Leitsatz (amtlich)

Ehrenrührige Äußerungen über Dritte, die gegenüber einem Notar abgegeben werden, sind privilegierte Äußerungen. Für eine Unterlassungsklage fehlt insofern grundsätzlich das Rechtsschutzbedürfnis.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Beschluss vom 25.05.2011; Aktenzeichen 3 O 3680/10)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers gegen den Beschluss des LG Leipzig vom 25.5.2011 - 3 O 3680/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Verfügungskläger (Kläger) hat die Beklagten als Gesamtschuldner im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung der Behauptung in Anspruch genommen, gegenüber Dritten außerhalb von rechtsförmlichen Verfahren die Behauptung aufzustellen, der Kläger habe eine Urkundenfälschung begangen, indem er nachträglich über zuvor beglaubigte Unterschriften die Rücknahme eines Antrags nach dem Vermögensgesetz eingesetzt habe. Das LG hat die einstweilige Verfügung erlassen. Auf den Widerspruch der Verfügungsbeklagten (Beklagten) hat es Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt, in der die Beklagten ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter Verwahrung gegen die Kostenlast die einstweilige Verfügung als für sich verbindlich anerkannt haben. Das Verfügungsverfahren haben beide Parteien sodann für erledigt erklärt. Das LG hat in dem angefochtenen Beschluss die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt, weil die Beklagte von vornherein keine Handlungen beabsichtigt hätten, die über den Regelungsgehalt der anerkannten Verfügung hinausgingen. Dass sie sich geweigert hätten, vorprozessual eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen, ändere hieran nichts, weil die entsprechende Aufforderung zu weit gefasst gewesen sei.

Mit der sofortigen Beschwerde vom 21.6.2011 gegen den ihm am 17.6.2011 zugestellten Beschluss vertritt der Kläger die Auffassung, die angefochtene Entscheidung sei fehlerhaft, weil nach dem Verhalten der Beklagten von einer Wiederholungs,- zumindest aber von einer für den Erlass einer einstweiligen Verfügung ausreichenden Erstbegehungsgefahr auszugehen sei, weil die Beklagten in ihren Schreiben an den Notar D. ihre ehrkränkenden Behauptungen hartnäckig weiterverfolgt hätten, so dass für einen objektiven Betrachter ersichtlich gewesen sei, dass diese Vorwürfe auch gegenüber Dritten erhoben werden würden. Die Beklagten wären auch bei einem zu weitgehenden Unterlassungsbegehren zumindest verpflichtet gewesen, eine eingeschränkte Unterlassungserklärung abzugeben.

II. Die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers ist statthaft, §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 91a Abs. 2 S. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgemäß erhoben (§ 569 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 ZPO). Sie bleibt jedoch ohne Erfolg. Das LG hat zutreffend die nach § 91a ZPO zu verteilenden Kosten allein dem Kläger auferlegt.

1. Erklären beide Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt, ist regelmäßig diejenige Partei mit den Kosten zu belasten, die sie - nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage - voraussichtlich auch ohne die übereinstimmende Erledigungserklärung und ohne ein eventuell vorhandenes erledigendes Ereignis zu tragen gehabt hätte (allg. Auffassung vgl. nur BGHZ 67, 343; Baumbach/Lauterbach-Hartmann, ZPO, 66. Aufl., § 91a Rz. 112; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 91a Rz. 24, m.w.N.). Im Streitfall wäre aller Wahrscheinlichkeit nach der Kläger unterlegene Partei gewesen, wenn über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hätte streitig entschieden werden müssen. Ein Unterlassungsanspruch aus §§ 823, 824 BGB i.V.m. § 1004 BGB analog bestand nämlich nicht.

2. Gegenüber dem Beklagten zu 1), der die beanstandeten Schreiben vom 16.11.2010 (K 2) und vom 1.12.2010 (K 4) in seiner Eigenschaft als Verfahrensbevollmächtigter der Beklagten zu 2) verfasst hat, scheitert ein solcher Anspruch bereits an der fehlenden Passivlegitimation. Nach ständiger Rechtsprechung (BVerfG NJW 1996, 3267; OLG Köln AnwlBl 2003, 370; KG NJW 1997, 2390; Senat, Urteil vom 23.6.2011 - 4 U 1917/10n. V.) ist ein Rechtsanwalt nämlich für Äußerungen, die er in Wahrnehmung der Interessen seines Mandanten abgibt, grundsätzlich nicht selbst haftbar zu machen, was u.a. zur Folge hat, dass ein Anspruch auf Unterlassung oder Widerruf von ehrkränkenden Äußerungen nicht gegen ihn, sondern allein gegen den von ihm vertretenen Mandanten zu richten ist.

3. Auch gegenüber der Beklagten zu 2) kommt ein Unterlassungsanspruch jedoch nicht in Betracht. Unabhängig von der Frage, ob die zugrunde liegende ehrenrührige Tatsachenbehauptung, der Kläger habe die Unterschriften von Frau V. K., J. W. und E. V. im Nachhinein in eine Erklärung zur Rücknahme eines Antrags nach dem VermG eingesetzt, wahr ist und wer hierfür nach der über § 823 Abs. 2 BGB in das Zivilrecht transferierten Regel des § 186 StGB die Beweislast trägt (zur Beweislastverteilung für ehrenrührige Tatsachenbehauptungen, vgl. BGH NJW 1985, S. 1621; NJW 1986, 2503; NJW 1987, 2225), besteh...

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