Leitsatz (amtlich)
1. Der Abschluss eines widerrufenen Haustürgeschäfts beruht nicht auf Bestellung des Verbrauchers, wenn der Hausbesuch des Vertragsvermittlers (hier: Partnerschaftsvermittlung) nicht auf Initiative des Verbrauchers erfolgt ist.
2. Sind die Leistungen des Partnerschaftsvermittlers für den Interessenten wertlos, kommt im Rahmen der Rückabwicklung des widerrufenen Dienstvertrages Wertersatz nicht in Betracht.
Normenkette
BGB § 312 Abs. 3 Nr. 1, §§ 355, 357 Abs. 1 S. 1, § 346
Verfahrensgang
LG Mönchengladbach (Urteil vom 12.04.2007; Aktenzeichen 6 O 223/06) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 12.4.2007 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des LG Mönchengladbach wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
A. Zur Begründung verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 10.9.2007, an dem er festhält. Hierin hat der Senat folgendes ausgeführt:
"Die Berufung der Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg. Das landgerichtliche Urteil ist richtig.
I. Aus der Berufungsbegründung ergeben sich keine Gründe für die beantragte Abänderung.
1. Zwischen den Parteien ist nicht im Streit, dass der am 8.9.2005 geschlossene entgeltliche Dienstleistungsvertrag ("Partnervermittlungs-Auftrag") ein Verbrauchergeschäft i. S. § 13 BGB ist. Der Vertrag ist auch in einer "Haustürsituation" i.S.d. § 312 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB zustande gekommen, nämlich anlässlich eines Besuchs des Außendienstmitarbeiters der Beklagten, S., in der Wohnung der Klägerin.
2. Dies hat zur Folge, dass der Klägerin grundsätzlich das Widerrufsrecht aus § 355 Abs. 1 BGB zusteht. Da die Klägerin hierüber unstreitig nicht belehrt wurde, galt dieses unbefristet, § 355 Abs. 3 S. 3 BGB.
a) Die Klägerin hat mit Schreiben vom 18.9.2005 die "Kündigung" des Vertrages erklärt. Diese Erklärung ist vom LG zutreffend als Widerruf im Sinne des Gesetzes qualifiziert worden (vgl. BGH NJW 1993, 128; 1996, 1964; OLG Düsseldorf, ZMR 2003, 27 und OLGR 2001, 204). Das Wort "widerrufen" braucht nicht verwandt zu werden (BGH NJW 1993, 128; 1996, 1964; Palandt/Grüneberg, BGB, 66. Aufl., § 355 Rz. 6). Es genügt eine Äußerung, aus der sich ergibt, dass der Verbraucher den Vertrag nicht mehr gelten lassen will (Palandt/Grüneberg, a.a.O.).
b) Zwischen den Parteien ist nicht mehr im Streit, dass die Beklagte dieses Schreiben auch erhalten hat. Nachdem die Beklagte zunächst den Zugang bestritten hatte, trug die Klägerin vor, die Beklagte habe als Reaktion auf dieses Schreiben die Fotos zurückgesandt. Dem ist die Beklagte nicht mehr entgegen getreten.
c) Der Widerruf ist - entgegen der von der Beklagten in der Berufungsbegründung vertretenen Auffassung - nicht deswegen ausgeschlossen, weil die zum Vertragsschluss führenden mündlichen Verhandlungen der Parteien auf einer selbstbestimmten Initiative der Klägerin, nämlich einer "vorhergehenden Bestellung", beruht haben (§ 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB).
Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass die Beklagte aufgrund einer restriktiven Auslegung der Vorschrift die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass dem Vertragsschluss in der Wohnung eine Bestellung der Klägerin vorausgegangen ist (vgl. hierzu OLG Düsseldorf, NJW-RR 1992, 506; OLG Köln MDR 2002, 751; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 312 Rz. 25; MünchKomm/Masuch, BGB, 5. Aufl. (2007), § 312 Rz. 113 mit zahlreichen Nachweisen). Von einer Bestellung der Klägerin kann indes nicht ausgegangen werden.
Ob eine Bestellung i.S.d. § 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB vorliegt, hängt in erster Linie nicht vom Wortverständnis, sondern mit Blick auf den Schutzzweck der Norm von den Umständen des Einzelfalles ab, die zum Geschäftsabschluss geführt haben. Das dem Verbraucher gem. § 312 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB gesetzlich eingeräumte Widerrufsrecht dient seinem Schutz vor der nahe liegenden Gefahr, vom Leistungserbringer bei der Anbahnung eines Vertrages durch Überrumpelung in einer sog. Haustürsituation oder durch anderweitige unlautere Beeinflussung in seiner rechtlichen Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt und so zu einem unüberlegten Geschäftsabschluss veranlasst zu werden (vgl. BGHZ 109, 127 = NJW 1990, 181; NJW 1982, 1889; 2004, 1376; 2006, 845 (846); Senat, n. v. Beschluss vom 13.3.2007, I-24 U 146/06; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 312 Rz. 3 m.w.N.). Soll der Verbraucherschutz der Haustürwiderrufsregelungen wirkungsvoll gegen Überrumpelungen des Verbrauchers durch den Unternehmer schützen, so sind alle Kontaktanbahnungssituationen mit dem Ziel des Vertragsschlusses auf Initiative des Unternehmers dem Schutzbereich dieser Regelungen zu unterwerfen (Staudinger/Thüsing, BGB - Neubearbeitung 2005, § 312 Rz. 147).
Eines Schutzes des Verbrauchers bedarf es nicht, wenn die Bestellung auf seiner Initiative beruht (BGH, NJW 1994, 3351 (3352)), mithin nicht vom Unternehmer ausgegangen ist (OLG Köln, NJW-RR 1991, 377 = MDR 1990, 444; OLG Frankfurt NJW-RR 1989, 494; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 312 Rz. 27; Staudinge...