Leitsatz (amtlich)
Ob bei einem Ehegattentestament der einer verstorbenen Erbin zugewandte Anteil den übrigen Testamentserben angewachsen ist oder deren Erben (hier: Ehemann sowie die gemeinsamen Kinder) als Ersatzerben in die erbrechtliche Stellung der verstorbenen Erbin einrücken, beantwortet sich auf der Grundlage des durch ergänzende Auslegung zu ermittelnden Erblasserwillens in Ermangelung tragfähiger Anhaltspunkte dafür, dass der Erblasser die vorverstorbene Erbin bei Testamentserrichtung weniger als Person, also wegen des guten Verhältnisses zu ihr, denn als Repräsentantin ihres "Stammes" bedachte, im Sinne der Anwachsung.
Normenkette
BGB §§ 157, 2094 Abs. 1 S. 1, §§ 2096, 2099; FamFG § 352e Abs. 3
Verfahrensgang
AG Duisburg (Beschluss vom 28.11.2016; Aktenzeichen 12 VI 293/16) |
Tenor
1. Der Beteiligte zu 3. hat die Gerichtskosten seiner zurückgenommenen Beschwerde zu tragen und den Beteiligten zu 1. und 2. ihre in diesem Verfahren notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
2. Die Beschwerden der Beteiligten zu 4. und 5. werden zurückgewiesen.
Diese Beteiligten haben jeweils die Kosten ihres Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 3. zu tragen.
Das Verfahrenskostenhilfegesuch der Beteiligten zu 4. und 5. wird zurückgewiesen.
3. Geschäftswerte aller drei Beschwerden: jeweils bis 170.000 EUR.
Gründe
I. Die Erblasserin war verheiratet mit dem am 8. April 2014 vorverstorbenen A.. Das Ehepaar war kinderlos, beide Eheleute hatten keine Geschwister. Die Beteiligten zu 1. und 2. sind Kinder von Cousins und Cousinen, der Beteiligte zu 3. war der Ehemann der verstorbenen B., die im gleichen Verwandtschaftsverhältnis stand; die Beteiligten zu 4. und 5. sind die Kinder dieses Ehepaares. B. und der Beteiligte zu 3. hatten im September 1997 in Italien geheiratet, der Beteiligte zu 4. ist am 11. Januar 1999, der Beteiligte zu 5. am 3. Juni 2002 geboren.
Die Eheleute A. hinterließen ein eigenhändiges gemeinschaftliches Testament mit Datum vom 18. Januar 1998. Darin setzten sie sich zunächst gegenseitig zum Alleinerben ein mit dem Zusatz, der Überlebende solle "vollkommene Verfügungsmacht über das gesamte Erbe" haben. Falls keine andere Anordnung getroffen werde, so die letztwillige Verfügung weiter, solle nach dem Tode des Letztversterbenden der beiderseitige Nachlass dahin geregelt werden, dass (in dieser Reihenfolge) B., der Beteiligte zu 2. und die Beteiligte zu 1. jeweils zwei Eigentumswohnungen erben - darunter Frau B. das von den Testierenden bewohnte Wohnungseigentum - und sich diese Erben die Sparguthaben zu je 1/3 teilen sollten. Später wurde eine der beiden der Beteiligten zu 1. zugedachten Wohnungseigentumseinheiten veräußert, das von der Erblasserin selbst bewohnte Wohnungseigentum war zum Zeitpunkt ihres Todes verkauft, aber noch nicht an den Erwerber aufgelassen.
B. verstarb am 12. Juli 2008; sie wurde beerbt von dem Beteiligten zu 3. zu 1/2 Anteil und von den Beteiligten zu 4. und 5. zu je 1/4 Anteil.
Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 19. Oktober 2016 haben die Beteiligten zu 1. und 2. die Erteilung eines Erbscheins nach der Erblasserin beantragt, der sie als testamentarische Miterben jeweils zur Hälfte ausweist, und hierzu die Auffassung vertreten, der Anteil der B. sei ihnen infolge deren Vorversterbens angewachsen.
Diesem Antrag hat das Nachlassgericht durch den angegriffenen Feststellungsbeschluss der Sache nach entsprochen. Mangels vorherigen Widerspruchs eines Beteiligten hat es gleichfalls am 28. November 2016 den Erbschein sowie (an den antragsbeurkunden Notar) eine Ausfertigung von diesem erteilt.
Hiergegen haben sich die Beteiligten zu 3. bis 5. mit ihrer am 13. Dezember 2016 bei Gericht eingegangenen Eingabe vom selben Tage gewandt. Mit ihr haben sie die Einziehung des erteilten Erbscheins und die Erteilung eines anderweitigen Erbscheins beantragt, wonach die Beteiligten zu 1. und 2. Miterben nach der Erblasserin von je 1/3, der Beteiligte zu 3. von 1/6 und die Beteiligten zu 4. und 5. von jeweils 1/12 seien; hilfsweise haben sie das gegen die Erbscheinserteilung zulässige Rechtsmittel eingelegt. Sie haben sich auf den Standpunkt gestellt, durch den Tod der Frau B. seien sie als ihr Ehemann bzw. ihre Kinder als Ersatzerben (entsprechend den jeweiligen Erbanteilen) in deren erbrechtliche Stellung eingerückt. Gegenüber dem Senat haben die Beteiligten zu 3. bis 5. hernach erklärt, das Rechtsmittel werde nur noch von den Beteiligten zu 4. und 5. weitergeführt, beantragt werde nunmehr ein diese als Miterben zu je 1/6 ausweisender anderweitiger Erbschein.
Die Beteiligten zu 1. und 2. treten dem zweitinstanzlichen Begehren entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Nachlassakte, die Testamentsakte 12 IV 141/16 und die Beiakte 12 VI 58/16 (Erbscheinsverfahren betreffend den Ehemann), jeweils AG Duisburg, Bezug genommen.
II. Es haben drei Beschwerden gegen den nachlassgerichtlichen Feststellungsbeschluss vom 28. November 2016 vorgele...