Leitsatz (amtlich)
Ist zwischen den Parteien eines BGB-Bauvertrages streitig, ob eine Abnahme stattgefunden hat, kommt der Erlass eines Teilurteils über die Werklohnforderung der Klägerin nicht in Betracht, weil nicht auszuschließen ist, dass das Berufungsgericht die Frage der Abnahme anders als das erstinstanzliche Gericht beurteilt.
Normenkette
ZPO §§ 301, 538 Abs. 2 Nr. 7
Verfahrensgang
LG Stade (Urteil vom 22.02.2006; Aktenzeichen 2 O 159/05) |
Tenor
Auf die Berufungen beider Parteien wird das Teilurteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Stade vom 22.2.2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens - an das LG zurückverwiesen.
Die weitergehenden Berufungen werden zurückgewiesen.
Gerichtskosten für das Berufungsverfahren werden nicht erhoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: bis 350.000 EUR.
Gründe
Unabhängig von den - insoweit ausdrücklich nicht gestellten - Anträgen der Parteien war das Urteil gem. § 538 Abs. 2 Nr. 7, Satz 3 ZPO aufzuheben und die Sache an das LG zurückzuverweisen, weil das angefochtene Teilurteil entgegen den Voraussetzungen des § 301 ZPO erlassen worden ist.
I. Die Parteien streiten um die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses in Jork. Der Kläger führte die dafür erforderlichen Bauarbeiten durch. Nach der - jedenfalls als solche bezeichneten - Bauabnahme, bei der die Beklagte verschiedene Mängel rügte, erstellte der Kläger im April 2005 eine Schlussrechnung sowie im November 2005 eine weitere Rechnung für Entwässerungsarbeiten. Er behauptet, etwaige im Abnahmeprotokoll aufgeführten Mängel seien beseitigt worden. Dementsprechend verlangt er von der Beklagten insgesamt 132.473,55 EUR.
Die Beklagte rügt die Berechnung des Klägers bereits im Ansatz. Für die Gesamtkosten sei ein (niedrigerer) Festpreis vereinbart worden, davon hätte dann noch ein Abzug für Skonto i.H.v. 3 % erfolgen müssen. Vor allem beruft sie sich auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen zahlreicher von ihr behaupteter Mängel, deretwegen sie zudem Widerklage erhebt i.H.v. 263.969,79 EUR. Außerdem begehrt sie die Feststellung, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten die tatsächlichen Mängelbeseitigungskosten zu ersetzen, soweit diese die geschätzten Beträge übersteigen.
Das LG hat der Klage durch Teilurteil über 60.000 EUR stattgegeben und auf die Widerklage hin den Kläger verurteilt, an die Beklagte 1.500 EUR zu zahlen, im Übrigen die Widerklage jedoch abgewiesen. Nach Ansicht des erkennenden Einzelrichters sei die Klage jedenfalls i.H.v. 60.000 EUR begründet, weil insoweit kein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 BGB wegen der geltend gemachten Mängelbeseitigungskosten bestehe. Das folge aus dem Abnahmeprotokoll und § 640 Abs. 2 BGB. Darüber hinaus sei ein Festpreis nicht vereinbart worden und ein Skonto nicht ausreichend vorgetragen. Weiter seien einige der gerügten Mängel nicht erkennbar oder nicht hinreichend belegt. Teilweise fehle es an der erforderlichen Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gem. §§ 634, 635 BGB. Außerdem habe die Beklagte die durch den Kläger angebotene Mängelbeseitigung selbst verweigert. Der Vortrag zu den Mängeln sei wiederholt unschlüssig. Die übrigen Mängelrügen müssten durch Beweisaufnahme geklärt werden und seien deshalb noch nicht zur Entscheidung reif. Zur Widerklage hat das LG lediglich Ausgleich für angefallene Endreinigungskosten zugebilligt, die weiteren Ansprüche jedoch ausdrücklich für unbegründet erklärt.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit der Berufung. Übereinstimmend sind sie der Auffassung, dass die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils nicht vorgelegen haben (vgl. S. 6 der Berufungsbegründung des Klägers vom 10.4.2006, Bl. 343 d.A., sowie S. 3 der Berufungsbegründung der Beklagten vom 7.5.2006, Bl. 364 d.A.), weil es sich um ein einheitliches Abrechnungsverhältnis handele (Bl. 343 d.A.) bzw. die zwischen den Parteien streitigen Leistungspositionen durch (eine einheitliche) Beweisaufnahme hätten geklärt werden müssen (Bl. 364 d.A.). Gleichwohl haben beide Parteien von einem Antrag auf Zurückverweisung abgesehen, weil sie eine Entscheidung durch den Senat bevorzugen (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 5.9.2006, Bl. 414 d.A.).
Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern, soweit er verurteilt worden ist, an die Beklagte 1.500 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage vollständig abzuweisen, sowie auf ihre Widerklage hin den Kläger zu verurteilen, an sie weitere 260.576,91 EUR zu zahlen; außerdem beantragt sie, festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, ihr die den festgestellten Schadensersatzanspruch übersteigenden Mängelbeseitigungskosten zu zahlen, sofern die tatsächlichen Mängelbesei...