Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollstreckbarerklärung eines finnischen Schiedsspruchs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hat der Schiedskläger zunächst ein Verfahren vor den ordentlichen Gerichten im Inland gegen den späteren Schiedsbeklagten eingeleitet und nach Abweisung der Klage als unzulässig wegen Bestehens einer Schiedsabrede selbst ein Schiedsverfahren im Ausland unter Bezugnahme auf die Schiedsabrede eingeleitet, in dessen Verlauf der Schiedsbeklagte erfolgreich Widerklage erhoben hat, so kann der unterlegene Schiedskläger sich in dem späteren Verfahren auf Vollstreckbarerklärung des ausländischen Schiedsspruchs (hier: Finnland) wegen der Rechtskraft des inländischen Urteils sowie unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nicht mehr auf das Fehlen einer Schiedsabrede berufen.

2. Zu den Voraussetzungen der fehlenden Anerkennung des Schiedsspruch wegen Versagung des rechtlichen Gehörs, Art. V Abs. 1b) UNÜ, und des Verstoßes gegen den ordre public, Art. V Abs. 2b) UNÜ, wegen gerügter Befangenheit des Schiedsrichters (hier: verneint).

3. Ein ausländischer Schiedsspruch kann im Vollstreckbarerklärungsverfahren hinsichtlich eines unbestimmten Zinsausspruchs konkretisiert werden.

 

Normenkette

UN-Ü Art. 2, 4-5; ZPO § 1061

 

Gründe

I. Die Antragstellerin, eine Aktiengesellschaft finnischen Rechts, erstrebt die Vollstreckbarerklärung eines finnischen Schiedsspruchs. (...)

II. Der Antrag der Antragstellerin auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs vom 30.6.2006 ist gem. §§ 1025 Abs. 4, 1061 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. dem UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.6.1958, BGBl. II 1961 S. 121, zulässig. Die Zuständigkeit des OLG Celle ergibt sich aus §§ 1025 Abs. 4, 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 ZPO, weil die Antragsgegnerin im hiesigen Bezirk ihren Wohnsitz hat.

Der Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung des finnischen Schiedsspruchs ist gemäß 1061 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit dem UNÜ auch begründet. Der weitergehende Zahlungsantrag sowie der Antrag der Antragsgegnerin auf Feststellung der Nichtanerkennung des Schiedsspruchs im Inland sind demgegenüber zurückzuweisen.

1. Die formellen Voraussetzungen für die Anerkennung des Schiedsspruchs liegen vor. Die Antragstellerin hat gem. Art. IV Abs. 1a) UNÜ das Original des Schiedsspruches vorgelegt. Auch liegt die gem. Art. IV Abs. 2 des UNÜ erforderliche Übersetzung des Schiedsspruches vor.

Gemäß Art. IV Abs. 2b) UNÜ ist ferner die Urschrift der Schiedsvereinbarung i.S.v. Art. II UNÜ oder eine ordnungsgemäß beglaubigte Abschrift vorzulegen. Ob die Parteien eine derartige Schiedsvereinbarung getroffen haben und diese sich aus Ziff. 13 des "Licence Agreement" ergibt, kann hier offen bleiben. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass nach dem sog. Meistbegünstigungsgrundsatz in Art. VII UNÜ das nationale deutsche Recht, nämlich § 1064 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 ZPO, Vorrang hat. Denn diese Regelungen sind anerkennungsfreundlicher als Art. IV. des UN-Übereinkommens (BGH NJW-RR 2004, 1504; Zöller/Geimer, a.a.O., Anh. § 1061, Art. IV UNÜ, Rz. 1 m.w.N.). Gemäß § 1064 Abs. 1 ZPO, der gem. § 1064 Abs. 3 ZPO auch auf ausländische Schiedssprüche anzuwenden ist, muss mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruches nur der Schiedsspruch selber oder eine beglaubigte Abschrift davon vorgelegt werden. Die Urschrift der Schiedsvereinbarung oder eine beglaubigte Abschrift davon wird dagegen nach nationalem Recht nicht verlangt.

2. Auch die materiellen Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches liegen vor. Anerkennungshindernisse nach Art. V UNÜ sind nicht gegeben.

a) Die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches darf gem. Art. V Abs. 1a) UNÜ versagt werden, wenn keine wirksame Schiedsgerichtsklausel vorliegt. Gemäß Art. II Abs. 1 UNÜ erkennt jeder Vertragsstaat eine schriftliche Vereinbarung an, durch die sich die Parteien verpflichten, alle oder einzelne Streitigkeiten, die zwischen ihnen aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entstanden sind oder künftig noch entstehen, einem schiedsrichterlichen Verfahren zu unterwerfen, sofern der Gegenstand des Streites auf schiedsrichterlichem Weg geregelt werden kann.

Hierbei ist es zunächst unerheblich, dass der finnische Schiedsrichter im Schiedsspruch selbst von einer wirksamen Schiedsvereinbarung ausgegangen ist. Dem Schiedsgericht kommt nämlich keine Kompetenz-Kompetenz zu, kraft derer es befugt wäre, mit Bindungswirkung für das über die Anerkennung des Schiedsspruchs entscheidende staatliche Gericht festzustellen, ob überhaupt eine Schiedsvereinbarung vorlag. Vielmehr hat das im Rahmen der Vollstreckbarkeitserklärung angerufene innerstaatliche Gericht selbst festzustellen, inwieweit die Voraussetzungen der Art. II und V des UN-Übereinkommens erfüllt sind. Das deutsche staatliche Gericht ist bei der Prüfung der Voraussetzungen des UN-Übereinkommens weder an die rechtliche Beurteilung noch an die tatsächlichen Feststellungen des Schiedsgerichts gebunden (BGH v. 13.1.2005 - ...

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