Leitsatz (amtlich)
Die Neufassungen des § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO gelten jedenfalls nicht für bis zum 30.9.2001 abgeschlossene Kosten- und Vergütungsfestsetzungsverfahren.
Normenkette
ZPO § 104 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen 47 O 8/95) |
Tenor
1. Das als sofortige Beschwerde geltende Rechtsmittel der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des LG Dresden vom 6.9.2002 – 47 O 8/95 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
3. Beschwerdewert: bis 300 Euro.
Gründe
I. Die Beschwerdeführer haben nach Mandatsniederlegung auf ihren Antrag vom 17.10.1994 hin (Bl. 45 d.A.) – ungeachtet der Einwendung des Beklagten, kein Mandat für Prozesshandlungen erteilt zu haben – beim LG, bei dem der Rechtsstreit ursprünglich anhängig war, einen Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 13.12.1994 – 12 O 4212/94 – erwirkt (Bl. 89 d.A.). Der Beschluss lautet auf 3.203,13 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 17.10.1994. Er ist rechtskräftig.
Offenbar hat der Beklagte, der in Vermögensverfall geraten war, die Forderung bislang nicht erfüllt.
Da der Rechtsstreit an das LG verwiesen worden war (Bl. 84 d.A.), haben die Beschwerdeführer hier mit Schriftsatz vom 8.7.2002, eingegangen am 9.7.2002, Antrag auf Nachfestsetzung von Zinsen begehrt, ab dem 1.10.2001 mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 Abs. 1 DÜG und ab dem 1.1.2002 mit 5 % über dem Basiszins nach § 247 BGB n.F.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das LG den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, die gesetzliche Neuregelung habe keine Auswirkung auf bereits abgeschlossene Verfahren (Bl. 144 f. d.A.). Dem hiergegen gerichteten Rechtsmittel hat das LG nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das als sofortige Beschwerde geltende Rechtsmittel ist zulässig, aber unbegründet.
Der Senat schließt sich der Auffassung des LG an.
Die Neufassungen des § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO gelten nach Ansicht des Senats jedenfalls nicht für bis zum 30.9.2001 abgeschlossene Kosten- und Vergütungsfestsetzungsverfahren (i.E. ebenso KG, Beschl. v. 21.5.2002 – 1 W 114/02; OLG Hamm, Beschl. v. 12.4.2002 – 23 W 109/02, BRAGOReport 2002, 103 [104]; a.A. LG Chemnitz, Beschl.v. 25.2.2002 – 5 O 27/93, jeweils nach Hansens; vgl. ferner Hansens u.a. BRAGOReport 2001, 131 ff.; Enders, JurBüro 2001, 510 f., für schwebende Verfahren OLG München RPfleger 2002, 280).
Dies folgt daraus, dass sie nach dem Willen des Gesetzgebers lediglich die Funktion einer Anpassung an die Erhöhung des Zinssatzes nach § 288 BGB haben (vgl. BT-Drucks. 14/4722, 74). Das bloße Ziel der Harmonisierung mit den im BGB geregelten Zinssätzen wäre überschritten, würde § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO für bestimmte Zeiträume über § 288 BGB hinausgehen. Aufgrund der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 1 Abs. 1 S. 3 EGBGB gilt die höhere Verzinsung nur für solche Forderungen, die ab dem 1.5.2000 fällig geworden sind. Damit ist klargestellt, dass vor diesem Stichtag fällige Forderungen nicht in den Genuss der Zinserhöhung kommen. Die Fälligkeit der Anwaltsvergütung, die sich nach § 16 BRAGO bestimmt, liegt hier weit vor diesem Stichtag.
Dass in § 26 EGZPO eine entspr. Übergangsregelung fehlt, schließt die Umsetzung des auf bloße Synchronisation gerichteten gesetzgeberischen Willens nicht aus. In einer von Hansens wiedergegebenen Stellungnahme des BMJ vom 19.11.2001 (zitiert in BRAGOReport 2001, 179 f.) heißt es hierzu wörtlich: „Eine Übergangsvorschrift ist nicht geschaffen worden, weil sie entbehrlich ist. Die Zuerkennung von Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz im Kostenfestsetzungsverfahren für Zeiträume, die vor dem 1.10.2001 liegen, ist wegen des verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbots nicht möglich. Nach § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO ist der Zinsanspruch jeweils vom Eingang des Festsetzungsantrags anzuerkennen. Dieser Wortlaut und eine parallele Betrachtung der materiell-rechtlichen Übergangsvorschrift des Art. 229 § 1 Abs. 1 S. 3 EGBGB, die darauf abstellt, dass die Hauptforderung nach dem In-Kraft-Treten der Neuregelung des § 288 BGB fällig wird, machen deutlich, dass § 104 Abs. 1 S. 1 ZPO in seiner Neufassung auf Kostenfestsetzungsanträge anzuwenden ist, die nach dem 30.9.2001 eingehen.” Diese Aussage kann sich nicht auf Anträge auf Nachfestsetzung von Zinsen beziehen, für die sie letztlich keinen Sinn ergäbe. Der Senat folgt dieser Auffassung des BMJ und wendet Art. 229 § 1 Abs. 1 S. 3 EGBGB entspr. auf die Neufassung des § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO an. Soweit § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO überhaupt eine materiell-rechtliche Komponente zuzuschreiben ist (vgl. OLG München JurBüro 2001, 370 f.), zeichnet sie doch seit jeher nur die im Schuldrecht geregelte gesetzliche Mindestverzinsung nach. Ein originärer, hierüber hinausgehender Anspruch war hingegen nie vorgesehen und ist es auch künftig nicht, sieht man einmal davon ab, dass das BGB an Verzug und Rechtshängigkeit, die Kosten- und Vergütungsfestsetzung an die Antragstellung anknüpft. Die Anwendung von § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO auf Altfälle wü...