Verfahrensgang
Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster (Entscheidung vom 07.10.2010; Aktenzeichen VK 6/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster vom 07. Oktober 2010 (VK 6/10) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor zu 1. und 2. wie folgt gefasst wird:
Es wird festgestellt, dass der beabsichtigte Vertrag zwischen den Antragsgegnern und der Beigeladenen gegen vergaberechtliche Vorschriften verstößt und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt.
Den Antragsgegnern wird untersagt, den Zuschlag auf einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag gemäß der Vorinformation, bekanntgegeben im Supplement zum EU-Amtsblatt 2009/S 128-186984 vom 08. Juli 2009, der Beigeladenen zu erteilen, ohne zuvor die beabsichtigte Einleitung eines wettbewerblichen Verfahrens gemäß Art. 7 Abs. 2 VO (EG) 1370/2007 im Supplement zum EU-Amtsblatt bekannt gegeben zu haben und ohne zuvor ein offenes und transparentes wettbewerbliches Vergabeverfahren durchgeführt zu haben.
Im Übrigen wird der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin tragen die Antragsgegner zu je ¼.
Der Beschwerdewert wird auf bis 10 Mio. € festgesetzt.
Gründe
A.
Die Antragsgegner, die zuständigen öffentlichen Aufgabenträger in ihrem Bereich, erwogen nach Inkrafttreten der VO (EG) 1370/2007 (zukünftig: VO), eine Vielzahl von Buslinien an die - zwischenzeitlich in Umstrukturierungsmaßnahmen befindliche - Beigeladene direkt zu vergeben. Bei der Beigeladenen handelt es sich um eine GmbH, deren Gesellschafter Gemeinden und Kreise im Münsterland sind. Die Beigeladene hat - wie andere kommunale Verkehrsunternehmen auch - einen Geschäfts- und Betriebsführungsvertrag mit der W... geschlossen; die Geschäftsführer der W... und der angeschlossenen Verkehrsunternehmen sind identisch.
Im Hinblick auf Art. 7 Abs. 2 veranlassten die Antragsgegner eine Bekanntmachung der beabsichtigten Direktvergabe im EU-Amtsblatt. In der Bekanntmachung wurde als öffentlicher Auftraggeber die "Regionale Nahverkehrsgemeinschaft Münsterland (RNVG)" genannt. Als Hauptort der Dienstleistung waren die Kreise Borken, Coesfeld, Steinfurt und Warendorf angegeben, Art und Menge mit "Personenbeförderung im Linienverkehr mit Bussen, ca. 16 Mio. Nutzwagenkilometer auf 347 Linien" beschrieben. Unter dem Stichwort "Sonstige Informationen" hieß es:
Die Münsterlandkreise beabsichtigen als Gruppe zuständiger Behörden gemäß Art. 2 lit. b) Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 eine Direktvergabe an einen internen Betreiber gemäß Art. 5 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1370/2007. Die Direktvergabe dient der Sicherstellung integrierter öffentlicher Personenbeförderungsdienste im Sinne von Art. 2 lit m) Verordnung (EG) Nr. 1370/2007. Sämtliche nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) genehmigten Regional-, Stadt- und Ortsverkehre der Regionalverkehr Münsterland GmbH (RVM) werden Bestandteil der Direktvergabe. Die Direktvergabe ist mit Wirkung zum 01.01.2011 beabsichtigt. Die Münsterlandkreise kommen mit dieser Information ihrer Verpflichtung nach Art. 7 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 nach. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG sowie der vierte Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), die Vergabeverordnung (VgV) und die Verdingungsordnungen keine Anwendung finden.
Damit die Beigeladene die Selbsterbringungsquote des Art. 5 Abs. 2 lit. e) VO erreichen konnte, hat sie u.a. ein privates Busunternehmen in Lengerich gekauft, wodurch sie nach ihren Angaben mehr als 50 % der Leistung selbst erbringen kann. Im Übrigen will sie Nachunternehmer einsetzen.
Zwischenzeitlich liegt zudem ein Entwurf für einen "Öffentlichen Dienstleistungsauftrag" über die Dauer von 10 Jahren mit der Beigeladenen vor. In ihm sind Ausgleichsleistungen an die Beigeladene vorgesehen (§§ 13 ff.).
Die Antragstellerin erbringt Dienstleistungen im öffentlichen Buspersonennahverkehr. Mit Schreiben vom 09. Juni 2009 bekundete sie gegenüber dem "Kreis Coesfeld RNVG" ihr Interesse an dem Betrieb einiger Linien an und rügte, die Voraussetzungen einer Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 2 VO lägen nicht vor.
Nach Zurückweisung der Rüge hat die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag eingereicht. Sie hat geltend gemacht:
Der Vorrang sogenannter eigenwirtschaftlicher Verkehre nach § 8 Abs. 4 PBefG sei von den Antragsgegnern nicht beachtet worden. Es handele sich zudem nicht um eine In-House-Vergabe, weil die anderen an die W... angeschlossenen Verkehrsunternehmen erheblichen Einfluss auf die Beigeladene ausüben könnten. Zudem hätten andere Privatunternehmen als (Mit-)Inhaber einer Konzession nach dem PBefG Einfluss auf die Beigeladene. Des Weiteren sei Voraussetzung einer In-House-Vergabe, dass die Beigeladene die beauftragten Leistungen weit überwiegend selbst erbringe und nicht - wie hier - in erheblichem Umfange durch...