Leitsatz (amtlich)

Der Beweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung durch den Arzt kann nicht mit der Behandlungsdokumentation, sondern muss durch dessen Zeugenvernehmung geführt werden.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 07 O 1645/16)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Die Klägerin hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Sie sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

3. Der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 05.06.2018 wird aufgehoben.

 

Gründe

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung der Klägerin bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

I. Die Klägerin rügt mit der Berufung nur noch, dass das Landgericht fehlerhaft von einer ordnungsgemäßen Aufklärung der Klägerin vor dem Eingriff am 26.04.2014 ausgegangen sei. Die Auffassung des Landgerichts, die Klägerin sei über die Risiken des Eingriffs wirksam aufgeklärt worden, ist jedoch nicht zu beanstanden.

Dem Beklagten ist der Beweis für eine ausreichende präoperative Aufklärung über die hier in Rede stehenden Risiken gelungen. Grundsätzlich hat der aufklärungspflichtige Arzt nachzuweisen, dass er die von ihm geschuldete Aufklärung erbracht hat (vgl. BGH, Urteil vom 28.01.2014 - VI ZR 143/13). Ohne Erfolg rügt die Berufung unter Bezugnahme auf das Gutachten der Landesärztekammer vom 01.10.2015 (Anlage K2), dass die Dokumentation der Aufklärung unzureichend sei. Denn der Beweis für eine ordnungsgemäße Aufklärung wird nicht bereits durch die Vorlage einer schriftlichen Dokumentation erbracht, worauf aber der Gutachter der Landesärztekammer allein abstellt. Für den Nachweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung ist vielmehr regelmäßig eine Zeugenvernehmung des aufklärenden Arztes erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 28.01.2014 - VI ZR 143/13; Senat, Urteil vom 09. Mai 2017 - 4 U 1491/16 -, Rn. 29, juris). Zu Recht hat das Landgericht daher den Vermerk vom 17.02.2014 in der Behandlungsdokumentation lediglich als ein Indiz für den Inhalt des Aufklärungsgespräches gewertet und entscheidend auf die Aussage des aufklärenden Arztes, des Zeugen Dr. S. abgestellt. Der Beweis ist allerdings nicht erst dann geführt, wenn sich der Arzt an das konkrete Aufklärungsgespräch erinnert (vgl. BGH, aaO., Senat a.a.O.). Angesichts der Vielzahl von Informations- und Aufklärungsgesprächen, die Ärzte täglich führen, kann dies nicht erwartet werden (so BGH, aaO.). Da an den Nachweis keine unbilligen oder übertriebenen Anforderungen zu stellen sind, darf das Gericht seine Überzeugungsbildung gemäß § 286 ZPO vielmehr auf die Angaben des Arztes stützen, wenn seine Darstellung in sich schlüssig und "einiger" Beweis für ein Aufklärungsgespräch erbracht ist (so BGH, aaO.). Ist einiger Beweis für ein gewissenhaftes Aufklärungsgespräch erbracht, soll dem Arzt im Zweifel geglaubt werden, dass die Aufklärung auch im Einzelfall in der gebotenen Weise geschehen ist (vgl. BGH, NJW 2015, 74). Dies war hier aber der Fall, wie das Landgericht überzeugend ausgeführt hat. Der Zeuge S. hat nachvollziehbar und glaubhaft bekundet, dass er im Rahmen der Vereinbarung eines Termins für die Infiltration die Standardaufklärung durchgeführt hat. In diesem Termin habe er über die mit der Behandlung einhergehenden Risiken, insbesondere über die Möglichkeit von Hämatomen aber auch über das Risiko von Infektionen gesprochen, die zu unangenehmen und gefährlichen Folgen führen können. Seine Angaben werden durch den Vermerk vom 17.02.2014 indiziell belegt. Auch die Klägerin hat letztlich bestätigt, dass ein Aufklärungsgespräch über die Risiken des Eingriffs stattgefunden hat, wenn auch der Zeuge S... nach ihrer Darstellung die spezifischen Risiken nicht ausdrücklich erwähnt haben soll, was die Kammer aber durch die Bekundungen des Zeugen S. als widerlegt angesehen hat.

Entgegen der Ansicht der Berufung war es auch nicht erforderlich, im Rahmen der Aufklärung das Risiko des Eintritts einer Meningitis ausdrücklich zu erwähnen. Der Patient ist nur "im Großen und Ganzen" über Chancen und Risiken der Behandlung aufzuklären. Nicht erforderlich ist dagegen die exakte medizinische Beschreibung der in Betracht kommenden Risiken, sofern dem Patienten eine allgemeine Vorstellung von dem Ausmaß der mit dem Eingriff verbundenen Gefahren vermittelt wird (BGHZ 90, 103, 106; 144, 1, 7; BGH Urteile vom 12. März 1991 - VI ZR 232/90 - VersR 1991, 777; vom 26. November 1991 - VI ZR 389/90 - VersR 1992, 238, 240 sowie vom 07. April 1992 - VI ZR 192/91 - VersR 1992, 960). Dies war hier aber der Fall, da d...

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