Leitsatz (amtlich)
1. Auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Parteifähigkeit der (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann ein zum Gesellschaftsvermögen gehörender Anspruch nicht mehr durch die Gesellschafter in notwendiger Streitgenossenschaft gemäß § 62 Abs. 12. Fall ZPO verfolgt werden.
2. Haben die Gesellschafter einer (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts vor Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit einen zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Anspruch verfolgt, ist die Rubrumsberichtigung der richtige Weg, die geänderte rechtliche Sicht auf den konkreten Rechtsstreit zu übertragen.
3. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters führt hiernach nicht zur Unterbrechung des Rechtsstreits gemäß § 240 ZPO.
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Beschluss vom 21.02.2006; Aktenzeichen 7 O 3657/99) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin zu 1) wird der Beschluss des Landgerichts Chemnitz vom 21.02.2006, Az: 7 O 3657/99, aufgehoben.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Kläger erhoben am 05.08.1999 handelnd als einzige Gesellschafterinnen der … (nachstehend nur ARGE) Klage wegen restlichen Werklohns gegen die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1). Diese erhob gemeinsam mit der Beklagten zu 2) am 19.01.2005 u.a. gegen die Kläger Widerklage, mit der sie insbesondere die Rückforderung von überzahltem Werklohn verfolgen.
Am 08.04.2005 eröffnete das Amtsgericht Augsburg das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin zu 2). Der zwischen den Klägerinnen geschlossene Gesellschaftsvertrag sieht vor, dass ein Gesellschafter, über dessen Vermögen das Konkursverfahren eröffnet wurde, aus der ARGE ausscheidet (vgl. § 23.62 des Arbeitsgemeinschaftsvertrages, Anlage K141).
Die Klägerin zu 1) hat beantragt, das Rubrum dahin zu berichtigen, dass sie aufgrund des Ausscheidens der Klägerin zu 2) aus der Gesellschaft nunmehr alleinige Klägerin sei.
Die Beklagten sind der Ansicht, es liege ein Fall des § 265 Abs. 2 ZPO vor. Nachdem die Mitglieder einer GbR eine notwendige Streitgenossenschaft bildeten, sei der Rechtsstreit infolge des über das Vermögen der Klägerin zu 2) eröffneten Insolvenzverfahrens gemäß § 240 ZPO unterbrochen.
Das Landgericht hat festgestellt, das Verfahren sei gemäß § 240 ZPO unterbrochen. Die Kläger bildeten als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine notwendige Streitgenossenschaft gemäß § 62 Abs. 1, 2. Fall ZPO, weil ein zum Gesellschaftsvermögen gehörender Anspruch nur gemeinsam geltend gemacht werden könne. Hieran ändere auch das Ausscheiden der Klägerin zu 2) aus der Gesellschaft nichts, weil dieses gemäß § 265 Abs. 2 ZPO das Prozessrechtsverhältnis unberührt lasse.
Gegen diese der Klägerin zu 1) nach eigenen Angaben am 28.02.2006 zugegangene Entscheidung richtet sich die am 08.03.2006 eingegangene sofortige Beschwerde der Klägerin, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.
Entscheidungsgründe
II.
Die gemäß §§ 252, 567 Abs. 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Die Klägerin zu 1) ist allein klagende Partei dieses Rechtsstreites, so dass der Rechtsstreit infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin zu 2) nicht unterbrochen wurde.
1. Die Klägerinnen waren vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin zu 2) keine notwendigen Streitgenossen i.S.d. § 62 Abs. 1, 2. Fall ZPO. Klägerin des Rechtsstreites war vielmehr die von den Klägerinnen gebildete Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
a) Auf der Grundlage der neueren gesellschaftsrechtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 146, 341), der sich der Senat anschließt, ist davon auszugehen, dass die ARGE, zu der sich die Klägerinnen verbunden hatten, eine nach außen tätige und entsprechend mit Rechts- und Parteifähigkeit ausgestattete Gesellschaft bürgerlichen Rechts war. Ein zum Gesellschaftsvermögen gehörender Anspruch steht daher der Gesellschaft zu und kann von ihr auch prozessual verfolgt werden. Liegt aber die materielle und prozessuale Rechtszuständigkeit bei der Gesellschaft, kann nur diese – es sei denn die Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft liegen vor – Partei des Rechtsstreites sein (vgl. BGH, Urteil vom 23.10.2003 – IX ZR 329/01, NJW-RR 2004, 275, 276; OLGR Karlsruhe 2006, 236; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2003, 513, 514; OLGR Frankfurt 2001, 233; Münchener Kommentar-Ulmer, BGB, 4. Aufl., § 705 Rn. 321; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 62 Rn. 13a). Für die Annahme einer notwendigen Streitgenossenschaft mehrerer Gesellschafter als natürliche Personen ist bei dieser Sichtweise kein Raum (a.A. BGH, Urteil vom 24.07.2003 – VII ZR 209/01, BauR 2003, 1758; BGH, Beschluss vom 18.06.2002 – VIII ZB 6/02, VersR 2003, 385, 386; OLG Dresden, Beschluss vom 16.08.2001 – 23 W 916/01, NJW-RR 2002, 544). Die Streitgenossen...