Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Fragen der Bekanntmachungspflicht nach § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG im Falle einer vorzeitigen Beendigung von Verträgen sowie den hieraus resultierenden Rechtsfolgen im Falle der Nichteinhaltung
Leitsatz (amtlich)
Die vorzeitige Beendigung von Verträgen i.S.v. § 46 Abs. 2 EnWG sowie das diesbezügliche Vertragsende sind nach § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger oder im elektronischen Bundesanzeiger bekannt zu machen.
Eine nicht diesen Anforderungen entsprechende Bekanntmachung hat nach § 134 BGB die Nichtigkeit des daraufhin zustande gekommenen Rechtsgeschäfts zur Folge.
Normenkette
EnwG § 46 Abs. 3 S. 3; BGB § 134
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 12.09.2012; Aktenzeichen 21 O 16/12) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 21. Zivilkammer (1. Kammer für Handelssachen) des LG Hannover vom 12.9.2012 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheit i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 35.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin ist ein Energieversorgungsunternehmen. Die Beklagte ist die Stadt W. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hatte mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Gemeinde S., am 7./19.6.1991 einen Stromkonzessionsvertrag mit einer Laufzeit von 20 Jahren geschlossen. Im Juli 2006 vereinbarten die Klägerin und die Gemeinde S. die Beendigung dieses Vertrages mit Wirkung zum 31.5.2008. Die Gemeinde S. gab daraufhin im Deutschen Ausschreibungsblatt das vorzeitige Ende des Konzessionsvertrages zum 31.5.2008 bekannt und forderte an dem neu abzuschließenden Konzessionsvertrag interessierte Unternehmen auf, ihr Interesse innerhalb von drei Monaten nach Veröffentlichung der Bekanntmachung zu bekunden. Unter dem 24.5./20.6.2007 schlossen die Klägerin und die Gemeinde S. einen neuen Konzessionsvertrag mit einer Laufzeit von 20 Jahren. Zum 1.7.2009 wurde die Gemeinde S. in die Beklagte eingemeindet. Mit Schreiben vom 15.9.2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie gehe davon aus, dass der Konzessionsvertrag vom 24.5./20.6.2007 unwirksam sei, weil es an einer Bekanntmachung entsprechend den Vorgaben des § 46 Abs. 3 EnWG im Bundesanzeiger oder im elektronischen Bundesanzeiger gefehlt habe. Die Klägerin begehrt nunmehr mit der vorliegenden Klage die Feststellung, dass der vorgenannte Vertrag wirksam sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der darin gestellte Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das LG hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Konzessionsvertrag wirksam sei. Es könne offen bleiben, ob die Regelung in § 46 Abs. 3 Satz 1 EnWG, wonach im Falle einer vorzeitigen Beendigung von Wegenutzungsverträgen vor Ablauf der Vertragslaufzeit die vorzeitige Beendigung "öffentlich bekannt zu geben" ist, dahin zu verstehen sei, dass die Bekanntmachung im Bundesanzeiger oder im elektronischen Bundesanzeiger erfolgen müsse, wie dies in § 46 Abs. 3 Satz 1 EnWG für den Fall der regulären Beendigung vorgeschrieben ist. Denn jedenfalls würde ein etwaiger Verstoß gegen die Vorschrift durch die Bekanntmachung "nur" im Deutschen Ausschreibungsblatt nicht zur Unwirksamkeit des Konzessionsvertrages nach § 134 BGB führen.
Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiter.
Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug.
Auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird ergänzend verwiesen.
II. Die Berufung hat Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Feststellungsantrag nicht zu.
1. Allerdings besteht ein Feststellungsinteresse i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO.
Für ein Feststellungsinteresse i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO ist ein allgemeines Klärungsinteresse nicht ausreichend. Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist vielmehr nur gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 13.1.2010 - VIII ZR 351/08, juris Rz. 12; Versäumnisurteil vom 16.9.2008 - VI ZR 244/07, juris Rz. 13 f.). Eine derartige Ungewissheit entsteht regelmäßig aus einer vom Beklagten aufgestellten Best...