Leitsatz (amtlich)
Im PKH-Verfahren kann ein Antragsteller nicht geltend machen, er zahle seinem Lebensgefährten Unterhalt. Er kann aber als besondere Belastung den Betrag geltend machen, mit dem sein Einkommen nach SGB II herangezogen wird, um den Bedarf des Lebensgefährten zu decken.
Verfahrensgang
AG Freiberg (Beschluss vom 12.01.2009; Aktenzeichen 1 F 678/08 (PKH)) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG Freiberg vom 12.1.2009 - 1 F 678/08 in Ziff. 3 des Tenors dahingehend abgeändert, dass der Antragstellerin für die erste Instanz Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt wird.
Gründe
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin ist nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Prozesskosten aufzubringen. Ein einzusetzendes Einkommen i.S.d. § 115 Abs. 2 ZPO, aus dem Raten für die Prozesskosten aufzubringen wären, verbleibt ihr nicht.
Das durchschnittliche monatliche Einkommen der Antragstellerin beträgt durchschnittlich 1.505 EUR netto nach den von ihr eingereichten Verdienstbescheinigungen. In diesem Betrag ist das Weihnachtsgeld anteilig berücksichtigt, Einkommensteuer und Sozialversicherungsabgaben bereits abgezogen. Hiervon weiter abzuziehen sind
-386 EUR Grundfreibetrag der Partei
-178 EUR Erwerbsfreibetrag
-270 EUR Freibetrag Kind S.
+154 EUR Kindergeld
-106,27 EUR Hausrats- u. private Haftpflichtversicherung
-135,20 EUR Fahrtkosten zur Arbeit (26 km × 5,20 Pauschbetrag/Monat)
-378,67 EUR Miete und Heizung
-316 EUR Unterhaltsbeitrag für den Lebensgefährten.
Steuern und Versicherungen für den Pkw sind nicht gesondert abzugsfähig, da diese anteilig in der Fahrtkostenpauschale für den Arbeitsweg enthalten sind.
Für den Lebensgefährten der Antragstellerin ist kein Pauschalfreibetrag von 386 EUR nach § 115 Abs. 1 Nr. 2 ZPO abzugsfähig, weil er kein Ehe- oder Lebenspartner ist und die Antragstellerin ihm gegenüber keine gesetzliche Unterhaltspflicht hat. Die faktische Unterhaltslast ist aber hier als "besondere Belastung" nach § 115 Abs. 1 Nr. 4 ZPO berücksichtigungsfähig:
Wenn das Einkommen einer Partei nach den in § 115 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 genannten Abzügen nicht im vollen Umfang für den eigenen Lebensbedarf zur Verfügung steht, sondern für weitere Personen einer (in § 115 ZPO nicht erwähnten) Bedarfsgemeinschaft einzusetzen ist, kann es nicht ungeschmälert als "einzusetzendes Einkommen" im Sinne der Prozesskostenhilfe angesetzt werden (vgl. Zöller, 27. Aufl. 2009 § 151 Rz. 40; KG FamRZ 2006, 962).
Die Antragstellerin und ihr Lebensgefährte, der über kein eigenes Einkommen verfügt, leben in einer "Bedarfsgemeinschaft" i.S.d. §§ 7 Abs. 3 Nr. 3b, 9 SGB II. Der Bedarf des Lebensgefährten nach SGB II beläuft sich derzeit 316 EUR (ohne Wohnbedarf). Entsprechende Sozialleistungen wurden ihm aber wegen der bestehenden Bedarfsgemeinschaft mit der Antragstellerin versagt, der Betrag ist also tatsächlich von der Antragstellerin aufzubringen. (Anteilige Wohnkosten des Lebensgefährten bleiben außer Betracht, da sie in voller Höhe bereits bei der Antragstellerin nach § 115 Abs. 1 Nr. 3 ZPO berücksichtigt wurden.). Dieser faktischen Unterhaltslast kann die Antragstellerin nur entgehen, wenn sie die Lebens- und Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Lebensgefährten beendet. Es ist ihr jedoch nicht zuzumuten, ihre Lebensgemeinschaft zu beenden, um freiwerdende Mittel für die Prozesskosten einsetzen zu können.
Fundstellen
Haufe-Index 2153442 |
FamRZ 2009, 1425 |
MDR 2009, 1048 |
OLGR-Ost 2009, 493 |