung, in der diesen verboten wurde, niedergelassenen Ärzten Laboruntersuchungen der Bereiche O I und O II zu Preisen unterhalb der Honorarsätze des EBM anzubieten und solche Leistungen mit der Maßgabe anzubieten, dass ein niedergelassener Arzt, der nicht Mitglied der Laborgemeinschaft ist, diese Leistungen selbst ggü. seiner Kasse abrechnet (Beiakten LG Lüneburg 7 O 66/00).
Im vorliegenden Hauptsacheverfahren haben die Kläger geltend gemacht, die Beklagten böten O I- und O II-Untersuchungen unterhalb der – den Sätzen des EBM entsprechenden – Selbstkosten an, um mit dieser Quersubvention niedergelassene Ärzte zu veranlassen, ihnen ihre O III-Untersuchungsaufträge zu überweisen. Das sei wettbewerbswidrig. Außerdem betrieben die Beklagten unlauteren Wettbewerb, indem sie Ärzte zum Abrechnungsbetrug verleiten wollten, wie sich aus dem Schreiben vom 13.4.2000 ergebe.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, allein daraus, dass die Preise der Laborgemeinschaft unter denen des EBM liege, folge noch nicht, dass sie niedriger als die Selbstkosten der Laborgemeinschaft seien. Ein Verleiten zu...