Entscheidungsstichwort (Thema)

Auflassung. DDR-Erbrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung verlangt daher für den Fall des Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB eine teleologische Reduktion vorzunehmen. Zuteilungsfähig kann demnach für Schläge grundsätzlich nur ein Erbe sein, der am 15.03.1990 einer LPG angehörte bzw., da für die Übertragung einer Bodenreformwirtschaft genügte, dass der Erbe die LPG-Mitgliedschaft nach dem Erbteil erwarb, der bis zum 15. 03. 1990 einen Antrag auf Aufnahme in eine solche – wie der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 03.07.1998 (ZOV 1999, 113, 114) klarstellend ausgeführt hat – gestellt hat, aus dem sich seine Bereitschaft zum Eintritt in eine LPG ergab.

 

Normenkette

EGBGB Art. 233 §§ 11-12

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Urteil vom 27.10.2000; Aktenzeichen 6 O 5687/00)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 15.03.2002; Aktenzeichen V ZR 106/01)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 27.10.2000 – Az.: 6 O 5687/00 – wird auf seine Kosten

zurückgewiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 51.000,00 DM die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Den Parteien wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung durch selbstschuldnerische, schriftliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse zu erbringen.

3. Das Urteil beschwert den Beklagten mit weniger als 60.000,00 DM.

4. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss:

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf 42.900,00 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt gemäß Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB die Auflassung von zwei landwirtschaftlich genutzten Grundstücken aus der Bodenreform.

Dem Vater des Beklagten, Arthur Felix B …, waren die Grundstücke in der Gemarkung B …, Flurstücke … und … d, eingetragen im Grundbuch von B …, Bl. …, im Rahmen der Bodenreform zugewiesen worden. Er war zum 15.03.1990 als Eigentümer der Grundstücke im Grundbuch eingetragen, wobei die Grundstücke mit einem Bodenreformsperrvermerk belastet waren. Es handelt sich um Ackerflächen.

Nach dem Tod des Arthur Felix B … am 29.01.1968 wurde dieser von seiner Ehefrau, Toni Marie B …, und dem Beklagten je zur Hälfte beerbt. Die Ehefrau des Verstorbenen war Mitglied der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (folgend LPG) „Lenin” und brachte die Grundstücke dort ein. Sie verstarb am 30.04.1984 und wurde von dem Beklagten und Werner S … je zur Hälfte beerbt. Im Rahmen der Erbauseinandersetzung übertrug Werner S … mit notariellem Vertrag vom 27.04.1993 seinen Erbanteil und seinen Anteil an den streitgegenständlichen Grundstücken auf den Beklagten.

Der Beklagte war als Kranfahrer zunächst bis 1972 bei der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe – Bäuerliche Handelsgenossenschaft W … (VdgB-BHG) und danach vom 01.01.1973 bis zum 31.12.1991 in der zwischenbetrieblichen Einrichtung Agrochemisches Zentrum B … (folgend ACZ) tätig. Bei Letzterer handelte es sich um eine von den LPGen errichtete zwischengenossenschaftliche Einrichtung, deren Tätigkeitsfeld sich vordringlich auf den Pflanzenschutz und die Düngemittelausbringung erstreckte. Sie war dem Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft unterstellt. Im Rahmen seiner Tätigkeit bei dem ACZ war der Beklagte auch als Kraftfahrer bei der Erntehilfe tätig. Der Beklagte betrieb eine „individuelle Hauswirtschaft” und es erfolgte im Rahmen der Nutzung von landwirtschaftlichen Kleinstflächen eine Viehhaltung durch ihn.

Weder dem Beklagten noch dem Miterben Werner S … waren die Grundstücke aus der Bodenreform förmlich zugewiesen oder übergeben worden. Auch waren weder der Beklagte noch der Miterbe Werner S … am 15.03.1990 im Beitrittsgebiet als LPG-Mitglied tätig oder nach mindestens 10-jähriger Tätigkeit aus diesem Bereich verrentet worden.

Der Kläger hat in der ersten Instanz vorgetragen:

Ihm stehe als Besserberechtigter i. S. v. Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 lit. c EGBGB ein Anspruch auf Auflassung der streitgegenständlichen Grundstücke nach Art. 233 § 11 Abs. 3 EGBGB zu. Ein dem Kläger vorgehender Berechtigter gemäß Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 lit. a und b EGBGB sei nicht vorhanden. Insoweit reiche bei Schlägen – wie vorliegend – die Tätigkeit des Beklagten als Kranfahrer beim ACZ für eine Zuteilungsfähigkeit nicht aus. Der Beklagte könne sich hierfür auch nicht auf seinen – insoweit bestrittenen – Aufnahmeantrag aus dem Jahre 1984 berufen, da – wie sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ergebe – der Antrag auf Aufnahme in die LPG im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zum Stichtag des 15.03.1990 gestellt worden sein musste.

Der Kläger hat in der ersten Instanz beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, die Grundstücke in der Gemarkung B …, Flurstücke … und … d, eingetragen im Grundbuch von B …, Bl. …, an den Kläger aufzulassen und die E...

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