Verfahrensgang
LG Hildesheim (Aktenzeichen 10 O 34/02) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 19.11.2002 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Hildesheim wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Wegen des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen der angefochtenen Entscheidung verwiesen, § 540 ZPO.
Mit ihrer Berufung begehren die Beklagten weiterhin Abweisung der Klage. Hierzu vertreten sie die Ansicht, dass die Klage unzulässig sei, weil der Kläger die Masseunzulänglichkeit angezeigt habe. Ferner sind sie der Auffassung, dass das LG gegen seine Hinweispflicht verstoßen habe. Denn es habe weiteren Vortrag zur Werthaltigkeit der Darlehensforderung erbeten, dann aber im Urteil diesen Punkt für unerheblich erachtet; daher liege eine Überraschungsentscheidung vor.
Das LG habe zudem seine Entscheidung auf einen unzutreffenden Sachverhalt gestützt.
Schließlich tragen die Beklagten ausführlich dazu vor, warum nach ihrer Ansicht kein Fall des Hin- und Herzahlens oder einer verdeckten Sacheinlage anzunehmen sei.
Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Der Senat hat die Akte 15 HRB 672 – AG G – beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
II. Die Berufung ist unbegründet.
1. Entgegen der Ansicht der Beklagten steht der Umstand, dass der Kläger gem. § 208 InsO die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat, der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen.
a) Zutreffend hat das LG festgestellt, dass auch in masseunzulänglichen Verfahren die Führung von Aktivprozessen weiter zulässig ist. Zwar ist richtig, dass der Insolvenzverwalter nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit gehalten ist, möglichst „kostenschonend” tätig zu sein, gleichwohl kann es ihm nicht verwehrt sein, Ansprüche weiterzuverfolgen, die zu einer Massemehrung führen können. Allenfalls dann, wenn von vornherein und offenkundig eine Forderung, die klageweise geltend gemacht wird, nicht besteht oder gegen den Schuldner, gegen den sie verfolgt wird, nicht durchgesetzt werden kann (etwa weil dieser selbst insolvent ist), kann ein Aktivprozess ausnahmsweise unzulässig sein. Ein derartiger Ausnahmefall ist vorliegend aber nicht anzunehmen.
b) Die von den Beklagten vertretene Auffassung würde überdies zu der – ersichtlich unbilligen – Konsequenz führen, dass Schuldner einer gänzlich masseunzulänglichen Gemeinschuldnerin keiner gerichtlichen Inanspruchnahme ausgesetzt wären, selbst wenn sie – wie bei Gesellschaftern und Geschäftsführer häufig der Fall – diese Unzulänglichkeit zumindest mit zu verantworten hätten. Zudem wäre – bei Forderungen, deren rechtlicher Bestand zumindest zweifelhaft ist – zunächst die Begründetheit des Anspruchs zu prüfen, um sodann – wenn sich bei dieser Prüfung die Unbegründetheit ergeben sollte – die Zulässigkeit der Klage zu verneinen, was offensichtlich unsinnig wäre, weil in eine Sachprüfung erst einzutreten ist, wenn die Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen.
c) Schließlich bestimmt § 208 InsO in seinem Absatz 3, dass auch nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Pflicht des Verwalters zur Verwaltung und zur Verwertung der Masse fortbesteht. Diese Pflicht umfasst aber auch die Geltendmachung solcher Forderungen, deren Durchsetzbarkeit nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die Anzeige die Rechtsstellung des Verwalters als Partei kraft Amtes ändern könnte, wenn seine Verwaltungsbefugnis fortbesteht.
2. Das Verfahren des LG ist nicht zu beanstanden. Weder hat das LG gegen die ihm obliegende Hinweispflicht verstoßen, noch hat es seiner Entscheidung einen unzutreffenden Sachverhalt zugrunde gelegt.
a) Zwar ist richtig, dass das LG zunächst den Parteien aufgegeben hatte, zur Werthaltigkeit der Darlehensforderung der Beklagten zu 2) gegen die Gemeinschuldnerin ergänzend vorzutragen, um sodann in der angefochtenen Entscheidung diesen Punkt für nicht entscheidungserheblich zu erachten. Der Senat vermag aber nicht zu erkennen, dass hierdurch das Verfahren fehlerhaft betrieben worden wäre. Dies gilt umso mehr, als mit diesem gerichtlichen Hinweis den Beklagten in keiner Weise die Möglichkeit genommen war, zu den weiteren zwischen den Parteien streitigen Fragen tatsächlicher und rechtlicher Art vorzutragen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass den Beklagten aufgrund des Vortrages des Klägers klar sein musste, dass die Rechtsfragen des „Hin- und Herzahlens” und der „Einbringung einer verdeckten Sacheinlage” die Entscheidung des LG maßgeblich beeinflussen konnten. Das LG seinerseits war gem. § 139 ZPO nicht gehalten, auch auf diese – zudem von den Beklagten auch nicht übersehenen – Problemfelder hinzuweisen,...