Verfahrensgang
Vergabekammer Münster (Entscheidung vom 26.09.2007; Aktenzeichen VK 17/07) |
Tenor
Die sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster vom 26. September 2007 (VK 17/07) werden unter Aufhebung dieses Beschlusses zurückgewiesen.
Der Antragsgegnerin wird untersagt, auf der Grundlage des bisherigen Verfahrens bei der Veräußerung der Grundstücke des Kirmesplatzes und des Hallenbades in O... einen Zuschlag zu erteilen und einen Vertrag abzuschließen.
Die zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen abgeschlossenen notariellen Verträge vom 29.3.2007 und 4.9.2007 sind unwirksam.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden je zur Hälfte der Antragsgegnerin und der Beigeladenen auferlegt.
Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 900.000 Euro
Gründe
I.
Die Antragsgegnerin beschloss im Jahr 2005, auf dem Kirmesplatz und dem Grundstück des nicht mehr genutzten Hallenbades in O..., zusammen auf einer Fläche von etwa 20.000 qm im nicht beplanten Innenbereich, zur Stärkung der Innenstadtlage ein Einzelhandels- und Dienstleistungszentrum errichten zu lassen und die Grundstücke zu diesem Zweck an einen Investor zu veräußern, der das Bauwerk nach der Errichtung verwerten soll. Nach gutachtlicher Beratung durch ein Rechtsanwaltsbüro ließ die Antragsgegnerin Ende August 2005 in Tageszeitungen ein "Grundstücksangebot" mit dem Hinweis darauf veröffentlichen, die Veräußerung erfolge "zum Zwecke der Bebauung mit einem Einzelhandelszentrum und anderen innenstadtrelevanten Nutzungen. ... Weiterhin wird vom Erwerber erwartet, dass er die Verlängerung eines Rad- und Fußweges ... auf eigene Kosten an das Einzelhandelszentrum anbindet und die auf der gegenüberliegenden Seite ... liegende Zechenbrache über eine zu errichtende Brücke erschließt."
Zuvor hatte die Antragsgegnerin u.a. die auf dem Gebiet der Projektentwicklung tätige Beigeladene schriftlich von ihrem Vorhaben informiert. Sieben Unternehmen, die ein Interesse am Erwerb bekundeten, setzte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 6.9.2005 zur Vorlage eines in einer Ratssitzung am 15.9.2005 zu erläuternden ersten Bauentwurfs eine Frist bis zum 14.9.2005. Einigen Interessenten gegenüber verlängerte die Antragsgegnerin die Frist und forderte zusätzlich die Vorlage eines Nutzungs- und Betreiberkonzepts an. Ein weiteres Unternehmen, das sein Interesse anmeldete, beschied sie Ende September 2005, die Vorauswahl unter möglichen Investoren sei so weit fortgeschritten, dass eine weitere Bewerbung nicht mehr in Frage komme. In der Sitzung vom 1.12.2005, zwei Interessenten hatten ihre Bewerbungen inzwischen zurückgezogen, beschloss der Rat der Antragsgegnerin:
"Die Verwaltung wird beauftragt, mit der St.-Group (Bem.: der Beigeladenen) konkrete Verhandlungen mit dem Ziel des Abschlusses eines Kaufvertrages über das Gelände des Kirmesplatzes und des Hallenbades zu führen, in dem auch die städtebaulichen Vorstellungen der Stadt und die Nutzung festgeschrieben werden."
Im Jahr 2006 verhandelten die Antragsgegnerin und die Beigeladene über einen Vertrag. Im Februar 2007 hielt die Antragsgegnerin eine öffentliche Informationsveranstaltung über die Umgestaltungspläne ab. Mit am 28.3.2007 eingegangenem Schreiben gaben die T... B.V. und die S... GbR, die auf einem Nachbargrundstück ein Einkaufszentrum betreibt, ein Kaufangebot zu einem Preis ab, der den von der Beigeladenen angebotenen Kaufpreis übertraf.
Am 29.3.2007 schloss die Antragsgegnerin mit der Beigeladenen einen notariell beurkundeten Kaufvertrag, der bestimmte Verpflichtungen der Beigeladenen regelte und in einer Präambel aussagte:
"Der im nachfolgenden § 1 näher bezeichnete Grundbesitz wurde bisher als Kirmesplatz genutzt. Darüber hinaus steht auf Teilen des zu verkaufenden Grundbesitzes das ehemalige Hallenbad ..., welches sich inzwischen in abbruchreifem Zustand befindet. Zur Beseitigung dieses städtebaulichen Missstandes und zur Steigerung der innerstädtischen Attraktivität soll das ehemalige Hallenbad abgerissen und das Gesamtgrundstück mit Baulichkeiten für Einzelhandel nebst den dazugehörigen Parkflächen bebaut werden. Hierzu hat der Käufer ein Einzelhandelsgutachten und die Stadt ein Verkehrsgutachten in Auftrag gegeben. Der Käufer sichert der Stadt zu, bei der geplanten Errichtung und Nutzung des Einzelhandelszentrums die in den Gutachten niedergelegten Schwerpunkte und Empfehlungen zu beachten."
Die Auflassung wurde im Vertrag nicht erklärt.
Im Juni 2007 stellte die Antragstellerin, die sich gewerblich u.a. bei Projektentwicklungen betätigt, ohne vorherige Rüge einen Nachprüfungsantrag mit den Anträgen, die Nichtigkeit des notariellen Kaufvertrages vom 29.3.2007 in der Fassung der Änderung vom 4.9.2007 festzustellen und der Antragsgegnerin aufzugeben, das Bauvorhaben nach Maßgabe des vierten Teils des GWB auszuschreiben.
Unter dem 4.9.2007 ließen die Antragsgegnerin und die Beigeladene einen "Änderungsvertrag" zum Kaufvertrag vom 29.3.200...