Leitsatz (amtlich)
Auch wenn die Beiordnung eines Rechtsanwaltes zu Beginn eines Verfahrens in Betracht gekommen wäre, kann eine erst später beantragte Beiordnung nicht mehr erforderlich sein, wenn sich das gerichtliche Verfahren zu diesem Zeitpunkt bereits eindeutig im Sinn des Bedürftigen entwickelt hat und sich eine baldige einvernehmliche Lösung abzeichnet. Allein der Gesichtspunkt der "Waffengleichheit" ändert daran nichts.
Verfahrensgang
AG Eilenburg (Entscheidung vom 04.08.2010; Aktenzeichen 1 F 113/10) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Eilenburg vom 04.08.2010, Az. 1 F 113/10, wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Eltern streiten um den Umgang des Vaters mit den gemeinsamen Kindern. Beide minderjährige Kinder befinden sich bei Pflegeeltern. Der Vater wurde im März 2010 aus der Haft entlassen, die Mutter befindet sich im offenen Vollzug.
Im zugrunde liegenden Verfahren wollte der Vater zunächst einen wöchentlichen Umgang mit den Kindern erreichen. Am ersten Erörterungstermin nahmen u.a. der Vater in Begleitung seines Verfahrensbevollmächtigten und die Mutter teil. Beim Vater bestand im Verlauf der Erörterung die Einsicht, dass aufgrund der besonderen Situation der Kinder nur ein einmaliger monatlicher Umgang entsprechend der Empfehlung des Jugendamtes möglich sei. Hieran anlehnend wurde anschließend eine einvernehmliche Lösungsmöglichkeit für die Ausgestaltung und Anbahnung von Umgängen des Vaters einschließlich Übernachtung besprochen. Die Mutter erklärte, sie wisse, dass der Vater liebevoll mit den Kindern umgehe und die Kinder den Vater lieb haben. Mit der Lösung sei sie einverstanden. Die Beteiligten kamen sodann überein, in einem weiteren, acht Wochen später gelegenen Termin die Entwicklung der Kinder und die begonnenen Umgangskontakte einschließlich einer Ausweitung der Übernachtung zu erörtern. Nach den Feststellungen des Familiengerichts vermochte die Mutter in der mündlichen Verhandlung mit bemerkenswerter Klarheit und gut strukturiert ihren Standpunkt darzustellen.
Wenige Tage vor dem zweiten Termin zeigte sich die Verfahrensbevollmächtigte der Mutter an. Sie beantragte, den Antrag des Vaters zurückzuweisen. Denn ein wöchentlicher Umgang käme nicht in Betracht. Die Mutter fühle sich juristisch überfordert, zumal das Ergebnis der Erörterung von den Empfehlungen des Jugendamtes abweichen würde. Weiter beantragte sie für die Mutter die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und ihre Beiordnung.
Im zweiten Termin wurden die positiven Umgangserfahrungen ausgewertet. Die Eltern schlossen sodann eine Elternvereinbarung, die das Ergebnis des ersten Termins festschrieb.
Mit Beschluss vom 04.08.2010 bewilligte das Familiengericht der Mutter Verfahrenskostenhilfe. Eine Beiordnung lehnte das Familiengericht ab. Hiergegen richtet sich die am 31.08.2010 eingelegte Beschwerde der Mutter, der das Familiengericht nicht abgeholfen hat.
II. Die nach § 76 Abs. 2 FamFG, §§ 127 Abs. 2, 567, 569 ZPO zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Familiengericht die Beiordnung eines Rechtsanwaltes versagt.
Die Beiordnung bestimmt sich nach § 78 Abs. 2 FamFG, da die Vertretung durch einen Rechtsanwalt im Umgangsverfahren nicht vorgeschrieben ist (arg. e con., § 114 FamFG). Danach ist ein Anwalt nur beizuordnen, wenn wegen der Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes beurteilen sich die Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage nicht allein nach objektiven, sondern auch nach subjektiven Kriterien (BGH, Beschluss vom 23.06.2010, XII ZB 232/09; OLG Dresden, Beschluss vom 16.06.2010, 20 WF 460/10; jeweils zitiert nach Juris). Zu berücksichtigen ist danach auch, inwieweit ein Beteiligter subjektiv in der Lage ist, seine Rechte und Interessen im Verfahren durchzusetzen, insbesondere, ob er in der Lage ist, sich mündlich und schriftlich auszudrücken. Ein weiteres Kriterium für die Erforderlichkeit zur Beiordnung eines Rechtsanwaltes wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage kann auch die anwaltliche Vertretung eines anderen Beteiligten sein. Letztlich beurteilt sich die Erforderlichkeit der anwaltlichen Vertretung aber nach den Umständen des Einzelfalles, wobei entscheidend darauf abzustellen ist, ob ein bemittelter Rechtssuchender in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte (vgl. insgesamt hierzu BGH, aaO.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist gegen die Entscheidung des Familiengerichts nichts zu erinnern.
An den subjektiven Fähigkeiten der Mutter, sich in das Verfahren einzubringen und ihren Standpunkt klar zu verdeutlichen, besteht nach den Feststellungen des Familiengerichts keinerlei Zweifel. Ebenso ist nicht zu sehen, dass ein bemittelter Rechtssuchende an Stelle der Mutter trotz der besonderen Situatio...