Leitsatz (amtlich)
Eine gefestigte Zusammenarbeit auf fachlichem Gebiet, die die Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständigen rechtfertigen kann, liegt noch nicht darin, dass der Sachverständige gemeinsam mit einer Partei im Vorstand einer berufsständischen Kammerversammlung tätig ist und mit ihr zusammen gelegentliche Gutachterschulungen anbietet.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 07 O 316/16) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 02.05.2019 - Az 7 O 316/16 - wird
zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
IV. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 12.621,20 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt Schadensersatz und Feststellung der Einstandspflicht für zukünftige materielle Schäden infolge einer behaupteten zahnärztlichen Fehlbehandlung. Das Landgericht hat ein Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. W. eingeholt. Vor dem vom Landgericht anberaumten Termin zur Erläuterung des Gutachtens hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 23.04.2018 erneut einen Antrag gestellt, den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, beide seien als Mitglieder der Kammerversammlung der Landeszahnärztekammer berufen worden und hätten in dieser Funktion seit dem Jahr 2010 Richtlinien für die Anforderungen an zahnärztliche Gutachten erarbeitet. Dies habe der Sachverständige verschwiegen. In seiner Stellungnahme vom 26.04.2019 hat der Sachverständige darauf hingewiesen, dass er als Geschäftsführender Direktor der Zahnmedizin an der Universitätsklinik D. satzungsgemäß und damit delegiertes Mitglied der Kammerversammlung gewesen sei und in dieser Funktion an zwei Kammerversammlungen in den Jahren 2009 und 2010 teilgenommen habe. Die Kammerversammlung habe 70 Mitglieder. Darüber hinaus habe er sich in keiner Weise in der Kammerarbeit engagiert. Mit einem der Klägerin am 13.05.2019 zugegangenen Beschluss vom 02.05.2019 hat das Landgericht den Antrag abgelehnt.
In einem am 06.05.2019 eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass ihrer Ansicht nach zwischen dem Sachverständigen einerseits und dem Mitgeschäftsführer und Praxiskollegen des Beklagten, Dr. U. andererseits, beruflich-wirtschaftliche Verbindungen bestehen würden. Dr. U. sei Mitglied der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen, die mit der Kammerversammlung der Landeszahnärztekammer eng zusammen arbeiten würde. So habe der Sachverständige gemeinsam mit Dr. U. Gutachterschulungen durchgeführt und Gutachterweiterbildungen besucht.
Gegen den Beschluss vom 02.05.2019 wendet sich die Klägerin mit ihrer am 17.05.2019 eingegangenen Beschwerde vom14.05.2019, zu deren Begründung sie auf ihren Schriftsatz vom 06.05.2019 verweist. Mit Beschluss vom 21.05.2019 hat das Landgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und dem Oberlandesgericht Dresden vorgelegt. Konkrete Anhaltspunkte für die Besorgnis der Befangenheit seien auch dem Schriftsatz der Klägerin vom 06.05.2019 nicht zu entnehmen.
II. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 406 Abs. 5, 567 Abs. 1 Ziffer 1, 569 ZPO zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Eine Ablehnung des Sachverständigen Prof. Dr. W. wegen der Besorgnis der Befangenheit ist nicht gerechtfertigt.
Die Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständigen ist gemäß §§ 406 Abs. 1, 42 ZPO anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit aufkommen lassen (vgl. BGH, NJW-RR 2003, 1220, 1221; Senat, Beschlüsse vom 12.12.2017 - 4 W 1113/17 -, Rn. 3, juris; und vom 02.01.2019 - 4 W 1108/18 -, juris). Ein Grund für die Besorgnis der Befangenheit kann vorliegen, wenn der Sachverständige zu einem dieser Beteiligten in rechtlicher, wirtschaftlicher oder sonstiger Beziehung steht, die Anhaltspunkte für einen möglichen Interessenkonflikt bietet (Senat, Beschluss vom 18. April 2017 - 4 W 288/17 -, Rn. 8 - 9, juris; Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 22. August 2016 - 6 W 66/16 -, Rn. 21, juris).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Zur Begründung kann zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts in den Beschlüssen vom 02. und 21.05.2019 verwiesen werden. Die Klägerin hat keine hinreichenden Anhaltspunkte vorgetragen, die Grund für die Annahme bieten, dass der Sachverständige über eine bloße berufliche Bekanntschaft hinausgehende regelmäßige berufliche Kontakte und damit eine gefestigte Zusammenarbeit auf fachlichem Gebiet zu dem Beklagten zu 1 unterhält. Der Sachverständige ist qua seines Amtes als Geschäftsführender Direktor eines der über 70 Mitglieder der Kammerversammlung. Dadurch wird genau so wenig wie durch seine Teilnahme an zwei der jährlich stattfindenden Kammerversammlungen eine gefestigte Zusammenarbeit mit dem Beklagten belegt. Solche engen Kontakte, die die Annahme eines Interessenkonfliktes rechtfertigen würden, ergeben sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Sachverständige zusamme...