Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 10.12.2015; Aktenzeichen 25 O 50/15)

 

Tenor

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des LG H. vom 10.12.2015 abgeändert:

Die Anträge der Verfügungsklägerin vom 29.10.2015 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung werden abgewiesen.

Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens hat die Verfügungsklägerin zu tragen.

 

Gründe

I. Die Verfügungsklägerin nimmt die Verfügungsbeklagte im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung des Neuabschlusses von zwei Konzessionsverträgen gemäß § 46 Abs. 2 EnWG zur allgemeinen Versorgung im Stadtgebiet der Verfügungsbeklagten (mit ca. 18.000 Einwohnern) mit Strom und Gas mit der G. Stadtwerke H. GmbH (im Folgenden nur: G.) in Anspruch.

Die Verfügungsklägerin ist die Altkonzessionärin. Die G. betreibt ihrerseits ein Stromversorgungsnetz von 738 km und ein Gasversorgungsnetz von 291 km

Länge; ihre Netzgebiete grenzen an das Stadtgebiet der Verfügungsbeklagten an. Die Konzessionsverträge mit der Verfügungsklägerin endeten zum 31.12.2011 (Anlage ASt 3).

Mit Anzeige im elektronischen Bundesanzeiger vom 14.7.2009 gab die Verfügungsbeklagte gemäß § 46 Abs. 3 EnWG bekannt, dass sie beabsichtige, einen neuen Konzessionsvertrag mit einer 20-jährigen Laufzeit abzuschließen (Anlage ASt 4). Daraufhin bekundeten sowohl die Verfügungsklägerin als auch eine 100 %-ige Eigengesellschaft der Verfügungsbeklagten - die Netzgesellschaft H. (im Folgenden: N.), an der die G. als Minderheitsgesellschafterin und in Aussicht genommene Pächterin der Netze beteiligt war - Interesse. Nach dem zu diesem Zeitpunkt vorgesehenen Modell sollten nicht nur Angebote für einen Konzessionsvertrag, sondern zusätzlich auch für ein Kooperationsmodell mit der Eigengesellschaft der Verfügungsbeklagten abgegeben werden. Die N. wurde damals ausgewählt und machte gegenüber der Verfügungsklägerin einen Anspruch auf Übertragung der Netze geltend. Das Verfahren wurde jedoch mit Blick auf die zwischenzeitlich ergangenen Grundsatzurteile des Bundesgerichtshofs vom 17.12.2013 (KZR 65 und 66/12) abgebrochen und die Ausschreibung erneut durchgeführt. Mit Bekanntmachung im Bundesanzeiger vom 28.10.2014 (Anlagen ASt 18 und ASt 47) eröffnete die Verfügungsbeklagte die neuen Konzessionsvergabeverfahren. Die Verfügungsbeklagte ließ sich bei dem Verfahren von ihren Verfahrensbevollmächtigten sowie der B. Consulting AG und D. B. - dem im Ruhestand befindlichen früheren Geschäftsführer der Stadtwerke B., der als Berater im Bereich der Energieversorgung tätig ist - beraten und begleiten.

Innerhalb der Frist bis zum 31.1.2015 bekundeten sowohl die Verfügungsklägerin als auch die G. und die RWE ihr Interesse am Abschluss des neuen Strom- und des neuen Gaskonzessionsvertrages mit der Verfügungsbeklagten. Gesellschaftsrechtliche Beteiligungen der Verfügungsbeklagten an einem dieser Unternehmen bestehen nicht. Mit dem "Ersten Verfahrensbrief" wandte sich die Verfügungsbeklagte an die Bewerber und erteilte Informationen über den Ablauf des Verfahrens sowie die Wettbewerbsbedingungen - Eignungsanforderungen, Auswahlkriterien mit Erläuterungen, Bewertungsmethode, Entwurf eines Konzessionsvertrages usw. Wegen der Einzelheiten wird auf die jeweiligen Anlagen AG 2 in den Anlagenheftern "Schutzschrift" (einmal zum Bereich "Strom" und einmal zum Bereich "Gas") Bezug genommen. Die Auswahlkriterien wurden in zwei Hauptgruppen - A "Erreichung der Ziele des § 1 EnWG" mit einer maximal zu erreichenden Gesamtpunktzahl von 750 Punkten und B "Vertragliche Regelungen der Wegenutzung" mit einer Gesamtpunktzahl von 250 Punkten - gegliedert, die in weitere Untergruppen, Kriterien und Unterkriterien, jeweils versehen mit einer bestimmten in einer bestimmten Prozentzahl ausgedrückten Gewichtung, unterteilt waren. Als Bewertungsmethode war die "relative Bewertungsmethode" vorgesehen, wonach bei der Auswertung dasjenige Angebot die volle Punktzahl erhalten sollte, das im Vergleich zu den anderen Angeboten das jeweilige Kriterium bzw. Unterkriterium am besten erfüllt. Die anderen Angebote sollten - bezogen auf das Angebot des besten Bewerbers - eine dem Erfüllungsgrad entsprechende niedrigere Bepunktung erhalten. Als "verfahrensleitende Stelle" sollte der Bürgermeister der Verfügungsbeklagten agieren.

Verfahrensunterlagen sollten bis zum 27.2.2015 schriftlich bei der verfahrensleitenden Stelle eingereicht werden, wobei auch auf Unklarheiten, Lücken oder Widersprüche hinzuweisen war und bei der Rügen oder Rechtsverstöße geltend zu machen waren. Am 26.2.2015 stellte die Verfügungsklägerin Nachfragen und erhob Verfahrensrügen - insbesondere in Bezug auf das ihrer Auffassung nach intransparente Verfahren sowie die Bewertungsmethode (Anlagen ASt 20 und ASt 49) -, wozu die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 9.3.2015 (Anlagen ASt 21 und 50) Stellung nahm. Am 12.3.2015 unterbreitete die Antragstellerin fristgerecht - ebenso wie die G. und die RWE - ein indikatives Angebot (vgl. Anlage ASt 22...

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