Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzantrag

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einem Insolvenzantrag eines Sozialversicherungsträgers kann zur Glaubhaftmachung des Insolvenzgrundes der Zahlungsunfähigkeit auch die Bescheinigung über eine mehr als sechs Monate zurückliegende fruchtlose Pfändung ausreichen, wenn weitere Indizien dargetan werden. Solche können in der Nichtbegleichung von zwei Monatsbeiträgen (Arbeitnehmeranteile) zur Sozialversicherung über einen längeren Zeitraum zu sehen sein.

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Aktenzeichen 7 T 33/01)

 

Tenor

1. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Dresden vom 22.01.2001 – Az. 7 T 0033/01 – wird zugelassen.

2. Auf die sofortige weitere Beschwerde wird der angefochtene Beschluss abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 12.12.2000 – Az. 531 IN 2144/00 – aufgehoben. Der Insolvenzantrag der Antragstellerin wird zur erneuten Entscheidung – auch über die Kosten der sofortigen Beschwerde und der sofortigen weiteren Beschwerde – unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats an das Amtsgericht zurückverwiesen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 1.830,40 DM.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 21.11.2000 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge für die Monate Juli/August 1999 zuzüglich Gebühren und Säumniszuschlägen in einer Gesamthöhe von 2.109,14 DM beantragt. Diese hat sie durch einen Kontoauszug belegt. Ein Mahnverfahren und ein Vollstreckungsversuch sind nach ihren Angaben erfolglos geblieben. Hierzu hat sie eine Fruchtlosigkeitsbescheinigung des Vollziehungsbeamten des Hauptzollamts Dresden vom 15.03.2000 vorgelegt.

Mit Beschluss vom 12.12.2000 wies das Amtsgericht Dresden – Insolvenzgericht – den Antrag als unzulässig zurück, weil der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden sei. Der Ausstand von zwei Monatsbeiträgen reiche als maßgebliches Indiz nicht aus, zumal unklar sei, ob auch Arbeitnehmeranteile rückständig seien, § 266 a StGB. Das Vollstreckungsprotokoll sei bei Antragstellung mehr als sechs Monate alt gewesen und daher nicht indizfähig.

Gegen diesen am 21.12.2000 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 02.01.2001 sofortige Beschwerde eingelegt. An die Darlegung der Glaubhaftmachung, so meint sie, dürften keine all zu strengen Anforderungen gestellt werden. Es komme nicht darauf an, ob die Vollstreckungsmaßnahme älter als sechs Monate sei oder Beiträge von mindestens sechs Monaten offenstehen. Für Zahlungsunfähigkeit spreche die Tatsache, dass der Schuldner die Antragstellerin mehr als ein Jahr lang nicht befriedigt habe. Schließlich bestünde der offene Betrag zur Hälfte aus Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung.

Mit Beschluss vom 08.01.2001 hat das Amtsgericht Dresden eine Abhilfe abgelehnt und das Rechtsmittel dem Landgericht Dresden zur Entscheidung vorgelegt, das die Beschwerde mit Beschluss vom 22.01.2001 aus den bereits vom Amtsgericht dargelegten Gründen zurückwies.

Mit der am 31.01.2001 hiergegen eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde vertritt die Antragstellerin die Ansicht, die Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Insolvenzgrundes dürften nicht überspannt werden. Die Nichtbefriedigung trotz Fälligkeit und Mahnung ohne vernünftige Erklärung des Schuldners müssen ausreichen. Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Antragstellerin, Bl. 1 f., 11 ff., 16 ff. und 31 ff. dA Bezug genommen.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

1. Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Dresden vom 22.01.2001 ist gemäß § 7 Abs. 1 InsO zuzulassen, da sie auf eine Verletzung des Gesetzes gestützt wird und die Nachprüfung der landgerichtlichen Entscheidung zur Sicherheit der einheitlichen Rechtsprechung geboten ist. Eine Gesetzesverletzung liegt vor, wenn das Beschwerdegericht in seiner Entscheidung eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewandt hat und die Beschwerdeentscheidung darauf beruht, § 550 ZPO (Kübler/Prütting/Prütting, InsO, § 7 Rdn. 22). Die Antragstellerin macht hier geltend, dass das Beschwerdegericht die Anforderungen an die Glaubhaftmachung der Zahlungsunfähigkeit verkannt und damit § 294 ZPO falsch ausgelegt habe. Dies genügt für die Annahme einer Gesetzesverletzung (vgl. OLG Celle ZIP 2000, 1675 m.w.N.; OLG Dresden ZInsO 2000, 560, 561).

Die Antragszulassung war auch unter dem Blickwinkel der einheitlichen Rechtsprechung geboten. Sie ist dann notwendig, wenn die Gefahr abweichender Entscheidungen innerhalb des Anwendungsbereichs der Insolvenzordnung besteht und die Klärung der Rechtsfragen im allgemeinen Interesse liegt (näher Pape, NJW 2001, 23, 25), etwa weil die Gerichte die Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Insolvenzgrundes unterschiedlich hoch bewerten (vgl. HK/Kirchhof, InsO...

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