Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Bundes vom 13.10.2022, VK 1-83/22 BKartA, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten der Beigeladenen hat die Antragstellerin zu tragen.
Gründe
I. Die Antragstellerin wendet sich gegen eine Verlängerung der Angebotsfrist, die die Antragsgegnerin den Bietern erst nach Ablauf der ursprünglichen Angebotsfrist auf der Vergabeplattform mitgeteilt hat.
Mit Bekanntmachung vom 20.06.2022 schrieb die Antragsgegnerin europaweit im offenen Verfahren Reparatur- und Wartungsarbeiten von elektrischen Einrichtungen in Gebäuden im D. in N. aus (Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union, Bekanntmachungsnummer ..., Anlage Ast 1). Die Laufzeit des Vertrags beträgt ein Jahr (beginnend ab dem 01.10.2022) und kann durch den Auftraggeber dreimal um jeweils ein Jahr verlängert werden.
Schlusstermin für den Eingang der Angebote war zunächst der 19.07.2022 um 8:00 Uhr. Bis zum 13.07.2022 waren 36 Bieterfragen eingegangen, welche die Antragsgegnerin in acht Hinweisblättern jeweils veröffentlicht über die elektronische Vergabeplattform, beantwortete. Mit dem sechsten Hinweisblatt vom 13.07.2022 veröffentlichte die Antragsgegnerin zudem eine überarbeitete Leistungsbeschreibung. Die Bitte von Bietern, die Angebotsfrist um zwei Wochen zu verlängern, hatte sie jeweils mit dem vierten und dem fünften Hinweisblatt (Ziff. 13 und Ziff. 22) vom 06.07.2022 abgelehnt.
Am Nachmittag des 18.07.2022 ging bei der Antragsgegnerin die Rüge eines an diesem Nachprüfungsverfahren nicht beteiligten Bieters ein. Dieser forderte unter Verweis auf seinen mit dem vierten Hinweisblatt (Ziff. 13) abgelehnten Antrag auf Verlängerung der Angebotsfrist, die Frist zu verlängern mit der Begründung, die Hinweisblätter vier bis sieben sowie das sechste Hinweisblatt einschließlich der geänderten Leistungsbeschreibung seien erst am 13.07.2022 veröffentlicht worden, die Frist zur Angebotsabgabe sei vor diesem Hintergrund zu kurz. In Bezug auf die Bieterfrage Ziff. 14 rügte er zudem, dass verbindliche Vorgaben und damit kalkulationsrelevante Unterlagen fehlten. Die Antragsgegnerin veranlasste am selben Abend eine Bearbeitung und leitete die Rüge intern "mit der Bitte um weitere Bearbeitung" weiter.
Die Antragstellerin reichte am 18.07.2022 um 23:13 Uhr ihr Angebot über die Vergabeplattform ein. Bis zum Ablauf der Frist gingen weitere Angebote, darunter das der Beigeladenen, ein.
Am 19.07.2022 um 16:16 Uhr desselben Tags veröffentlichte die Antragsgegnerin über die Vergabeplattform das neunte Hinweisblatt, mit dem sie den Bietern mitteilte, dass die Angebotsfrist bis zum 02.08.2022 um 8:00 Uhr verlängert werde, zudem kündigte sie die Veröffentlichung eines überarbeiteten Leistungsverzeichnisses an. Ob die Antragsgegnerin die Bieter bereits um 8:03 Uhr des 19.07.2022 über die Fristverlängerung informiert hatte - wie von der Beigeladenen vorgetragen - ist zwischen den Parteien streitig.
Die überarbeitete Leistungsbeschreibung, in welche die in den Hinweisblättern erteilten Informationen und Konkretisierungen aufgenommen wurden, einschließlich des angepassten Vertragstexts, in den die Bieterinformationen ebenfalls einbezogen wurden, veröffentlichte die Antragsgegnerin mit dem zehnten Hinweisblatt vom 27.07.2022. Zugleich wurde die Angebotsfrist bis zum 11.08.2022 um 8:00 Uhr verlängert.
Die Antragstellerin zog daraufhin - wie die übrigen Bieter - ihr ursprüngliches Angebot zurück und gab zum verlängerten Angebotsschlusstermin ein neues Angebot ab. Dabei lud sie (versehentlich) ein Angebot auf der Basis der noch nicht angepassten - alten - Vergabeunterlagen hoch.
Mit Schreiben vom 29.08.2022 (Anlage Ast 2) teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin nach § 134 GWB mit, dass beabsichtigt sei, das Angebot der Beigeladenen anzunehmen. Das Angebot der Antragstellerin sei nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV ausgeschlossen worden, weil sowohl das Leistungsverzeichnis als auch der Vertragsentwurf nicht in der aktuellen Fassung vorlägen, was eine Änderung der Vergabeunterlagen darstelle. Außerdem sei das Angebot der Antragstellerin auch preislich unterlegen.
Die Antragstellerin rügte mit Anwaltsschreiben vom 06.09.2022 (Anlage Ast 3), dass der Wiedereinstieg in das Vergabeverfahren per Bieternachricht nach Ende der ursprünglichen Angebotsfrist vergaberechtswidrig sei. Die Antragsgegnerin wies die Rüge mit Schreiben vom 07.09.2022 (Anlage Ast 4) zurück.
Am 08.09.2022 hat die Antragstellerin, vertreten durch ihre Verfahrensbevollmächtigten, einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer eingereicht. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Entscheidung der Antragsgegnerin, eine bereits beendete Angebotsphase eines offenen Verfahrens nach dem Ende der Angebotsfrist wiederzueröffnen, stehe im diametralen Widerspruch zu den vergaberechtlichen Grundsätzen. Das Vergabeverfahren leide an einem derart schwerwiegenden Mang...