Leitsatz (amtlich)
Zum Erlass eines vorläufigen Auslieferungshaftbefehls bei einer Auslieferung zur Strafverfolgung an die Republik Belarus und dort drohender Todesstrafe.
Tenor
Gegen den Verfolgten wird die vorläufige Auslieferungshaft zum Zwecke seiner Auslieferung an die Republik Belarus angeordnet.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Dresden hat am 31. März 2008 aufgrund einer Interpol-Ausschreibung der belarussischen Behörden zum Zwecke der vorläufigen Inhaftnahme die Festhaltung des Verfolgten angeordnet. Der Ausschreibung liegen ein Haftbefehl des Untersuchungsrichters der Staatsanwaltschaft der Region T T V. vom 05. April 1996 und ein Haftbefehl des Staatsanwalts der Region G Ch S. vom 10. April 1996 zugrunde.
Dem Verfolgten wird vorgeworfen, am 06. August 1995 auf der Autobahn in der Region G /Republik Belarus einen bewaffneten Raub und einen Mord zum Nachteil des weißrussischen Staatsangehörigen I begangen zu haben. Den Pkw des Geschädigten habe er in Besitz genommen und die Leiche im Wald versteckt. Die Fahrzeugidentifikationsnummer und Motornummer des Kraftfahrzeuges habe er sodann verändert und den Pkw in Y verkauft. Am 03. Dezember 1995 soll der Verfolgte auf der Autobahn der Region M einen Mord zum Nachteil des weißrussischen Staatsangehörigen L begangen haben. Auch dabei habe er den Pkw des Geschädigten in Besitz genommen und mit veränderter Fahrzeugidentifikationsnummer und Motornummer in Y verkauft.
In seiner Anhörung vor dem Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Dresden am 31. März 2008 hat sich der Verfolgte mit seiner vereinfachten Auslieferung nicht einverstanden erklärt. Er bestreitet die ihm zur Last gelegten Taten.
Der Verfolgte befindet sich aufgrund eines Haftbefehls des Amtsgericht Dresden in anderer Sache derzeit in Untersuchungshaft.
Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat beantragt, die vorläufige Auslieferungshaft anzuordnen.
II.
Gegen den Verfolgten ist zur Sicherung und Durchführung der Auslieferung zur Strafverfolgung an die Republik Belarus die vorläufige Auslieferungshaft anzuordnen (§§ 16 Abs. 1, 15 Abs. 1 Nr. 1 IRG).
Die Auslieferung erscheint nicht von vornherein unzulässig (§§ 16 Abs. 1, 15 Abs. 2 IRG).
Die in der Interpol-Ausschreibung geschilderten Taten sind gemäß §§ 3 Abs. 1 und 2 IRG auslieferungsfähig. Sie sind nach belarussischem Recht als bewaffneter Raub und Mord strafbar und wären dies auch nach deutschem Recht. Die Taten sind nach belarussischem Recht im Höchstmaß mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht.
Gründe, die der Auslieferung nach den Bestimmungen des IRG entgegenstehen könnten, sind derzeit nicht ohne Weiteres ersichtlich.
1.
Anlass zu einer Prüfung des dringenden Tatverdachts, die nach § 10 Abs. 2 IRG bei Vorliegen besonderer Umstände vorzunehmen ist, besteht derzeit noch nicht. Der Verfolgte hat bisher lediglich die Vorlage von Dokumenten angekündigt, die geeignet sein könnten, das Vertrauen in das Vorliegen eines dringenden Tatverdachts zu erschüttern.
2.
Eine Unzulässigkeit der Auslieferung erwächst derzeit auch noch nicht aus den durch § 73 IRG gesetzten Grenzen. Die fortbestehenden Missstände in Bezug auf die Menschenrechtslage in der Republik Belarus machen die Rechtshilfe im Auslieferungsverkehr nicht von vornherein unzulässig (vgl. OLG Köln OLGSt. IRG § 29 Nr. 1).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind die deutschen Gericht bei der Prüfung der Zulässigkeit der Auslieferung von Verfassungswegen gehalten zu prüfen, ob die Auslieferung und die ihr zugrundeliegende Akte mit dem nach Art. 25 Grundgesetz in der Bundesrepublik Deutschland verbindlichen völkerrechtlichen Mindeststandard und den unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen ihrer öffentlichen Ordnung vereinbar sind. Auf der Ebene des einfachen Rechts nimmt § 73 IRG dieses verfassungsrechtliche Gebot auf, in dem dort die Leistung von Rechtshilfe und damit auch die Auslieferung für unzulässig erklärt wird, wenn sie wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung widersprechen würde. Ein derartiger Widerspruch gegen den ordre public liegt vor, wenn der Verfolgte durch die Auslieferung der Folter oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe ausgesetzt würde. Dies folgt einerseits aus der im völkerrechtlichen Menschenrechtsschutz mittlerweile fest etablierten Ächtung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung (Art. 3 MRK; Art. 7 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966; Übereinkommen gegen Folter oder andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984 sowie innerstaatlich aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (BVerfG NVwZ 2008, 71 m.w.N. der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung)). Die damit einhergehenden Fragen hat der Senat im Auslieferungsverfahren zu beantworten (BVerfG StV 2004, 440).
Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat deshalb die belarussischen Behörden über das Landeskriminalamt um ...