Verfahrensgang

AG Meißen (Beschluss vom 30.01.2001; Aktenzeichen 6 F 445/99)

 

Tenor

Auf die Beschwerden der Prozessbevollmächtigten beider Parteien wird der Streitwertbeschluss des AG - FamG - Meißen vom 30.1.2001 abgeändert und der Streitwert des erstinstanzlichen Verfahrens für die Ehesache und die Folgesachen elterliche Sorge, Ehewohnung, Kindesunterhalt und Versorgungsausgleich auf insgesamt 20.288 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die gem. § 9 Abs. 2 Satz 2 BRAGO i.V.m. § 25 Abs. 3 Satz 1 GKG zulässigen Beschwerden sind unbegründet. Sie führen jedoch zu der aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

Da für Streitwertbeschwerden das Verbot der Schlechterstellung nicht gilt (vgl. u.a. Schneider, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rz. 4198 m.w.N.), kann sich der Senat nicht auf die Zurückweisung der Beschwerden beschränken, sondern hat die erstinstanzliche Entscheidung insgesamt zu überprüfen und den zutreffenden (niedrigeren) Streitwert festzusetzen.

1. Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 GKG ist in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten der Wert des Streitgegenstandes unter Einbeziehung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. In Ehesachen ist nach § 12 Abs. 2 Satz 2 GKG für die Einkommensverhältnisse das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen beider Eheleute einzusetzen, wobei nach § 15 GKG für die Wertberechnung der Zeitpunkt der die Instanz einleitenden Antragstellung entscheidend ist.

1.1. Der Scheidungsantrag vom 16.9.1999 ging am 20.9.1999 beim AG - FamG - Meißen ein.

Das FamG hat für die Antragstellerin offensichtlich anstelle des Nettoeinkommen das Bruttoeinkommen und damit einen zu hohen Betrag in die Streitwertberechnung eingestellt. Ausweislich der im PKH-Heft befindlichen Lohnabrechnung von Juli 1999 erzielte die Antragsteller im ersten Halbjahr 1999 ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 992 DM. Dieses ist in Ermangelung weiterer Einkommensnachweise der Streitwertberechnung zugrunde zu legen.

Das Nettoeinkommen des Antragsgegners betrug nach seiner für September 1999 vorliegenden Verdienstabrechnung durchschnittlich 1.618 DM.

Zusammen verfügten die Parteien somit über einen monatlichen Betrag von 2.610 DM.

1.2. Zutreffend hat das FamG neben den Einkünften der Parteien bei der Streitwertbemessung auch deren Unterhaltsverpflichtungen berücksichtigt.

Der Unterhaltspflicht der Eheleute gegenüber einem gemeinsamen minderjährigen Kind ist nach ständiger Rechtsprechung des Senates in Übereinstimmung mit verbreiteter Praxis durch Abzug eines Pauschalbetrages, der in der Regel mit 500 DM bemessen wird, Rechnung zu tragen. Dabei ist es unerheblich, in welcher Höhe der barunterhaltspflichtige Elternteil tatsächlich Unterhalt zahlt, denn bei der Streitwertbestimmung nach § 12 Abs. 2 Satz 1 GKG geht es nicht um eine starre Berechnung, sondern um eine unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach Ermessen vorzunehmende Beurteilung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Parteien. Somit ist zu berücksichtigen, dass der wirtschaftliche Aufwand für ein Kind gerade nicht nur durch die Unterhaltszahlung des barunterhaltspflichtigen Elternteils abgedeckt ist, sondern auch der betreuende Elternteil sowohl materiell wie auch durch Betreuungsleistungen seinen Beitrag leistet.

Ebenso ist dies für das vom FamG nicht berücksichtigte, bei der Antragstellerin lebende 15-jährige Kind C. S. zu beurteilen. Nach der Erklärung der Antragstellerin über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erhält die Antragstellerin für C. keinen Unterhalt. Sie hat damit in vollem Umfang allein für das in ihrem Haushalt lebende Kind aufzukommen, so dass es gerechtfertigt ist, auch für K. einen Pauschalbetrag von 500 DM in Abzug zu bringen.

Ob die weiteren Unterhaltsverpflichtungen des Antragsgegners für die Kinder L., M. und C. M. mit dem tatsächlichen Zahlbetrag oder auch mit einem Pauschalbetrag zu berücksichtigen sind, kann in vorliegendem Fall dahingestellt bleiben. Denn unter Beachtung der gesamten wirtschaftlichen Situation der Parteien und der vier zu berücksichtigenden unterhaltsberechtigten Kinder besteht nach Auffassung des Senates kein Anlass, bei der Bemessung des Streitwertes für die Ehescheidung über den Mindestwert von 4.000 DM (§ 12 Abs. 2 Satz 4 GKG) hinauszugehen.

1.3. Auch die Tatsache, dass die Parteien Eigentümer eines Wohnhauses sind, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn der durch das Eigentum ersparten Kaltmiete einer fremdangemieteten Wohnung, deren Wert die Parteien im Ehewohnungsverfahren übereinstimmend mit 960 DM angegeben haben, stehen die von den Parteien noch zu tragenden Belastungen in Form von Zins- und Tilgungsleistungen von monatlich 790 DM gegenüber. In Anbetracht der nur geringen Differenz und unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen unter 1.2. ist daher eine Streitwerterhöhung über den Mindestwert hinaus nicht ...

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