Leitsatz (amtlich)
Das Gericht, bei dem für einen auslandsansässigen Streitgenossen ein besonderer Gerichtsstand eröffnet ist, kann im Rahmen von § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO auch dann als gemeinsam zuständig bestimmt werden, wenn in seinem Bezirk (auch) keiner der übrigen zu verklagenden Streitgenossen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat.
Normenkette
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3
Tenor
1. Gemeinsam zuständig für die beabsichtigte Klage gegen die Antragsgegner ist das LG Memmingen.
2. Der Senat weist den Antragsteller darauf hin, dass die Klageschrift beim LG Memmingen - tunlichst zusammen mit einer Abschrift dieses Beschlusses - von Neuem einzureichen ist.
Gründe
I. Mit zum OLG Dresden eingereichtem ("Klage"-)Schriftsatz vom 30.7.2010 begehrt der Antragsteller, soweit hier von Interesse, die Bestimmung des LG Leipzig als zuständiges Gericht; hilfsweise beantragt er die Bestimmung des zuständigen Gerichts (Schriftsatz vom 22.9.2010). Er möchte die beiden Antragsgegner gesamtschuldnerisch auf Ersatz des restlichen Schadens von gut 10.000 EUR verklagen, der ihm nach seiner Darstellung aus einer am 21.6.2005 eingegangenen und mittlerweile beendeten Beteiligung an der MAF I GbR (im Folgenden: MAF) entstanden ist. Bei der MAF handelt es sich um eine im Juni 2005 gegründete Publikumsgesellschaft, deren Initiatorinnen und Gründungsgesellschafterinnen, zwei Privatbanken, zwischenzeitlich insolvent sind. Die Beteiligung wurde dem Antragsteller nach seinem Vorbringen vom Zeugen B. - beide wohnen in Gemeinden eines Landkreises im Südwesten Bayerns - schmackhaft gemacht und schließlich namens der Antragsgegnerin zu 1 erfolgreich vermittelt. Die Firma dieser Mitte 2005 gegründeten und zunächst in Hof ansässig gewesenen Aktiengesellschaft verheißt mehr als der im Handelsregister eingetragene Unternehmensgegenstand ("Verwaltung von Bestandspflegeprovisionen"). Alleiniger Vorstand war und ist der mittlerweile - nach Entlassung aus deutscher Untersuchungshaft - in der Schweiz wohnhafte Antragsgegner zu 2. Nach entsprechender Sitzverlagerung ist die Antragsgegnerin zu 1 seit dem 29.1.2010 im Handelsregister des AG Leipzig unter eingetragen.
Der Antragsteller lastet der Antragsgegnerin zu 1 an, sie habe ihn im Zuge der Anlagevermittlung in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft informiert bzw. unzureichend aufgeklärt. Deshalb sei sie ihm vertraglich zum Schadensersatz verpflichtet. Der Antragsgegner zu 2 habe den Vertrieb der Beteiligungen bewusst so gesteuert, dass die Beitrittsinteressenten getäuscht würden. Er habe Vertriebsmitarbeitern der Antragsgegnerin zu 1 auf Schulungsveranstaltungen in Memmingen, an denen auch der Zeuge B. teilgenommen habe, gezielt wahrheitswidrige "Verkaufsargumente" an die Hand gegeben. Das begründe seine Haftung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung.
Die Antragsgegner möchten den Streit vor dem LG Darmstadt ausgetragen wissen. In dessen Bezirk sei die Antragsgegnerin zu 1 zwischenzeitlich geschäftsansässig. Zum Bezirk des LG Leipzig weise der Fall damit keinerlei Verbindung auf.
II. Der Bestimmungsantrag ist zulässig und mit dem hilfsweise formulierten Begehren begründet.
1. Die Voraussetzungen einer Bestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 ZPO durch den erkennenden Senat liegen vor.
a) Das angerufene OLG ist für das Bestimmungsverfahren zuständig, weil die Klage (primär) zu dem zu seinem Bezirk gehörenden LG Leipzig erhoben werden soll und hier die Antragsgegnerin zu 1 überdies jedenfalls derzeit ihren allgemeinen Gerichtsstand (§§ 12, 17 ZPO) hat. Soweit die Antragsgegner im Schriftsatz vom 17.9.2010 auf eine Sitzverlagerung nach X. (Landkreis Darmstadt-Dieburg) verweisen, ist diese, wenn ein insoweit gem. §§ 5, 179 AktG erforderlicher satzungsändernder Beschluss der Hauptversammlung überhaupt gefasst worden sein sollte, zumindest noch nicht wirksam. Denn weitere konstitutive Voraussetzung einer wirksamen Sitzverlegung ist die Eintragung in das Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft, § 181 Abs. 3 AktG. Eine solche Eintragung gibt es ausweislich des am 21.9.2010 vom Berichterstatter online getätigten Abrufs aus dem Handelsregister beider in Frage kommenden Registergerichte nicht. Vielmehr ist die Antragsgegnerin zu 1 nach wie vor in Leipzig registriert.
b) Die sachlichen Bestimmungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO sind ebenfalls erfüllt.
Der Antragsteller möchte die beiden Antragsgegner, die ihren allgemeinen Gerichtsstand bei verschiedenen Gerichten haben, als Streitgenossen (mindestens im weitgefassten Sinne des § 60 ZPO) im allgemeinen Gerichtsstand verklagen. Auf der Grundlage seines Vorbringens existiert kein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand. Zwar besteht ein besonderer Gerichtsstand der Antragsgegnerin zu 1 in Hof, weil sie dort im maßgeblichen Zeitpunkt der Anlagevermittlung ihren Sitz hatte, § 29 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 269 Abs. 1 BGB. Hinsichtlich des Antragsgegners zu 2 gibt es aber keinen Gerichtsstand in Hof. Die ihm angelasteten, den Antragsteller letztlich betreffenden Schädigungshandl...