Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen einer Entschädigung für den Verlust des Eigentums an einer Meliorationsanlage gemäß der §§ 13 MeAnlG in Verbindung mit der §§ 951, 812 ff. BGB.
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Urteil vom 04.04.2013; Aktenzeichen 4 O 1671/05) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Chemnitz vom 4.4.2013 - 4 O 1671/05, wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses Urteil und das Urteil des LG Chemnitz vom 4.4.2013 sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 12.457,40 EUR (Klage: 8.500 EUR; Hilfsaufrechnung: 3.957,40 EUR) festgesetzt.
Gründe
I. Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen ein Urteil des LG Chemnitz, durch das er zum Wertersatz für die - nach den Behauptungen der Klägerin - am 1.1.1995 in sein Eigentum übergegangene Meliorationsanlage i.H.v. 8.500 EUR verurteilt worden ist.
Der Vater des Beklagten, M. B., brachte in den 1950iger Jahren u.a. die Flurstücke xx, xx und xx der Gemarkung xxx in einer Größe von 17,63 ha in einen Vorgängerbetrieb der jetzigen Klägerin und Rechtsnachfolgerin der - aus dem Zusammenschluss verschiedener landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften (LPG) hervorgegangenen - LPG xxx ein. Ende der 1970er Jahre führte die LPG (P) xxx in Ausübung des ihr zustehenden umfassenden Bodennutzungsrechts das Investitionsvorhaben "Komplexmelioration xxx: Melioration xxx und xyx" durch (vgl. die Vorbereitungs- und Ausführungsunterlagen zum Investitions- vorhaben Komplexmelioration xxx vom 15.7.1977, Anlage K 2, sowie die Abnahmeprotokolle aus dem Jahre 1979, Anlagen K 5a bis K 5d sowie K 6 bis K 10b), in das auch die vom Vater des Beklagten eingebrachten Grundstücke einbezogen wurden.
Nach Herstellung der deutschen Einheit erhielt der Beklagte die von seinem Vater in die LPG eingebrachten Flurstücke xx, xx und xx zurück und veräußerte diese mit notariellem Kaufvertrag vom 14.8.2000 an S., der am 7.2.2001 als neuer Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen worden ist.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass sie Eigentümerin der im Jahre 1977 errichteten Meliorationsanlage gewesen sei. Gemäß der gesetzlichen Anordnung in § 10 des Meliorationsanlagengesetzes (MeAnlG) habe sie zum 1.1.1995 ihr Eigentum an den Anlagen verloren, so dass der Beklagte deren Wert zu ersetzen habe. Im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs sei die Anlage funktionstüchtig gewesen. Bei der Wertbemessung sei von einer Restnutzungsdauer von 35 Jahren und einem Abschlag von 5 % für Reparaturen/Unterhaltungskosten auszugehen.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 9.623,75 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.1.2005 zu bezahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat behauptet, dass die hier streitgegenständlichen Flurstücke über eine vor 1945 errichtete, grundstücksbezogene Entwässerungsanlage verfügt hätten und sein Vater sie 1955 in dräniertem Zustand in die LPG eingebracht habe. Im Zeitpunkt der grundstücksübergreifenden Errichtung einer Meliorationsanlage durch die LPG (P) xxx habe sich die ursprüngliche Drainage noch in einem funktionstüchtigen Zustand befunden. Bei der jetzt eingebauten Anlage handele es sich um eine dem Eigentümer aufgedrängte ungerechtfertigte Bereicherung, für die kein Ausgleich geschuldet sei. Vielmehr müsse sich die Klägerin auf ihr Wegnahmerecht verweisen lassen. Bei der Vermögensauseinandersetzung nach den Vorschriften des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes (LwAnpG) habe die Klägerin ihre Meliorationsanlagen nicht eigenkapitalerhöhend berücksichtigt. Wenn die Klägerin nunmehr Ersatz für die Anlage erhalte, stehe ihm, dem Beklagten, ein Nachabfindungsanspruch zu, mit dem er hilfsweise gegen den Wertersatzanspruch der Klägerin aufrechne.
Das LG hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens, welches der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. N. am 10.5.2006 vorgelegt hat. Nach Aussetzung des Verfahrens und seiner Wiederaufnahme im Jahre 2013 hat das LG der Klage mit Urteil vom 4.4.2013 überwiegend stattgegeben. Nach Auffassung des LG hat der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. N. den Wert der Meliorationsanlage zum Wertermittlungsstichtag am 1.1.1995 zutreffend mit 8.500 EUR bewertet. Dem Anspruch auf Wertersatz könne der Beklagte weder entgegenhalten, dass es sich um eine aufgedrängte Bereicherung handele, noch, dass das Grundstück bereits ursprünglich dräniert in die LPG eingebracht worden sei. Beide Einwände seien nach den Vorschriften des MeAnlG unmaßgeblich. Es habe sich auch nic...