Leitsatz (amtlich)
1. Eine journalistische Berichterstattung kann seinerseits zu einem Ereignis der Zeitgeschichte werden, das die Veröffentlichung eines Bildnisses des Moderators rechtfertigt, wenn dieser zuvor die Aufmerksamkeit in einer Weise auf diesen Gegenstand gerichtet hatte, das er gleichsam zum "Gesicht des Themas" geworden ist (hier: für das sog. beewashing).
2. Ein schutzwürdiges Veröffentlichungsinteresse an der Verbreitung des Bildnisses eines prominenten Fernsehmodertors zu werblichen Zwecken kann auch darin bestehen, dass sich die Werbeaktion satirisch-kritisch mit dessen journalistischen Wirken auseinandersetzt.
3. Im Rahmen der gebotenen Abwägung der widerstreitenden Interessen spricht es für die Zulässigkeit der Veröffentlichung eines solchen Bildnisses, wenn der Angegriffene zuvor ebenfalls ein Bildnis des in Anspruch Genommen veröffentlicht hatte (Recht zum Gegenschlag).
Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen EV 3 O 2529/23) |
Tenor
1. Die Berufung des Verfügungsklägers gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 08.02.2024, Az. EV 3 O 2529/23, wird zurückgewiesen.
2. Der Verfügungskläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 25.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Verfügungsverfahren über Unterlassungsansprüche aufgrund einer vom Verfügungskläger geltend gemachten Persönlichkeitsrechtsverletzung hinsichtlich der Nutzung seines Namens und seiner Abbildung.
Der Verfügungskläger ist deutscher Fernsehmoderator. Die Verfügungsbeklagte betreut als Bioimkerei Projekte rund um Honig- und um Wildbienen, vermittelt dabei über ihre Website "Bienenpatenschaften" an Unternehmen und vertreibt über ihren Onlineshop und Märkte im Raum Dresden verschiedene Honigsorten. Als Reaktion auf eine Folge der Sendung "ZDF Magazin Royale" vom 3.11.2023, in der sich der Verfügungskläger unter dem Titel "Biene vs. Borkenkäfer" u.a. kritisch mit sog. Bienenpatenschaften befasst und hierbei auch das Logo der Verfügungsklägerin gezeigt und ihren Geschäftsführer kurz mit einem Filmausschnitt eingeblendet hatte, hatte diese seit dem 20.11.2023 in ihrem Online-Shop www...com die Honigsorten "B...-Honig" und "B...-Bundle", (3 × "B...-Honig") vertrieben. Auf dieser Website finden sich zudem verschiedene Erläuterungsvideos zu den Themen "BEE NEWS - Neues von uns und unseren Bienen" und im "beewash-tv" zu "Mythen und Märchen über Bienen haben Hochkonjunktur - wir stellen klar und klären auf!". Zudem wurde in einem Dresdner Supermarkt mit einem Aufsteller mit dem Bildnis des Verfügungsklägers, einem im Vordergrund befindlichen Glas des "beewashing-Honey" und dem Zusatz "führender Bienen- und Käferexperte empfiehlt", für die Produkte der Verfügungsbeklagten geworben. Für die weitere Darstellung des Sachverhalts wird auf das angefochtene Urteil (LG Dresden, GRUR-RS 2024, 2654) Bezug genommen.
Am 20.11.2023 erfuhr der Verfügungskläger erstmals von dem Vertrieb dieser Honiggläser durch die Verfügungsbeklagte und einer Bewerbung der Produkte mit seiner Fotografie und seinem Namen. Mit Schreiben 27.11.2023 forderten die Prozessvertreter des Verfügungsklägers die Verfügungsbeklagte erfolglos unter Fristsetzung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung in Bezug auf die Verwendung seines Namens und seines Fotos auf.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 08.02.2024 den Antrag zurückgewiesen und ausgeführt, dass Unterlassungsansprüche aus den §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB i.V.m. § 12 BGB und §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG nicht gegeben seien. Bei dem Plakat greife die Ausnahme des § 23 Abs. 1 KUG, die Namensnutzung sei gerechtfertigt, weil auch hier die Abwägung zu Gunsten der Verfügungsbeklagten ausfalle. Auf das Urteil wird wegen der weiteren Feststellungen und Begründung Bezug genommen. Das Urteil wurde dem Verfügungskläger am 08.02.2024 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 07.03.2024 legte der Verfügungskläger Berufung ein und begründete diese zugleich.
Mit der Berufung vertritt der Verfügungskläger die Auffassung, das Landgericht habe nur unzureichend gewürdigt, dass das Geschäftsmodell der Beklagten mit der Vermittlung von Bienenpatenschaften einen in der Gesellschaft verbreiteten Irrtum aufgreife, den der Verfügungskläger zutreffend als "Beewashing" kritisiert habe. Der Bestand der Honigbiene sei - im Gegensatz zu dem der Wildbiene - nach Ansicht führender Wissenschaftler nicht gefährdet. Ziel der Sendung sei es folglich nicht gewesen, die Berufungsbeklagte oder andere Bienen-Startups zu schädigen, sondern die Öffentlichkeit über das fragwürdige Geschäftsmodell der Vermittlung sog. Bienenpatenschaften aufzuklären. Angesichts dessen habe es weder einer vorherigen Anhörung der Verfügungsbeklagten bedurft noch habe sich diese durch die Sendung zu den streitgegenständlichen Werbeaktionen herausgefordert fühlen dürfen. Vielmehr hätte sie ihre Kritik am Sendungskonzept auch ohne Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Klägers üben können. Dies sei auch nicht durch das U...