Entscheidungsstichwort (Thema)

Irreführung durch werbliche Herausstellung der Langlebigkeit eines Scanner-Bauteils

 

Normenkette

EGV 1008/2008 Art. 2 Nr. 18, Art. 23 Abs. 1 S. 2; BGB §§ 14, 312a Abs. 4 Nrn. 1-2; UWG §§ 3, 4 Nr. 11, § 8

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Urteil vom 08.09.2014; Aktenzeichen 5 O 1977/14)

 

Tenor

1. Die Berufung der Verfügungsbeklagten wird zurückgewiesen.

2. Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das Urteil des LG Leipzig vom 8.9.2014 - 5 O 1977/14, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Verfügungsbeklagten wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, untersagt, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland.

a) ein Internetportal zum Vergleich von Flugpreisen mit der Möglichkeit der Buchung der Flüge in der Weise anzubieten, dass nach Eingabe der Suchkriterien in ein Suchformular auf der Trefferseite eine Liste der den Suchkriterien entsprechender Flüge mit Endpreisen angezeigt wird, die solche zusätzliche Kosten nicht enthalten, die der Kunde bei der Buchung der Flüge im Internetportal der Beklagten nur vermeiden kann, indem er mit der "... de MasterCard GOLD" oder der "Visa Electron"-Karte bezahlt.

b) Flüge zur Buchung anzubieten, ohne dass dem Kunden mindestens eine gängige und zumutbare Zahlungsmöglichkeit (z.B. Überweisung, Lastschrift oder Paypal) zur Verfügung gestellt wird, für die er kein Entgelt zahlen muss. Ein Zahlungsmittelentgelt in diesem Sinne liegt auch in der Differenz eines von der gewählten Zahlungsmöglichkeit abhängigen höheren Flugpreises gegenüber dem Flugpreis bei Wahl einer anderen von der Verfügungsbeklagten angebotenen Zahlungsmöglichkeit.

c) Flüge zur Buchung anzubieten und dem Kunden dabei die Bezahlung

(1) per Lastschrift nur gegen einen Endpreis anzubieten, der den Endpreis bei Wahl eines anderen Zahlungsmittels um 32,99 EUR oder mehr übersteigt,

(2) per American Express, Visa oder Mastercard nur gegen einen Endpreis anzubieten, der den Endpreis bei Wahl eines anderen Zahlungsmittels um 39,49 EUR oder mehr übersteigt.

Im Übrigen wird die Berufung des Verfügungsklägers zurückgewiesen.

3. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt die Verfügungsbeklagte.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Beschluss

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf EUR 60.000 festgesetzt.

 

Gründe

I. Auf tatsächliche Feststellungen wird verzichtet (§§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1, 542 Abs. 2 ZPO).

II. Die Berufung des Verfügungsklägers ist überwiegend begründet, die Berufung der Verfügungsbeklagten bleibt dagegen ohne Erfolg.

1. Zum Antrag 1. a) aus der Antragsschrift vom 2.8.2014 in Form des in der mündlichen Verhandlung vom 13.1.2015 gestellten Antrags:

Dem Verfügungskläger steht ein Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. Art. 23 Abs. 1 S. 2 VO (EG) Nr. 1008/2008 nach dem in der mündlichen Verhandlung vom 13.1.2015 gestellten Antrag zu. Die Berufung der Verfügungsbeklagten ist insoweit unbegründet.

a) Nachdem der Senat den Verfügungskläger in der mündlichen Verhandlung vom 13.1.2015 darauf hingewiesen hat, dass der vom LG zugesprochene Klageantrag Ziff. 1. a) zu unbestimmt sei und keinerlei Bezug zur vom Verfügungskläger herangezogenen Gebotsnorm (Art. 23 Abs. 1 S. 2 VO (EG) Nr. 1008/2008) aufweise, hat der Verfügungskläger seinen Antrag konkretisiert; sollte hierin eine Klageänderung zu sehen sein, wäre diese jedenfalls sachdienlich und könnte auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hätte (§ 533 ZPO).

b) Mit dem zum Gegenstand des Verfügungsverfahrens gemachten Buchungssystem (vgl. die Screenshots K 1 bis K 9) verstößt die Verfügungsbeklagte gegen Art. 23 Abs. 1 S. 2 VO (EG) Nr. 1008/2008, wonach der zu zahlende Endpreis stets auszuweisen ist und den anwendbaren Flugpreis bzw. die anwendbare Luftfrachtrate sowie alle anwendbaren Steuern und Gebühren, Zuschläge und Entgelte, die unvermeidbar und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vorhersehbar sind, einschließen. Dem Kunden wird nämlich im Buchungsschritt "3. Flug-Details" (vgl. Anlage K 3) zunächst nur derjenige - niedrigere - Preis angezeigt, den er unter Verwendung der "... de MasterCard GOLD" (bzw. der Kreditkarte "Visa Electron") erlangen kann, nicht aber der - höhere - Preis, den er mit sonstigen - üblichen - Zahlungsmitteln erhalten kann.

Nach der Entscheidung des EuGH vom 15.1.2015 in der Rechtssache C-573/13 (zugrunde lag das Vorabentscheidungsersuchen des BGH v. 18.9.2013 - I ZR 29/12) ist Art. 23 Abs. 1 S. 2 VO (EG) Nr. 1008/2008 dahin auszulegen, "dass der zu zahlende Endpreis im Rahmen eines elektronischen Buchungssystems (...) bei jeder Angabe von Preisen für Flugdienste, einschl...

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