Leitsatz (amtlich)
1. Die "Kündigungssperre" des Insolvenzverfahrens wirkt auch, wenn die Kündigung des Leasingvertrags nach Stellung des Antrags auf Eröffnung des Inolvenzverfahrens erklärt worden ist, es aber nicht zu dessen Eröffnung kommt.
2. Verbraucherschutzvorschriften finden auch Anwendung, wenn der Kredit einer GmbH gewährt wird und der der Gesellschaftsschuld beitretende deren geschäftsführender Gesellschafter ist.
3. Die Kündigung eines Verbraucher-Leasingvertrags ist unwirksam, wenn der Leasingnehmer nicht zuvor qualifiziert abgemahnt worden ist.
4. Der Leasinggeber verliert den Anspruch auf die Leasingraten, wenn er dem Leasingnehmer nach unwirksamer Kündigung vertragswidrig den Gebrauch des Leasingobjekts entzieht
Normenkette
BGB §§ 535, 13-14, 498; InsO § 112
Verfahrensgang
LG Kleve (Aktenzeichen 4 O 158/07) |
Tenor
Dem Beklagten wird ab Antragstellung ratenfreie Prozesskostenhilfe für den Berufungsrechtszug unter Beiordnung von Rechtanwalt Skoberne aus Moers bewilligt, soweit er sich gegen einen über 1.275,05 EUR hinausgehenden Anspruch sowie gegen die noch streitgegenständlichen Kosten der Rechtsverfolgung i.H.v. 301,25- verteidigt. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Gründe
Die Berufung des Beklagten ist nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand im tenorierten Umfang begründet. Seine Rechtsverteidigung hat nur insoweit hinreichende Aussicht auf Erfolg, weshalb ihm für den Berufungsrechtszug Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist, § 114 S. 1 ZPO. Der weitergehende Antrag ist zurückzuweisen.
I. Die auf Erfüllung und Schadensersatz gerichtete Klage aus dem Leasingvertrag vom 13.12.2005 ist nur bezüglich der Erfüllungsansprüche begründet, ein Anspruch auf Schadensersatz besteht nicht. Denn die von der Klägerin unter dem 5.12.2006 erklärte Kündigung war unwirksam. Die Klägerin hat die Kündigungssperre des § 112 InsO nicht beachtet. Außerdem hat sie die ggü. dem Beklagten als Verbraucher zu beachtende Schutzvorschrift des § 498 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB nicht eingehalten. Sie hat ihm infolgedessen den Gebrauch des Leasingfahrzeugs vertragswidrig entzogen.
1. Die Kündigung war nach § 112 InsO unwirksam. Wie dem Kündigungsschreiben der Klägerin vom 5.12.2006 zu entnehmen ist, erfolgte die Kündigung, nachdem gegen die I.-GmbH (Leasingnehmerin 1) Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt worden war.
Sinn des § 112 InsO ist es, in der durch den Insolvenzeröffnungsantrag öffentlich indizierten wirtschaftlichen Krise des Mieters/Pächters im Interesse der dem künftigen Insolvenzverwalter vorbehaltenen Prüfung einer in Betracht kommenden Betriebsfortführung nicht durch die Entziehung von Betriebsmitteln vorzugreifen, was im Interesse der Insolvenzmasse und damit im Interesse aller Gläubiger ist (vgl. nur Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl. Rz. 1483 f. m.w.N.). Die Kündigung von Miet- und Pachtverträgen zu diesem Zeitpunkt würde vielfach die Prüfung der Betriebsfortführung obsolet machen. Die Anwendbarkeit der insolvenzrechtlichen Kündigungssperre auch auf Leasingverträge, die materiell atypische Mietverträge sind (vgl. BGH NJW 1988, 198), ist ausdrücklich gesetzgeberisches Anliegen gewesen (vgl. BT-Drucks. 12/2443, 148) und ist in Rechtsprechung und Schrifttum allgemein anerkannt (vgl. BGH NJW 2002, 3326 [3327]; Eckert in MünchKomm/InsO, 1. Aufl., § 112 Rz. 5; Koch in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., nach § 610, Finanzierungsleasing Rz. 138; Wolf/Eckert/Ball, a.a.O., Rz. 1483 Graf von Westphalen, Leasingrecht, 6. Aufl., Kap. P Rz. 6). Bei der Unwirksamkeit der Kündigung bleibt es auch dann, wenn es nicht zur Insolvenzeröffnung kommen sollte (vgl. MünchKomm/Eckert, a.a.O., Rz. 31; vgl. zum Vorstehenden OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.6.2008 - I-24 U 86/07, MDR 2008, 1267; ferner veröffentlicht in NRWE und JURIS).
Diese somit eingetretene "Kündigungssperre" erfasst auch die ggü. dem Beklagten als zweiten Leasingnehmer erklärte Kündigung. Sind nämlich mehrere Personen auf Seiten des Leasingnehmers Vertragspartei, so kann die Kündigung gegenüber ihnen nur einheitlich erfolgen (BGHZ 26, 102 (103); 96, 302 (310); BGH NJW 2000, 3133 (3135)). Eine gegenüber einer Mehrheit von Leasingnehmern ausgesprochene Kündigung beendet den Leasingvertrag folglich nur dann, wenn sie jedem einzelnen Leasingnehmer gegenüber wirksam ist. Dies ist hier nicht der Fall.
2. Des Weiteren ist die Kündigung auch wegen Verstoßes gegen Verbraucherschutzvorschriften unwirksam. In dem Leasingvertrag vom 13.12.2005 hat sich der Beklagte zur gesamtschuldnerischen Haftung neben der I.-GmbH verpflichtet. Er handelte dabei als Verbraucher im Sinne § 13 BGB, weshalb die §§ 488 ff. BGB Anwendung finden.
a) Der zwischen den Parteien geschlossene Leasingvertrag auf Kilometerabrechnungsbasis beruht auf einer Teilamortisation des Leasinggegenstandes (vgl. hierzu Wolf/Eckert/Ball, a.a.O., Rz. 1671) und stellt eine "sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe" gem. § 499 Abs. 1 BGB (vormals § 1 Abs. 2 VerbrKrG) dar. E...