Leitsatz (amtlich)
Während eines anhängigen Scheidungsverfahrens durch das Familiengericht eingeleitete Kindschaftsverfahren können nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag eines Ehegatten in den Scheidungsverbund einbezogen werden.
Verfahrensgang
AG Chemnitz (Beschluss vom 18.03.2014; Aktenzeichen 1 F 160/12) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin vom 9.4.2014 wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Chemnitz vom 18.3.2014 - 1 F 160/12 - dahingehend abgeändert, dass der Gegenstandswert für das Sorgerechtsverfahren betreffend D., geboren am xx. 2004, auf 3.000 EUR festgesetzt wird.
Gründe
I. Zwischen den beteiligten Eltern war seit 2012 ein Scheidungsverbundverfahren (betreffend Ehescheidung und Versorgungsausgleich) anhängig. Nachdem sich im Verlauf des Verfahrens Probleme in der Gestaltung des Umgangs zwischen dem gemeinsamen, 2004 geborenen Sohn der Beteiligten und dem Antragsgegner abzeichneten und die Eltern sich - entgegen der Aufforderung des Familiengerichts - zunächst außer Stande zeigten, außergerichtlich eine tragfähige Umgangsvereinbarung zu erarbeiten, beschloss das Familiengericht im Rahmen eines Anhörungstermins vom 24.9.2013, dass ein Sorgerechtsverfahren wegen Kindeswohlgefährdung von Amts wegen als Folgesache eingeleitet werde. Im November 2013 einigten sich die Eltern mit Hilfe des Familiengerichts, zunächst vorläufig, auf eine Umgangsregelung, zu der sie in einem weiteren Anhörungstermin am 18.3.2014 erklärten, diese Vereinbarung wie (zuvor) protokolliert auch nach der Scheidung fortsetzen zu wollen.
Mit Beschluss vom gleichen Tage hat das Familiengericht die Beteiligten geschieden, den Versorgungsausgleich geregelt und den Verfahrenswert festgesetzt; dabei ist die Angelegenheit "Sorgerecht" unter Berufung auf § 44 Abs. 2 FamGKG mit 600 EUR berücksichtigt. Die in zulässiger Weise erhobene Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin, der die Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners sich angeschlossen haben, macht demgegenüber geltend, der Wert der Sorgeangelegenheit müsse auf 3.000 EUR festgesetzt werden, weil der Sache nach ein selbständiges Sorgeverfahren vorgelegen habe.
II. Die Beschwerde ist begründet. Das Familiengericht hat zwar beschlossen, das (zulässigerweise) von Amts wegen eingeleitete Sorgeverfahren als Folgesache in den Verfahrensverbund einzubeziehen. Für eine solche Einbeziehung fehlt es indes, da keiner der Verfahrensbeteiligten sie beantragt hatte, an einer Rechtsgrundlage. Denn nach § 137 FamFG tritt der Verbund - mit Ausnahme des Versorgungsausgleichs - nur ein, wenn einer der Eheleute hinsichtlich der in Rede stehenden Angelegenheit eine Entscheidung für den Fall der Scheidung verlangt. Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben.
Dem Familiengericht ist zuzugeben, dass dies hinter den Einbeziehungsmöglichkeiten des früheren, bis zum 31.8.2009 gültigen Verfahrensrechts zurückbleibt. Gemäß § 623 Abs. 3 ZPO a.F. waren die dort aufgeführten Kindschaftssachen, wenn sie nur rechtzeitig (aber auch von Amts wegen) eingeleitet waren, ohne weiteres Folgesachen; eines darauf gerichteten Antrags eines Elternteils bedurfte es nicht. Eine entsprechende Regelung enthält § 137 FamFG jedoch nicht mehr. Die Schlussfolgerung des Familiengerichts, damit sei unklar, ob der Gesetzgeber die auf § 623 Abs. 3 ZPO a.F. beruhende Möglichkeit, vom Gericht eingeleitete Kindschaftsverfahren gem. § 1666 BGB auch von Amts wegen in den Verbund einzubeziehen, habe abschaffen wollen, vermag der Senat indes nicht zu teilen.
Zunächst gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass hier eine gesetzgeberische Lücke vorläge, die unter Rückgriff auf § 623 Abs. 3 ZPO a.F. (der mit In-Kraft-Treten des FamFG in dieser Form ersatzlos gestrichen worden ist) geschlossen werden müsste. Das Schrifttum ist sich vielmehr, soweit ersichtlich, darin einig, dass hier kein Redaktionsversehen vorliegt, sondern die frühere Rechtslage bewusst nicht beibehalten worden ist mit der Folge, dass ein von Amts wegen eingeleitetes Kindschaftsverfahren - nur - auf ausdrücklichen Antrag hin zur Folgesache werden kann (Musielak/Borth, 4. Aufl. 2013, § 137 FamFG, Rz. 26; Kemper/Schreiber, 2. Aufl. 2012, § 137 FamFG, Rz. 40, 42; Prütting/Helms, 3. Aufl. 2014, § 137 FamFG, Rz. 58-63; Markwardt in: Johannsen/Henrich, Familienrecht, 5. Aufl. 2010, § 137 FamFG, Rz. 10 und 14; Sommer in: Jurgeleit, Handbuch Freiwillige Gerichtsbarkeit 2010, § 4 Rz. 91 f.). Dann aber fehlt es an einem tauglichen Ansatzpunkt für eine Ausfüllung oder Nachbesserung der in § 137 FamFG getroffenen Regelung.
Der Senat hat auch Zweifel, ob dafür in der Sache ein generelles Bedürfnis bestände. Es ist sicher zutreffend, dass, wie das Familiengericht ausführt, für Kinder in einer Trennungssituation nichts wichtiger ist als die Klärung der Frage, ob und wie sie ihre Bindungen und Beziehungen zu beiden Elternteilen aufrechterhalten und fortführen können und wie die elterliche Verantwortung zukünftig ausgeübt wird. Das...